Die Chiemsee Elfen. Yvonne Elisabeth Reiter

Die Chiemsee Elfen - Yvonne Elisabeth Reiter


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Paa­re zu­sam­men­füh­ren und Ver­ei­ni­gun­gen al­ler Art mit Glück be­schen­ken. Auch die­se Ei­gen­schaf­ten lieb­te ihr Ehe­mann an ihr.

      »Komm ja schon, Oona«, er­wi­der­te Aar, wor­auf Ni­mue zur Sei­te rück­te, um Aar Platz zu ma­chen. Kurz dar­auf ver­schwand er hin­ter der gro­ßen Ein­gangs­tür mit den Wor­ten: »Bis bald, mei­ne Klei­ne.«

      Ru­hig und ge­dan­ken­ver­lo­ren saß sie nun al­lein im Ka­min­zim­mer. Sie dach­te an Oona und an die vie­len Er­zäh­lun­gen ih­rer Cou­si­ne Cara, die von ih­rer ge­mein­sa­men Oma spra­chen.

      Cara leb­te seit ih­rer Ge­burt auf ei­ner klei­nen Zau­be­r­in­sel, nahe an der Frauen­in­sel ge­le­gen. Ihre El­tern woll­ten nicht im Was­ser le­ben. Des­halb hat­ten sie sich dort in ei­ner Höh­le an ei­nem Hü­gel an­ge­sie­delt. Ihre Nach­barn wa­ren vie­le ver­schie­de­ne We­sen, wie Wich­tel, Ko­bol­de, eine Fa­mi­lie der Wald­schra­te und klei­ne an­de­re We­sen, die sich mit ih­ren Fa­mi­li­en vor Tau­sen­den von Jah­ren dort an­ge­sie­delt hat­ten.

      Ni­mue hat Cara oft be­sucht. Da­bei hat­te Cara ihr von Oo­nas Er­schei­nun­gen und ih­ren Aus­wir­kun­gen auf Men­schen er­zählt. Auf dem Land sprach man viel über die­se un­ge­wöhn­li­che Frau, die aus dem Nichts er­schien und wie­der dar­in ver­schwand. Da sie im­mer nur Gu­tes be­wirk­te, hat­te man kei­ne Angst vor ihr und so wur­de sie über die Jah­re hin­weg zu ei­ner Le­gen­de.

      Ni­mue lä­chel­te stolz, als sie mur­mel­te: »Das ist mei­ne Oma.«

      Da fiel ihr die so­eben er­zähl­te Ge­schich­te wie­der ein und sie staun­te in Ge­dan­ken: »Was ha­ben mei­ne Vor­fah­ren nur al­les er­lebt? Die gan­ze Welt ha­ben sie ge­se­hen. Ich möch­te auch so ger­ne die Welt er­kun­den und all die Aben­teu­er er­le­ben, die dar­in ste­cken.«

      Sie dach­te da­bei an das le­cke­re Es­sen in Ita­li­en, die ge­ho­be­ne Le­bens­phi­lo­so­phie der Fran­zo­sen, an die schot­ti­sche Hei­mat ih­rer Vor­fah­ren und wie schön es wäre, die­se ste­tig blü­hen­de Na­tur ein­mal zu se­hen. Doch dann er­in­ner­te sie sich an die Dun­kelel­fen und ihre zer­stö­re­ri­sche Macht. So­gleich über­fiel sie ein kal­ter Schau­er und über­schat­te­te ihre freu­di­ge Auf­re­gung. Sie setz­te sich zum Ka­min und streck­te ihre Hän­de über das Feu­er. Die­ses wärm­te nicht nur ih­ren Kör­per, son­dern ver­trieb auch ihre Ängs­te.

      »Sláin­te!«, hör­te Ni­mue ih­ren Ur­groß­va­ter Seo­ras im gro­ßen Ta­fel­saal ru­fen, wäh­rend sie den Ar­ka­den­gang ent­lang dar­auf zu ging. Da­nach klan­gen vie­le Stim­men im Raum durch­ein­an­der. Ni­mue nahm es als einen woh­lein­ge­stimm­ten Ge­sang wahr. Dar­auf­hin pros­te­ten sich die an­we­sen­den El­fen zu und er­öff­ne­ten da­mit das Fes­tes­sen.

      Dies war ein abend­li­ches Ri­tu­al, wel­ches stets vom Kö­nig selbst, Ni­mu­es Ur­groß­va­ter, er­öff­net wur­de. Nicht an je­dem Abend pfleg­ten sie die­ses Ri­tu­al, son­dern haupt­säch­lich an den un­ge­ra­den Ta­gen. Der Sinn dar­in lag nicht al­lein im Ver­zehr von Nah­rung, son­dern der Eh­rung des Ge­mein­schafts­geis­tes. Und so soll­ten an die­sen Aben­den so vie­le Wald- und See­el­fen wie mög­lich zu­sam­men­kom­men, um ihre Ge­mein­schaft zu fei­ern.

      Ni­mue kam an die­sem Abend zu spät, da sie nicht auf­hö­ren konn­te, ih­rer Fan­ta­sie frei­en Lauf zu las­sen und ge­dank­lich durch auf­re­gen­de Pfa­de in Rich­tung Schott­land zu rei­sen. Lang­sam schlich sie sich in den Saal hin­ein, in dem sich be­reits vie­le Schloss­be­woh­ner tum­mel­ten. Dort hör­te sie Stim­men durch­ein­an­der­spre­chen, hie und da eine Elfe laut la­chen, Be­cher auf­ein­an­der fal­len und Mu­sik, die im Hin­ter­grund eine fest­li­che Stim­mung ver­brei­te­te. Es dau­er­te nicht lan­ge und sie er­reich­te ih­ren Platz am Haupt­tisch, an dem auch der Kö­nig saß. Denn Ni­mue war eine di­rek­te Nach­kom­min des der­zei­ti­gen Kö­nigs Seo­ras. Dar­über hin­aus mun­kel­te man be­reits, dass ihr Groß­va­ter Aar bald den Thron be­stei­gen wür­de. Da­nach – und da be­stand Ei­nig­keit un­ter al­len El­fen – soll­te sie die ers­te Kö­ni­gin des Rei­ches Shen­ja wer­den. Sie war noch sehr jung mit ih­ren 129 Jah­ren und muss­te bis da­hin noch viel ler­nen, und doch schien sich das Reich be­reits dar­auf ein­zu­stel­len. Sie selbst war sich als jüngs­te von vier Töch­tern dar­über nicht im Kla­ren. Es war un­üb­lich, dass die Jüngs­te auf den Thron nach­fol­gen soll­te, und dann wa­ren da ja noch die Söh­ne von Ni­mu­es Tan­ten und On­keln. Da es im Reich Shen­ja noch nie eine Kö­ni­gin ge­ge­ben hat­te, lag es nahe, dass nach Aar ei­ner von ih­nen das Kö­nig­reich über­neh­men soll­te.

      Ni­mue mach­te sich über eine Re­gent­schaft kei­ne Ge­dan­ken. Sie lieb­te das Le­ben und hat­te einen auf­ge­weck­ten, eher wil­den Cha­rak­ter. Ihre Gro­ß­el­tern nann­ten sie oft Rao’ra, was für den Ti­ger und des­sen Wild­heit stand. Zu­dem un­ter­schie­den sich Ni­mu­es Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten von de­nen ih­rer Ge­schwis­ter, Cou­si­nen und Cous­ins. Sie war aben­teu­er­lus­tig, wiss­be­gie­rig und konn­te nicht lan­ge still­hal­ten. Sie lieb­te die Na­tur und die Tie­re und lern­te schnell, die Fä­hig­kei­ten ih­res El­fen­stam­mes best­mög­lich zu nut­zen. Und das wa­ren so ei­ni­ge, denn die El­fen aus dem Reich Shen­ja wa­ren in der Lage, ih­ren fest­stoff­li­chen Kör­per in einen fein­stoff­li­chen um­zu­wan­deln, so­dass die Men­schen sie nicht se­hen konn­ten. Dazu hat­te die­ser El­fen­stamm be­son­ders ge­schärf­te Sin­ne, wie un­ter an­de­rem Hell­hö­rig­keit. Wenn sie woll­ten, konn­ten sie selbst von der tiefs­ten Stel­le des Sees die Men­schen am See­u­fer spre­chen hö­ren. Au­ßer­dem wa­ren sie in der Lage, Ge­rü­che stark wahr­zu­neh­men. Egal, ob an Land oder in der Tie­fe des Sees, sie konn­ten auf meh­re­re Ki­lo­me­ter Ein­zel­hei­ten ei­nes Ge­ru­ches be­stim­men. Dann wa­ren da noch ihre spe­zi­el­len Au­gen. Ge­schärft wie ein Pfeil konn­ten sie über Mei­len hin­weg se­hen und da­bei Klei­nig­kei­ten ex­akt de­fi­nie­ren; und dies bei Tag und bei Nacht, im Was­ser oder an Land. Sie wa­ren in je­der Hin­sicht an­pas­sungs­fä­hig und doch re­a­gier­ten sie sehr sen­si­bel auf ihre Um­welt. Sie lieb­ten das Fei­ern, doch die­se Fes­te wa­ren nicht laut oder un­sitt­lich. Auch wenn sie ger­ne aßen und tran­ken, schos­sen sie nie­mals über das Ziel hin­aus, denn Völ­le­rei mach­te ihre Kör­per krank.

      Das El­fen­volk aus dem Reich Shen­ja gab sich stets ru­hig und fried­voll, was nicht hei­ßen soll, dass sie ohne Mut und Stär­ke ge­we­sen wä­ren. Sie stell­ten sich un­ver­meid­ba­ren Krie­gen und sieg­ten, ge­nau­so wie sie ei­ni­ge Schlach­ten ver­lo­ren. Ihr Fa­mi­li­en­be­wusst­sein schloss alle Schloss­be­woh­ner mit ein und ihr Zu­sam­men­halt war au­ßer­ge­wöhn­lich. Op­tisch ver­än­der­ten sie sich im Ge­gen­satz zu ih­ren Vor­fah­ren be­trächt­lich. Ihre frü­her leicht grü­ne Haut­fa­r­be wech­sel­te über die Jahr­tau­sen­de in eine braun-blaue Mi­schung, so­wie ihre Haa­r­fa­r­be von Blond bis Brü­nett reich­te. Je mehr eine Elfe das Land be­such­te, des­to mehr färb­te sich ihre Haut bräun­lich.

      Ihre An­pas­sungs­fä­hig­keit war ein­zig­ar­tig un­ter den El­fen­stäm­men. Böse Zun­gen be­haup­te­ten, dass sie gar kei­ne ech­ten El­fen wa­ren, son­dern ein kun­ter­bun­ter Mix aus an­de­ren, klei­ne­ren We­sen, wie zum Bei­spiel Wich­ten. Tat­säch­lich galt dies in der El­fen­welt als un­mög­lich, da sich El­fen nur mit ih­res­glei­chen oder Men­schen ver­mähl­ten. So­mit war es eine Un­ter­stel­lung, die auf ihre ge­rin­ge


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