Die Chiemsee Elfen. Yvonne Elisabeth Reiter

Die Chiemsee Elfen - Yvonne Elisabeth Reiter


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25s­ten Tag des zwei­ten Ster­nen­mo­nats lag Ni­mue am Mor­gen ge­müt­lich auf ih­rem Lie­ge­so­fa in ih­rem Zim­mer. Sie stu­dier­te ein Buch über Kräu­ter und ihre Heil­kräf­te, als sie plötz­lich El­fen­schrit­te auf dem Ar­ka­den­gang au­ßer­halb ih­res Zim­mers hör­te. Un­ru­hig fie­len sie schnell auf­ein­an­der und ver­mit­tel­ten ihr ein Ge­fühl von Ner­vo­si­tät. Da sprang sie neu­gie­rig auf und öff­ne­te die Tür. Auf dem Gang rann­ten ei­ni­ge El­fen has­tig an ihr vor­bei oder schweb­ten in ra­sen­der Ge­schwin­dig­keit in Rich­tung Ein­gangs­hal­le. Da­bei ent­deck­te sie eine jun­ge Kam­me­rel­fe, die sie mit weit auf­ge­ris­se­nen Au­gen an­sah. Ihre Wan­gen wa­ren tief­rot. Se­kun­den spä­ter war sie hin­ter dem Bo­gen in Rich­tung der gro­ßen Schloss­sä­le ver­schwun­den.

      »Was geht hier nur vor?«, wun­der­te sich Ni­mue.

      Ach ja, die El­fen vom Reich Shen­ja hat­ten einen Kör­per, wie auch der Mensch ihn be­sitzt. Der Un­ter­schied war nur der­art, dass die El­fen auch schwe­ben konn­ten. Das heißt, sie konn­ten in der ma­gi­schen Was­se­r­ener­gie des Rei­ches Shen­ja ihre Füße so mit­ein­an­der ver­schmel­zen, dass sie eins wur­den. Da­mit wa­ren sie schnel­ler als zu Fuß. Die­se Fä­hig­keit hat­ten sie al­ler­dings nur im Was­ser. An Land wa­ren sie ge­nau­so be­weg­lich wie Men­schen, ob­wohl sie flin­ker, wen­di­ger und schnel­ler wa­ren als sie. Den­noch konn­ten sie dort we­der über dem Bo­den schwe­ben, flie­gen oder ir­gen­d­et­was Der­ar­ti­ges tun.

      Auf dem Gang nahm das Trei­ben ste­tig zu, so­dass Ni­mue ihr Zim­mer ver­ließ und ei­ner Kam­me­rel­fe hin­ter­her­rann­te. Ni­mue ver­such­te mit ihr zu spre­chen, doch die­se wink­te mit den Wor­ten ab: »Kei­ne Zeit.«

      Nun war Ni­mu­es Neu­gier­de voll­kom­men ge­weckt und so schweb­te sie schnell in das Büro ih­res Groß­va­ters. Als sie dort an­kam, fand sie das Zim­mer ohne Aar vor, da­für mit ih­rer gro­ßen Schwes­ter So­phia. Die­se saß auf der Couch ge­gen­über dem Ka­min und las see­len­ru­hig ein Buch.

      »So­phia«, platz­te es aus Ni­mue her­aus.

      So­phia blick­te sie mit gro­ßen Au­gen an. »War­um er­schreckst du mich so? Du weißt, ich kann das nicht lei­den!«

      »Was ist hier los? War­um geht es hier plötz­lich so hek­tisch zu?«, frag­te Ni­mue un­be­ein­druckt von der tie­fen Ton­la­ge ih­rer Schwes­ter.

      »Ach so, das meinst du«, er­wi­der­te So­phia nun mit sanf­ter Stim­me, »wir be­kom­men Be­such. Der hat sich sehr kurz­fris­tig an­ge­kün­digt.«

      Ni­mue schloss die Tür hin­ter sich und ging schnell auf So­phia zu.

      »Wer ist es denn?«

      »Rate mal?«

      Ni­mue fing an, sich alle El­fen, Men­schen und an­de­re We­sen, die sie kann­te, bild­lich vor­zu­stel­len. Sie frag­te sich, wer einen sol­chen Wir­bel durch sei­nen Be­such ver­ur­sa­chen könn­te. Doch sie hat­te kei­ne Ah­nung und ver­mu­te­te: »Tan­te Hauch und Cara von der Zau­be­r­in­sel?«

      »Nein«, er­wi­der­te So­phia gleich dar­auf mit ei­nem Kopf­schüt­teln.

      »Ste­fan?«

      »Nein. Wie du weißt, ist er ein Mensch und kann nur be­dingt bei uns blei­ben. Also, denk mal nach. Bald ist dein Ge­burts­tag und da be­kommst du …«

      »Der Be­such kommt we­gen mir?«, un­ter­brach sie ihre Schwes­ter er­staunt.

      »Yep, we­gen dir.«

      Ni­mue streng­te sich nun noch mehr an, so­dass ihre Stirn Fal­ten zog. »Wer kann das nur sein?«, frag­te sie sich in Ge­dan­ken. Nach ei­ner Wei­le schoss es aus ihr her­aus: »Ka­tar, der Bru­der un­se­res Ur­groß­va­ters?«

      So­phia sah sie zu­frie­den an. »Ge­nau, Ni­mue. Er kommt ex­tra we­gen dir und dei­nem Ua­ne­a­la-Tag. Es sieht so aus, als ob sie Gro­ßes mit dir vor­ha­ben.«

      »Wie meinst du das, So­phia?«, woll­te Ni­mue ir­ri­tiert wis­sen.

      »Na ja, Ka­tar hat Frank­reich noch nie ver­las­sen, um uns zu be­su­chen. Jetzt kommt er auf Bit­ten un­se­res Kö­nigs und das nur we­gen dei­nes Ge­burts­tags. Das soll doch et­was hei­ßen, oder?«

      »Kö­nig!«, är­ger­te sich Ni­mue, ohne So­phia da­mit zu be­ein­dru­cken, denn sie moch­te es ganz und gar nicht, wenn ihre Ge­schwis­ter ih­ren Ur­groß­va­ter stets »Kö­nig« nann­ten. Für Ni­mue klang dies kalt und un­per­sön­lich. Er war ihr Ur­groß­va­ter und da­bei war es ihr egal, wel­chen Rang er in­ne­hat­te.

      Ni­mue setz­te sich ne­ben ihre Schwes­ter auf die Couch und dach­te über Ka­tar nach. »Was hat mir Groß­va­ter al­les über ihn er­zählt?«, mur­mel­te sie vor sich hin. Dann ar­bei­te­te sie ge­dank­lich die be­reits er­hal­te­nen In­for­ma­ti­o­nen über Ka­tar ab. Sie wuss­te, dass er auf der gro­ßen Rei­se in Frank­reich ste­cken blieb, weil er eine Frau ken­nen- und lie­ben lern­te. Ka­tar leb­te von dort an mit Men­schen zu­sam­men und das in ei­nem klei­nen Häus­chen di­rekt am Meer. Ni­mue war sich si­cher, dass dies eine wun­der­schö­ne Ge­gend sein muss­te, da ihr Ur­groß­va­ter manch­mal da­von ge­schwärmt hat­te. Dort gab es viel Son­ne, das of­fe­ne Meer vor der Nase und gu­ten Käse. Alle El­fen lieb­ten gu­ten Käse und den fran­zö­si­schen moch­ten sie ganz be­son­ders gern.

      »Weißt du et­was über Ka­tar, So­phia?«, frag­te Ni­mue.

      So­phia war wie­der in ihr Buch ver­sun­ken und sah nur kurz auf, um zu er­wäh­nen: »Na­tür­lich, je­der weiß et­was über ihn.«

      »Er ist Ur­groß­va­ters Lieb­lings­bru­der und muss ganz nett sein, oder?«

      »Er ist der Bru­der un­se­res Kö­nigs, und viel­leicht ist er auch ganz nett. Aber jetzt lass mich end­lich le­sen, du Ner­ven­sä­ge«, for­der­te So­phia ihre klei­ne Schwes­ter ge­reizt auf.

      »Wann kommt er bei uns an?«, frag­te sie den­noch und be­kam die knap­pe Ant­wort: »Mor­gen, glau­be ich.«

      Ni­mue un­ter­drück­te noch wei­te­re Fra­gen, denn der scha­r­fe Blick ih­rer Schwes­ter zeig­te ihr, dass sie ein­deu­tig nicht mehr ge­stört wer­den woll­te. Auf Ze­hen­spit­zen ging sie in Rich­tung Tür, als die­se plötz­lich auf­sprang.

      Ni­mue zuck­te zu­sam­men. Zur glei­chen Zeit kam ihre Groß­mut­ter Oona her­ein.

      »Hal­lo, ihr bei­den.«

      »Hal­lo«, hall­te Ni­mu­es und So­phi­as Stim­me syn­chron im Raum.

      »Oma«, frag­te Ni­mue so­gleich, »be­sucht uns Ka­tar wirk­lich we­gen mei­nes Ge­burts­tags?«

      »Ja, mei­ne Klei­ne, das tut er. Ist das nicht wun­der­schön?«

      »Ja, Oma, das ist es.«

      »Ich kom­me, um mit dir zu spre­chen, Ni­mue. Es ist an der Zeit, dass du dir über dei­nen Ge­burts­tags­wunsch ernst­haf­te Ge­dan­ken machst. Du weißt ja, dass du ihn ge­nau um 13 El­fen­stun­den nach Null vor al­len Gäs­ten aus­spre­chen darfst?«

      »Ja, Oma, ich weiß«, be­merk­te Ni­mue auf­ge­regt. Ihre Wan­gen rö­te­ten sich leicht.

      Da sprang die Tür noch ein­mal auf und Ni­mu­es Ge­schwis­ter Ma­rie und Aoi­fe ka­men


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