Unerfüllte Träume einer jungen Liebe. Marie-Claire de Bergér
sie wandern. Doch ich werde per Funk dem Uli auf der Bergstation Bescheid geben, er soll ein Auge auf die jungen Leute haben. Mach dir doch nicht so viele Gedanken, meine Männer sind noch oben. Ich werde sie anweisen, dass sie gut auf die beiden aufpassen, ist das okay?“, versuchte Urs, sie zu beruhigen.
„Etwas ruhiger bin ich, aber wirklich froh werde ich erst sein, wenn sie wieder heil zurück sind, Urs! Schließlich trage ich die Verantwortung für Ursula, Pia würde mich umbringen, wenn ihr ein Unglück zustieße“, antwortete Mariele betroffen.
„Diether, nimm den Anorak mit, Uschi du bitte auch, ihr seid immerhin auf einer Höhe von über zweitausend Metern, dort, wo die Hütte steht.“ Die jungen Leute taten, was Urs ihnen gesagt hatte. Diether schnappte sich seinen Fotoapparat und los ging es.
Urs Jagdhütte lag ungefähr zwischen dem Diavolezza-See und der Station. Der Weg verlief zunächst etwas im Zickzackkurs, aber dann führte er fast eben zum Berggasthof. Der Hüttenwirt begrüßte die jungen Leute freundlich, da er die Baronesse Ulli durch Urs kannte. Er lud sie zu einem Cappuccino ein und wollte von Uschi natürlich mehr über die nächtliche Aktion wissen, die durch das Bundesheer stattgefunden hatte. „Och, Reinhold, das war wohl eine Übung des Heeres, mehr weiß ich auch nicht“, antwortete Ulli dem Wirt.
Der gab sich mit der Antwort zufrieden und sagte: „Das ist ja gut zu wissen, dass das Heer solche Übungen abhält. Da weiß man wenigstens im Ernstfall, dass diese Männer zur passenden Zeit und am richtigen Ort zur Stelle sind. Lasst euch das Getränk gut schmecken, Baronesse“, sagte Reinhold herzlich.
Nach einer Weile, Diether hatte sich mit dem Wirt noch eine Zeit lang unterhalten, kam Klaus Andermatten ins Restaurant: „Salü Reinhold, was goht’s heut zu Mittag?“
„Jo, wir han Salat mit Schnitzli, Klaus.“
„Das reicht mir, mehr hätt i a net g’esse“, entgegnete Klaus. Dann entdeckte er die jungen Leute: „Baronesse, Ihr seid schon außer Haus? Hat Urs das erlaubt? Ich muss euch wieder mit hinunternehmen. Einer ist uns entwischt. Reinhold, du musst mir das Essen warm stellen, denn ich muss den Chef benachrichtigen und die zwei hinunterbegleiten. Hallo Chef, bitte kommen, roger, over.“
„Ich komme selbst zum Berghaus, Klaus. Halte die beiden oben und schirme sie ab, in einer Viertelstunde bin ich bei euch, roger, over!“ Sofort machte sich Urs auf den Weg und rannte fast den Pfad hinauf. Keuchend kam er am Gasthof an.
„Chef! Gott sei Dank, dass Sie da sind“, sagte Andermatten.
„So Uschi, jetzt könnt ihr wieder in die Jagdhütte zurück, wir bringen euch hinunter, damit nix passiert“, erklärte Urs ihnen.
Reinhold fragte Urs: „Herr Leutnant, was ist los, ist etwas geschehen?“
„Du hast uns nie gesehen, Reini, verstanden“, sprach Urs ernsthaft.
„Alles klar, Chef, wir können“, meinte sein Adjutant eifrig. Sie nahmen Uschi und Diether in die Mitte und gingen sofort den kurzen Steig hinunter zur Berghütte. In einer halben Stunde waren sie dort angelangt. Marie-Theres kam aus der Türe gestürzt und umarmte die zwei heftig, zumindest soweit das bei Diethers Größe überhaupt möglich war. „Ihr seid’s wieder da, oh, dem heiligen Herrgöttle von Biberach sei gedankt“, schluchzte sie ganz aufgeregt. Diether und Ulli nahmen ihrerseits die Baronin in den Arm und beruhigten sie zu zweit.
„Es ist alles in Ordnung mit uns“, versicherten sie beide hoffnungsvoll.
*
Die Suche nach dem Kapuzenmann
Leutnant Urs Sutter hielt mit ein paar Heeresangehörigen in seinem Arbeitszimmer eine Besprechung ab. „Klaus, weiß du nicht, in welche Richtung er in den Bergen verschwunden sein könnte?“, fragte ein anwesender Kollege.
„Nein Kurt, wir wissen nicht, ob er überhaupt über die Grenze flüchten will! Dieses Individuum ist mit großer Wahrscheinlichkeit noch in der Schweiz, vermutlich will er über die einfachste Ecke ganz gemütlich nach Italien abhauen“, vermutete Klaus Andermatten.
„Zwei meiner Männer sind mit Bergsteigerausrüstung hinter ihm her und wollen ihn weiter in die Berge hineintreiben. Da er wahrscheinlich keine Ahnung hat und keinerlei Ausrüstung bei sich führt, wird er nicht weit kommen. Aber es wäre natürlich auch möglich, dass er irgendwo eine Kletterausrüstung deponiert hat. Aber Genaueres darüber ist uns nicht bekannt“, berichtete der Unteroffizier.
Kollege Uli meldete sich ebenfalls zu Wort: „Urs, wir gehen davon aus, dass er zum Gipfel des Piz Palü unterwegs ist, er wird versuchen, dort über die Grenze zu kommen. Wenn er dem Palü zusteuert, will er mit Sicherheit zum Bivacco del Sasso. Und dann ist er in Italien. Uns bleibt nichts anders übrig, als den Grenzposten in Poschiavo anzufunken und der wird mit Sicherheit eine Patrouille hinaufschicken, aber wann wird dies sein? Der Gangster ist dann längst über alle Berge und wir haben das Nachsehen.“
„Wenn er keine Kletterutensilien bei sich hat, wird er nicht weit kommen“, überlegte Urs. „Was meinst du, Diether?“
„Ich bin ganz Ihrer Meinung, aber da sind noch zwei Hütten, und zwar am Piz Sella das Rifugio Marco e Rosa, das liegt unterhalb der Fuorcla Crast d’Agüzza. Wer aber die Berninagruppe nicht kennt, der kommt nicht weit. Der Piz Palü ist ein Eispanzer. Sollte er zum Bivacco kommen, muss er über drei Gipfel: Piz d’Arlas, Piz Cambrena und dann zum Piz Palü. An der hinteren Gratschneide muss er wieder hinunter zum Sasso Rosso. Das alles ist ohne Steigeisen, Pickel, und Seil nicht zu bewältigen, ich weiß, wovon ich rede.“
„Diether hat recht. Ohne Pickel, ohne Steigeisen geht über die drei Eispfeiler gar nichts“, bestärkte Urs Diethers Ausführungen.
Klaus Andermatten hatte eine Idee. „Urs, funke doch gleich unauffällig unsere Leute an und frage sie, wo sie im Moment Posten bezogen haben. Vor allen Dingen den Posten aus Poschiavo. Allen Bescheid sagen, einen Heli dorthin schicken und ihn einkreisen. Aber der Helikopter muss von der Air Base Pontresina abfliegen oder von Tirano über das Puschlavtal. So kann man ihn umzingeln. Was hältst du von dem Vorschlag?“
„Das ist kein schlechter Plan. Gut, dann sollen die Leute weitersuchen und ich werde Order geben“, sagte Urs. Der Befehl des Leutnants wurde einstimmig angenommen und weitergereicht.
Uschi und Diether wussten, dass sie noch einmal davongekommen waren. Sie hatten sich zu früh in die Berge gewagt, denn dass einer von dieser Kapuzenbande noch frei herumlief, hatten sie nicht gewusst und Urs auch nicht. Hoffentlich würden Urs Soldaten den Terroristen bald schnappen.
Die beiden setzten sich zu Fee und Mariele in den Wintergarten. „Mon dieu, ma chérie, ich bin ja so froh, meine Kleine, dass euch nichts geschehen ist“, frohlockte Gräfin Bellheim.
Marie-Theres sprach Diether freundlich an: „Diether, würden Sie für uns musizieren?“
„Natürlich, das ist doch selbstverständlich, kimm Ulli, wir spielen und singen was für die beiden Damen.“ Er setzte sich ans Klavier.
Uschi holte die Noten heraus und meinte dazu: „Das ist eigentlich ein Chorstück aus der Oper Cavalleria rusticana von Mascagni. Lasset uns preisen den Namen des Herrn, lasset uns preisen den Herrn, lasset uns preisen den Herrn, lasset uns preisen den Namen des Herrn, Halleluja!“
Die beiden Freundinnen waren mucksmäuschenstill, man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es im Musikzimmer. Diether streckte seinen linken Arm aus, umfasste Uschi und drückte sie auf die Klavierbank nieder, um ihr einen Kuss zu geben.
„Den Kuss hast du jetzt verdient, Ursula“, ließ sich Mariele leise vernehmen.
„Oh meine Kleine, du singst göttlich, magst du noch etwas zu Gehör bringen, ma chère?“, erkundigte sich die Gräfin.
„Das sollte uns nicht schwerfallen, was meinst du, Diether? Schubert?“, schlug Uschi vor.
„Na klar! Sing doch