Parzival. Auguste Lechner

Parzival - Auguste Lechner


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stechen kann. Eines Tages wirst du meine Dienste wieder brauchen: Dann weißt du, mich zu finden. Gehab dich wohl, Herr!«

      Damit ging er auf das Schiff zurück, ohne sich noch einmal umzusehen.

      Gahmuret warf den Hengst herum und jagte zur Burg.

      Er war nicht mehr weit vom Tore entfernt, da sah er von den Zelten herüber ein paar Reiter kommen. Voran ritt ein Knappe, der eine Fahne trug: Darauf war das Bild eines Ritters mit einer Lanze in der Brust.

      Gahmuret sah es voll Ingrimm. Er lenkte sein Pferd vor das Tor, wandte sich den Fremden zu, schloss den Helm und senkte den Ger.

      Er merkte, wie sie stutzten. Aber sie ritten weiter und er betrachtete sie neugierig. Den gewaltigen Recken mit dem roten Bart kannte er: Es war Hüteger von Schottland. Der zweite musste Gaschier, der Normanne, sein, der führte das Meerungeheuer im Wappen. Und der dritte – ja, nun wurde es wohl schwierig für den jungen Helden Gahmuret: Denn der dritte trug den Schild mit dem Vogel Strauß und war Kaylet von Toledo, sein eigener Vetter! Die drei Ritter näherten sich zögernd und musterten den einsamen Recken am Tor mit Verwunderung.

      »Hat die Sarazenin wieder einen Narren gefunden, der sich für sie den Schädel zerbläuen lassen will?«, knurrte Hüteger. »Aber schaut einmal genau hin: Wenn der dort ein Maure ist, dann will ich selber, bei Gott, auch einer sein! Aber wie kommt der Franke hierher?«

      »Hast du die Kogge vergessen, die draußen in den Klippen liegt?«, rief Kaylet. »Das ist gewiss der aufgeputzte Fant, der gestern mit großem Gefolge in die Burg geritten ist!«

      »Seht ihr den Anker auf seinem Schild?«, sagte Gaschier nachdenklich. »Ich habe vergessen, wem er gehört: Aber es muss ein sehr edles Geschlecht sein.«

      Hüteger schüttelte den Kopf. »Einerlei! Wenn er für die Heidin kämpfen will, soll er seinen Kampf haben.« Und er spornte sein Ross.

      Gahmuret hatte ihn nicht aus den Augen gelassen. Ipomidons schwarzer Hengst schnellte nach vorne wie ein Pfeil. Sie jagten über den Sand aufeinander zu … als sie zusammenprallten, zersplitterte Hütegers Lanze und der gewaltige Ritter flog rücklings aus dem Sattel. In seinem Arm stak Gahmurets Ger. Aber er war im selben Augenblick wieder auf den Beinen, als Gahmuret vom Pferde sprang.

      Er riss den Ger aus der Wunde und warf ihn fort. Dann öffnete er den Helm. Sein Gesicht war feuerrot von dem Sturz und auch vor Zorn.

      »Wer hat mich überwunden?«, fragte er barsch.

      »Ich bin Gahmuret Anschewin«, antwortete der junge Recke höflich.

      Hütegers graue Augen blickten keineswegs freundlicher.

      »So, du bist also Gandins Sohn? Ich möchte wohl wissen, wie deinem Vater der Dienst gefiele, den du dir da ausgesucht hast! Und was verlangst du nun also von mir, da du mich besiegt hast?«

      »Ich bitte dich, kehre mit allen deinen Rittern heim und lass die Königin in Frieden!«, sagte Gahmuret.

      Jetzt sah Hüteger beängstigend aus. »Bist du toll?«, knirschte er und es schien, als wollte er sich mit den Fäusten auf seinen Gegner stürzen.

      »Ich bitte dich bei deiner Ritterehre«, wiederholte Gahmuret ernst.

      Da trat Hüteger zurück. Er wusste, dieser junge Narr hatte recht: Er hatte für die Sarazenin gekämpft und gesiegt. Und der Besiegte musste tun, was der Sieger verlangte.

      »Du hast mein Ritterwort!« Hüteger wandte sich ab und stieg auf sein Pferd. Er grüßte Gahmuret nicht, als er davonritt.

      Die beiden anderen hatten es mit angesehen, ohne sich zu rühren.

      Jetzt legte Gaschier, der Normanne, den Ger ein: Er sprengte, seines Sieges gewiss, heran, denn er war ein berühmter Kämpfer.

      Aber als er seine Sinne wiederfand, lag er hinter seinem Ross im Sand und dieser sonderbare Gahmuret sagte höflich: »Ich bitte dich, reite zurück zu den Recken, die mit dir gekommen sind, und nimm sie mit dir fort!«

      Was hätte Gaschier da anderes tun können?

      Es war alles so schnell gegangen, dass Kaylet schon wütend heranjagte, ehe Gahmuret noch Zeit hatte nachzudenken, was er denn nun um Gottes willen tun sollte. Er konnte doch nicht seinen eigenen Vetter vom Pferde stechen! Und weil ihm ganz und gar kein Ausweg einfiel, riss er in dem Augenblick, als Kaylet zum Stoß ansetzte, seinen Hengst herum und drückte ihm die Sporen ein, dass er mit einem wilden Satz zum Burgtor hineinschoss.

      Kaylet stieß einen Wutschrei aus. Was fiel dem Burschen ein, einfach davonzulaufen?

      »Bleib stehen, wenn du nicht der größte Feigling unter der Sonne bist!«, brüllte er.

      Aber Gahmuret war schon verschwunden und blieb auch verschwunden.

      Da wendete Kaylet wohl oder übel sein Pferd und ritt zu den Zelten zurück. Der Erste, der ihm begegnete, war Hüteger. Er grinste grimmig. »Hat er dich auch schon aus dem Sattel gehoben?«

      »Keineswegs!«, antwortete Kaylet erbost. »Der feine Herr in Seide hat Reißaus genommen!«

      »Was?«, schrie Hüteger. »Und der will ein Ritter sein?« Aber plötzlich starrte er Kaylet sehr verblüfft an. Dann begann er zu lachen.

      »Großer Gott!«, stieß er hervor, »ich hatte es ganz vergessen! Dein Vetter Gahmuret konnte dich doch nicht um dieser Heidin willen vom Pferde stechen!«

      Kaylet wurde bleich vor Zorn. »Ist es – ist es mein Vetter Gahmuret Anschewin? So muss ich ihn –«

      Hüteger erwischte ihn gerade noch am Mantel, als er davonstürzen wollte. »Lass ihn! Eines Tages wird er wieder zu Verstande kommen! Und die Sarazenin soll nicht darüber lachen, dass Verwandte sich ihretwillen entzweien!«

      »Du hast recht!«, gab Kaylet widerwillig zu. »Eines Tages werde ich ihm wieder begegnen. Aber jetzt wollen wir fort von hier! Ich habe es gründlich satt, jeden Morgen diese schwarzen Gesichter aus den Fenstern glotzen zu sehen!«

      Zur selben Stunde erhob sich droben in seinem Palast Herr Lachfilirost von seinem Lager und begab sich zum Schlafgemach seines Gastes, um ihn zu wecken. Aber als er den Vorhang zurückschlug, war das Schlafgemach leer und der Gast war fort. Dem Marschalk stieg es siedend heiß in den dicken Kopf. Hatte sich der Fremde heimlich aus dem Staub gemacht? Dann – dann wäre er selber ein geschlagener Mann! Denn die Königin hatte ihn gestern noch spät in der Nacht rufen lassen und ihm kurzerhand gesagt: »Der Franke gefällt mir! Ich will ihn zum Gemahl nehmen. Du haftest mir mit deinem Kopf für sein Wohlergehen und dafür, dass er den Palast nicht verlässt.«

      Er wusste, wenn die Königin so redete, war es stets bitterer Ernst, sogar für den unentbehrlichen Marschalk.

      Herr Lachfilirost rannte. Er rannte zum Stall hinunter und packte den erstbesten Pferdeknecht am Kittel. »Hast du den Frankenritter gesehen?«

      »Ja, Herr«, sagte der Knecht erschrocken. »Er kam in aller Frühe in den Stall, befahl mir, seinen Hengst zu satteln, und ritt fort!«

      Lachfilirost lief zum Tor. »Wo ist der Frankenritter?« Der Wächter erbleichte, als er das Gesicht des Marschalks sah. »Oh Herr, er kam ans Tor und gebot mir zu öffnen – dann ritt er fort in Richtung Meer…«

      Er hielt verdutzt inne: Der Marschalk hatte sich schon umgedreht und ging langsam mit gesenktem Kopf zur Burg zurück.

      Ja, nun half es nichts – er musste der Königin die üble Botschaft bringen, ob er wollte oder nicht!

      Belakane war nicht im Saal, aber er hörte sie draußen auf dem Altan reden. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und bemerkte ihn nicht: Sie sprach und lachte und schien sehr fröhlich. Nun, das würde sogleich ein Ende haben!

      »Frau Königin«, sagte er hastig, »verzeihe mir, aber der Frankenritter ist fort …« Er verstummte plötzlich: Denn in diesem Augenblick sah er Gahmuret. Belakane wandte sich überrascht um. Ein strahlendes Lächeln zog über ihr Gesicht. »Herr Marschalk, du siehst, dein Gast ist wieder zurückgekommen. Und während du noch schliefst,


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