Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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auf seinen Schultern und ließ ihn frösteln. Besorgt dachte er an sein Kettenhemd. Bei solchem Wetter rostete selbst der beste Zwergenstahl.

      Die Männer des Dorfes empfingen sie mit gespannten Armbrüsten und zum Schlag erhobenen Keulen am Dorfeingang.

      »Was wollt ihr?«, rief einer.

      Thork hielt beide Handflächen offen vor sich und trat einen Schritt vor, während Lianna sich bemühte, den Schwarzen zu beruhigen, der nervös auf der Stelle tänzelte.

      »Wir sind Reisende«, sagte Thork mit betonter Ruhe. »Wir würden gerne die Nacht im Trockenen verbringen.«

      »Woher kommt ihr?«

      »Ich komme aus Hochstahl. Meine Begleiterin stammt aus den Ebenen.«

      »Und wohin wollt ihr?«

      »Unser Ziel ist der Wetterstein.«

      »Wollt ihr über den Pass?«

      »Ich weiß, wir sind spät dran, aber ja. Das ist der Plan.«

      Eine kleine Pause entstand.

      »Wir sehen hier oben nicht viele Fremde«, sagte der Mann schließlich.

      »Dann lasst Euch erzählen, was in der restlichen Welt so vor sich geht.«

      Die Männer begannen, sich zu beraten.

      »Warum hast du nichts von dem Troll gesagt?«, zischte Lianna.

      »Sieh sie dir an«, gab er ebenso leise zurück. »Sehen sie aus, als könnten sie eine solche Neuigkeit verkraften? Wenn sie Glück haben, ist der Troll an ihnen vorbei gezogen, und sie müssen nichts von ihm erfahren. Dir ist klar, was das heißt?«, ergänzte er mit einem scharfen Blick zu ihr hinauf. »Kein Wort von ihm!«

      Sie seufzte. »Na gut«, sagte sie. »Ich werd’s versuchen.«

      »Du bist besser erfolgreich. Manchmal werden die Überbringer schlechter Botschaften erschlagen, wie es so schön heißt.«

      Sie fanden schließlich Aufnahme in dem winzigen Gasthof des Weilers, obwohl sie nach wie vor argwöhnisch beäugt wurden. Lianna verschwand sofort mit dem Schwarzen in Richtung der Stallungen, während Thork in der geheizten Gaststube Mantel, Waffenrock und Kettenhemd ablegte und zum Trocknen ausbreitete, sich dann hemdsärmelig mit dem Rücken zum Feuer setzte und die Wärme genoss, die allmählich in sein Inneres drang. Als Lianna schließlich zu ihm kam und sich neben ihn auf die Bank am Feuer fallen ließ, wurde bereits das Essen aufgetragen: ein wässeriger Brei aus Mehl und gequetschter Gerste, in dem grau gekochte Kohlblätter schwammen, dazu dicke Scheiben getrocknetes Brot.

      »Du hattest Unrecht«, sagte sie und unterzog den Brei einer kritischen Untersuchung, verschmähte ihn dann mit gekrauster Nase und brach sich ein Stück Brot ab. »Die haben hier keine Pferde. Was die hier haben, ist eine Kreuzung aus Kuh und Pony.«

      »Ich bedaure, dass die Gesellschaft hier deinem königlichen Begleiter nicht angemessen ist«, sagte er ernst. »Vielleicht möchtest du doch ins Tal zurückkehren?«

      »Denk nicht mal dran«, sagte sie und kaute mühevoll auf der steinharten Rinde herum.

      Während sie aßen, füllte sich die Gaststube. Die Nachricht von der Ankunft der Fremden hatte sich verbreitet und löste mit Misstrauen gemischte Neugier aus. Nachdem sie ihr Abendessen beendet hatten und von den Dorfbewohnern zur Genüge angestarrt worden waren, kam der eine oder andere an ihren Tisch, um Neuigkeiten zu erfahren. Geduldig beantwortete Thork alle Fragen, so gut er konnte, und hatte nach einer Stunde auch den Preis für die Unterkunft des Schwarzen und einige Vorräte ausgehandelt, während Lianna neben ihm am Feuer döste.

      Auch Thork wurde müde in der Wärme des Feuers. Er sah zu Lianna hinüber, die mit geschlossenen Augen Kopf und Arme auf die Tischplatte gebettet hatte. Er hob die Hand, um sie am Arm zu berühren, und zuckte im letzten Augenblick zurück.

      »Prinzessin«, sagte er leise in ihre Richtung.

      »Was«, murmelte sie. Er lächelte, kaum merklich unter seinem dichten Bart.

      »Es gibt ein Bett für dich«, sagte er. »Du wirst dort besser schlafen.«

      Sie rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Du kannst mich nicht zufällig direkt hinein zaubern?«

      »Nein«, sagte er. »Auf. Lass uns schlafen gehen. Wir werden morgen sehr früh aufbrechen.«

      Schlaftrunken kam sie auf die Füße. Sie verabschiedeten sich von den übrigen Gästen, dann wies er ihr den Weg in die hinteren Räume, wo Schlafplätze vorbereitet waren. Ohne sich über das muffige Stroh oder das raue Sackleinen zu beklagen, ließ Lianna sich darauf fallen und war sofort eingeschlafen. Thork folgte ihrem Beispiel wenig später.

      Der Sonnenaufgang fand sie wieder auf den Füßen, bereit zum Aufbruch – zumindest Thork war bereit. Er wartete in der leeren Gaststube mit dem Gepäck und sah hinaus in den grauen, regnerischen Morgen, während Lianna zum wiederholten Mal den Stall begutachtete, Anweisungen zur Betreuung des Schwarzen gab und blumige Drohungen ausstieß, falls dem kostbaren Tier etwas zustieße, und sei es auch nur ein fauliger Apfel. Schließlich hatte sie die Dorfbewohner so weit eingeschüchtert, dass eine Abordnung von ihnen bei Thork erschien und ihn dringend bat, das Höllenpferd doch wieder mitzunehmen. Thork musste all seine Überzeugungskraft aufwenden und sich schweren Herzens von einer seiner kostbaren Goldkronen trennen, um die Dorfbewohner dazu zu bringen, das Pferd zu behalten. Erzürnt über diese Verschwendung von gutem gelbem Gold, schulterte er sein Gepäck und querte mit raschen Schritten den schlammigen Dorfplatz, hinüber zu dem Stall, wo Lianna noch immer Abschied von dem Schwarzen nahm.

      »Wir gehen«, sagte er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

      »Gleich.« Sie schöpfte Hafer mit der hohlen Hand und gab ihn dem Schwarzen zu fressen.

      »Nicht gleich«, verdeutlichte er. »sondern sofort! Du machst dieses ganze Dorf wahnsinnig!«

      »Ich will nur sicher sein, dass es ihm gut geht! Die Leute hier haben keine Ahnung von Pferden – ich meine, von richtigen Pferden«, fügte sie mit einer geringschätzigen Handbewegung in Richtung der übrigen Stallbewohner hinzu. Thork warf einen Blick auf die niedrigen, kräftigen Ponys, die im Stroh standen und geruhsam ihr Frühstück kauten. Sie ähnelten den Ponys in Hochstahl und waren ihm um vieles sympathischer als das schwarze Höllenross.

      »Und wenn dir dabei das Herz bricht », sagte er und machte keinen Hehl aus seiner Missstimmung, »aber lass uns endlich aufbrechen!«

      »Sklaventreiber«, schimpfte sie, wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab und kam zu Thork herüber.

      »Du schuldest mir eine Goldkrone und zwei silberne Viertelkronen für die Unterbringung dieses Monsters«, teilte er ihr mit, während sie sich in ihren Mantel hüllte und das Gepäck aufnahm.

      »Das ist ein Wucherpreis«, beschwerte sie sich.

      »Richtig. Und deine Fürsorge hat dazu beigetragen, dass er zustande kam.«

      In missmutigem Schweigen nahmen sie ihre Wanderung wieder auf.

      Sie kamen um einiges schneller voran, nun da der Schwarze sie nicht mehr bremste, und das allein besserte Thorks Laune schnell. Überdies genoss er den Umstand, dass das Höllenross aus seinem Rücken verschwunden war. Eine Anspannung war von ihm abgefallen, deren Ausmaß er erst jetzt im Nachhinein richtig erfasste. Lianna ging nun neben und nicht länger hinter ihm, und aus ihrem Gesicht erkannte er, dass auch ihr Missmut verflogen war.

      Zügig stiegen sie bergan, Nebel und feiner Regen wie kalte Schleier auf ihren Gesichtern. Die Sonne stieg höher hinter den Wolken, es wurde Vormittag. Die Gegend kam Thork vage bekannt vor. Er wünschte sich freie Sicht nur für einen Augenblick, er hätte gerne einen Blick auf den Wetterstein geworfen, um sich noch genauer zu orientieren.

      »Hochstahl«, sagte Lianna irgendwann in ihr Schweigen hinein. Ihre Stimme klang etwas atemlos. »Ist das nicht diese kleine Zwergensiedlung, hier am Fuß des Berges? Wir sind letztes Jahr im Sommer dran vorbei gekommen.


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