Unerfüllte Träume einer jungen Liebe. Marie-Claire de Bergér
und in die US-Staaten.“
„Was war mit dir, Fee?“
„Ach, Ullikind, ich blieb in der Schweiz und kaufte dieses Haus für uns. Ich wollte uns ein Nest bauen, eine Heimat schaffen, wohin er immer zurückkehren konnte. Ich ging dann nach der Matura auf die Hotelfachschule. Damit ich das Hotel meiner Familie übernehmen konnte, weißt du?“
„Du hast Alain nie wieder gesehen?“
„Ab und zu, wenn er in der Schweiz gastierte, dann lebte er mit mir in dieser Villa. Doch Alains Vater, Géneral le Blanc und ein Marquis, gab mir zu verstehen, dass Alains Künstlerlaufbahn vorginge. Er hätte keine Zeit für eine Ehefrau oder gar ein Kind. So sprach sein Papa wütend zu mir. Ich widersprach ihm aufs Heftigste und sagte: Monsieur Marquis, wir sind verh... Da schnitt er mir das Wort ab und meinte: Papperlapapp, ist sicher nicht gültig! Er drehte sich auf seinen Hacken herum und verschwand auf Nimmerwiedersehen“, erzählte die Gräfin traurig und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
„Mein Gott, Fee, das ist ja furchtbar, das tut uns unendlich leid.“
„Zum Glück für mich war in dieser schlimmen Zeit Tobias Aufdenmatten mein Verwalter. Er hat sich rührend um mich und mein Seelenheil gekümmert. Es scherte ihn gar nicht, dass ich eine Gräfin war, nein, im Gegenteil, das war ihm ganz egal. Er liebte mich so, wie ich war. Nach der Annullierung meiner Ehe mit Alain, die vom Marquis ausging, heirateten wir in St. Moritz in unserer Kapelle hier. Nur musste ich wegen des Onkels in Ungarn den Geburtsnamen behalten. Das machte Tobias nichts aus, nur wenn ich etwas Dienstliches oder Dokumentarisches unterschrieb, hatte ich immer mit einem langen Namen zu unterschreiben. Als dann Florian geboren wurde, war unser Glück perfekt.“
„Liebe Fee, das Schicksal hat es besonders gut gemeint mit dir. Aber von der anderen Geschichte mit Alain habe ich nichts gewusst. Mutz und Mariele haben mir nie etwas darüber erzählt.“
„Dies konntest du nicht wissen. Deshalb, Diether, gehen Sie nicht so viel alleine in die Berge, vor allem auf jene, denen sie körperlich nicht gewachsen sind. Es tut auch der jungen Liebe nicht gut, wenn ihr zwei zu lange voneinander getrennt seid. So, Kinder, ich lasse euch allein, ihr müsst noch viel üben. Salut, ihr zwei Hübschen.“ Weg war sie und hinterließ einen sehr nachdenklichen Diether und eine ebenso sorgenvoll dreinblickende Ursula von Giebel.
„Ach, Bub, was wird nur aus uns werden, wenn du nach Wien zurückkehrst?“, schluchzte Ursula laut auf.
„Kimm, Kleines, da werde ich mir schon was einfallen lassen und darüber haben wir bereits gesprochen. Nicht weinen, Schatz. Gib mir einen Kuss, damit du auf andere Gedanken kommst.“ Das tat sie dann auch und schon versiegten ihre Tränen. „So, nun beginnen wir!“
Er schlug ein paar Akkorde an und Uschi begann mit Stimmübungen: die Tonleiter rauf und runter. Dadurch wurde sie lockerer und entkrampfter. Nach ungefähr fünfzehn Minuten tönten Chopins Melodien durch den Raum: In mir klingt ein Lied. Sie sang dieses kleine Liebeslied, das aus einem alten Film stammte, mit einer leichten Grazie in der Stimme, sodass man den Eindruck gewann, in ihr würde wirklich Chopins Weise nachklingen.
Hinter ihr klatschte plötzlich Urs in die Hände und sprach ganz überrascht: „Uschikind, wenn du so singen wirst, liegt dir der Ballsaal im Hotel zu Füßen.“
„Ach, Urs, du bist ein Schmeichler“, meinte sie verschämt. „Aber wenn du zuhören möchtest, dann setz dich hier still auf einen Stuhl und mucks dich nicht, Herr Leutnant!“
„Ich bin ganz brav und lausche dem Gesang“, antwortete Urs. Diether begann aufs Neue und spielte einige Takte des Schubertlieds, das Ulli singen wollte. Er spielte ein kleines Vorspiel, gab Uschi ein Zeichen und sie begann: „Leise flehen meine Lieder …“
Ulli war zum Heulen zumute. „Diether, ich weiß nicht, ob ich das Lied singen werde.“
„Kleines, wenn’s net geht.“ Er stand auf und gab ihr zum Trost ein Busserl. „Wenn du es nicht singen möchtest, wird es aus der Liste gestrichen“, entschied er. „Jetzt machen wir weiter mit Mozart, dann wird es dir leichter ums Herz, mein Schatz! Hast du die Noten?“
„Ja Liebster, habe ich“, murmelte Uschi leise.
„Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein!“ Sie sang dieses Wiegenlied wie eine Mutter, die an der Wiege ihres Kindes saß und diese hin- und herbewegte.
„Kleines, was hältst du davon, wenn die Gräfin uns eine Puppenwiege oder auch eine größere ausleiht? Sie hat so etwas bestimmt auf dem Speicher. Diese Wiege könnten wir auf die Bühne stellen und du hockst dich auf einem Schemel davor und bewegst das Ganze hin und her!“
„Ich werde Fee fragen.“ Nach diesen Vorschlägen spielte Ullis Freund ein paar Takte von Caro mio ben. „Diether, das möchte ich später singen, wir proben zuerst Largo, das ist schwieriger, dieses muss ich gründlicher üben.“
Diether stellte sich die Händelpartitur auf den Klavierständer und begann das Vorspiel. „Nein Schatz, diese Weise brauche ich nicht, nur das eigentliche Lied, okay?“ Er hatte verstanden und Uschi zählte leise die Takte mit. Dann begann sie mit dem italienischen Text. „Diether, diese Schreibweise im Italienischen gefällt mir nicht, ich singe die schönen, deutschen Worte, die auch darunter gedruckt sind. Die passen besser zum Abendkonzert“, erläuterte Uschi.
„Da könntest du recht haben, wenn ich mir diese Silben hier auf der Partitur so ansehe“, entgegnete Diether.
„Spiele noch einmal den Auftakt der ersten Notenreihe, Schatz!“
„So, jetzt kommt der deutsche Wortlaut: Selige Ruh, Schatten, wie wiegst du mich. Das hört sich vielversprechend an.“
„Wir sind uns einig, ich singe den deutschen Satz, der unter den Notenreihen steht“, ließ Ulli sich vernehmen.
„Ja, so machen wir das!“, pflichtete ihr Diether bei.
Urs hatte den Proben eine Weile zugehört und war dann ganz still zu den Damen ins Wohnzimmer zurückgekehrt.
„Wir brauchen eine Pause, besonders deine Stimme. Es ist 22 Uhr.“
„Bub, du hast wie immer recht, ich merke doch schon langsam selbst, dass es Zeit ist aufzuhören!“
„Lass uns in den Wohnsalon gehen, die drei erwarten uns sicher schon.“
Die Baronin und die Gräfin unterhielten sich währenddessen über Ursulas tolle Naturstimme. Urs fand sie ebenfalls grandios und stimmte ihnen zu. „Es wäre eine Sünde, dieses Naturwunder nicht ausbilden zu lassen“, räsonierte er mit seiner tiefen Bass-Stimme. Als nun die beiden jungen Leute in den Wohnraum traten, verstummte das Gespräch.
„Was habt ihr denn so Geheimnisvolles über uns gesprochen, Mariele?“, fragte Uschi neugierig.
„Deine Patentante und Urs meinten, du solltest deine Naturstimme ausbilden lassen, das Stimm-Material dazu hast du nämlich“, antwortete die Gräfin.
„Und wer, bitt’ schön, soll das bezahlen? Mutz kann das nicht, dös geht fei net, gell, Fee!“, erwiderte Ursula.
„Bezahlen werde ich das, bin ja schließlich deine Patentante, Ursula. Du könntest hier in Bern auf die Musikschule gehen und bei uns wohnen. Das wäre ein Vorschlag.“
„Oder in Innsbruck die Musikschule mit mir zusammen besuchen!“, unterbrach Diether die Baronin aufgeregt. „Das Konservatorium nimmt auch begabte Schülerinnen und Schüler ohne Abitur auf, da du ja das Einjährige hast, brauchst du keine Matura.“
„Mit dir zusammen in Innsbruck, alter Schwede, das wäre das höchste Glück auf Erden!“, rief Ursula voller Entzücken aus. „Wo soll ich denn wohnen, das wäre die nächste Frage, Diether“, rätselte sie.
„Natürlich bei Peterl und mir im Bungalow, da werden die Holzers bestimmt nichts dagegen haben, Liebes“, erwiderte Diether, fröhlich gestimmt ob seiner Idee.
„Der