CGM- und Insulinpumpenfibel. Ulrike Thurm

CGM- und Insulinpumpenfibel - Ulrike Thurm


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      Je nach Produktkategorie gelten verschiedene Regeln in der gesetzlichen Krankenversicherung:

      1.Kostenübernahme bis zweimal pro Jahr

      –Tragesysteme für Insulinpumpen (nur Original-Tragesysteme der Insulinpumpen-Hersteller!)

      2.Keine allgemeine Kostenübernahme, nur im Einzelfall / bei guter Begründung

      –Produkte zum Schutz vor Hautreizungen unter dem Pflaster

      –Folien, Klebevlies und Pflaster zur Fixierung von Sensoren, Pods und Infusionssets

      3.Keine Kostenübernahme

      –Textilien/Unterwäsche mit eingenähten Pumpentaschen

      –„Reine Dekorationsartikel“, z. B. Klebefolien für Insulinpumpen oder CGM-Sensoren

      –Mittel zur Hautdesinfektion oder Pflasterentferner, z. B. alkoholische Sprühlösungen, Alkoholtupfer

      –Armgurte zur Fixierung von Sensoren

      –(Kinesio-)Tapes zur Fixierung von Sensoren

       Praxis-Tipp: Zu wenig Insulinkatheter – was tun?

      Bekommen Sie von Ihrem Versandhändler/Leistungserbringer z. B. nicht genügen Insulinkatheter, da Sie mehr Katheter benötigen als vorgesehen? Das kann passieren, wenn die Krankenkasse den Leistungserbringer nach einer Pauschalvereinbarung bezahlt. In einem solchen Fall empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

      1.Nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Krankenkasse auf, um zu erfahren, wie viele z. B. Insulinkatheter Ihnen laut Versorgungsvertrag (geheim!) zustehen. Möglicherweise zeigt sich bereits an dieser Stelle, dass der Leistungserbringer Ihnen mehr Insulinkatheter schicken muss.

      2.Falls es so einfach noch nicht klappt: Lassen Sie sich von Ihrem Arzt bescheinigen, dass Sie aus medizinischen Gründen z. B. mehr Insulinkatheter/Pods benötigen als vom Hersteller vorgesehen.

      –Achten Sie darauf, dass das Attest plausibel ist – es müssen glaubhafte Gründe angeführt werden (z. B. Klebeprobleme, Allergieprobleme, Hygieneprobleme, sehr hoher Insulinbedarf bei Patch-Pumpe …). Eine gute Dokumentation von Patientenseite unterstützt ein solches Attest wirkungsvoll.

      –Ohne medizinische Begründung haben Sie keine Chance auf mehr Material bzw. müssen dies selbst bezahlen.

      3.Die Krankenkasse lässt den Fall möglicherweise vom Medizinischen Dienst (MDK) prüfen:

      –Ergibt die Prüfung, dass der Mehrbedarf medizinisch erforderlich ist, müssen Sie ausreichend viel Verbrauchsmaterial erhalten. Ob dieser auf Kosten der Krankenkasse oder auf Kosten des Versandhändlers geht (je nach Formulierung des geheimen Versorgungsvertrags) werden Sie meist nicht erfahren.

      –Ergibt die Prüfung, dass der Mehrbedarf medizinisch nicht erforderlich ist, können Sie Widerspruch einlegen (erneute Argumentation) oder den zusätzlichen Bedarf selbst bezahlen.

       2. Insulinpumpenschulung

       Wohlan! Werft um, reißt ein!Allein die Bildung sei jetzt allgemein –als wäre Bildung eine fert’ge Größe,die man, wie ins Gefäß den feinen Wein,ein Totes in ein Unlebend’ges gösse!Wie der die Bildung aufnimmt, sie erfaßt,das macht den fremden Geist in dir lebendig;das bunte Wissen, es vermehrt die Last,ein Tor ist, wer gelehrt und nicht verständig.Wollt ihr auf festem Grund das Neue bau’n,soll Welt und Mitwelt euch’s mit Danke lohnen,denn eurer Klugheit wollen wir vertrau’n,mit eurer Weisheit mögt ihr uns verschonen.

       Franz Grillparzer

      Nach Einführung der Insulinpumpentherapie in Deutschland in den 1980er-Jahren wurden alle Diabetiker, die mit einer Insulinpumpentherapie beginnen wollten, in ein spezialisiertes Pumpenzentrum stationär eingewiesen. Dort wurde die Therapieumstellung unter Krankenhaus-Bedingungen durchgeführt.

      Seit den 1990er-Jahren werden Insulinpumpenschulungen zunehmend ambulant durchgeführt. Ob das von Vor- oder Nachteil ist, wird von den unterschiedlichen Fraktionen (stationär oder ambulant arbeitenden Diabetesteams) verständlicherweise kontrovers diskutiert. Die Krankenkassen favorisieren aus Kostengründen meist eine ambulante Therapieumstellung oder -optimierung. Mittlerweile wird in Deutschland der Großteil der Insulinpumpenschulungen ambulant durchgeführt. Falls dies nicht möglich oder zielführend ist, kann weiterhin eine Einweisung in ein stationäres Pumpenzentrum erfolgen. Durch die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft in den vergangenen Jahrzehnten gibt es leider nicht mehr viele geeignete Zentren, sodass häufig längere Anreisen erforderlich sind.

      Unabhängig von der Art ihrer Durchführung gilt: Damit die Teilnehmer ihre Stoffwechseleinstellung dauerhaft verbessern können, muss eine Insulinpumpenschulung qualitativ hochwertig sein. Folgende Kriterien geben Aufschluss über die Qualität einer Pumpenschulung:

      Sorgfältige Auswahl der angehenden Pumpenträger (Indikationsstellung, siehe Kap. 1.6)

      Durchführung der Schulung durch ein auf die Insulinpumpentherapie spezialisiertes Diabetesteam

      Berücksichtigung aller relevanten Themen

      Individuelle Rücksichtnahme auf jeden einzelnen Teilnehmer, bei Bedarf auch Einzelarbeit

      Kompetente und strukturierte Nachbetreuung

       Praxis-Tipp: Erst technische Einweisung, dann Pumpenschulung

      Technische Einweisung

      Aufgabe des Insulinpumpen-Herstellers (laut Medizinproduktegesetz MPG). Wird teilweise an Versandhändler oder freie Mitarbeiter delegiert. Die technische Einweisung muss im Vorfeld der Insulinpumpenschulung stattfinden und versetzt den Anwender in die Lage, die Pumpe fehlerfrei zu bedienen („Trockenübung“).

       Insulinpumpenschulung

      Aufgabe des Diabetesteams (Diabetologe und Diabetesberatung). Die Pumpenschulung findet ambulant oder stationär in Einzel- oder Gruppenterminen statt. Eine Pumpenschulung begleitet den Anwender beim Start der Pumpentherapie und ist auch später bei Therapieproblemen sinnvoll. Eine Pumpenschulung soll den Anwender in die Lage versetzen, die Insulinpumpentherapie unter allen Alltagsbedingungen selbstständig durchzuführen und z. B. die Bolusfaktoren und die Basalrate bei Bedarf anzupassen.

      Die persönliche Ausgangssituation jedes zukünftigen Insulinpumpenträgers muss berücksichtigt werden („den Patienten da abholen, wo er steht“). Besonders für langjährige Diabetiker bedeutet die Umstellung auf eine Insulinpumpe nicht nur eine Veränderung der Insulinapplikationsart. Die neue Therapieform definiert jahrzehntelang gelebte Prinzipien und Lebensrhythmen neu! Ängste und Widerstände können das angestrebte Verhältnis erheblich blockieren. Deshalb muss sich das Diabetesteam vor und nach jeder Schulungseinheit vergewissern, dass alle Fragen und auch geheime Befürchtungen der Diabetiker geklärt wurden. Auf diese Art wird eine Atmosphäre von Vertrauen und Sicherheit geschaffen.

      Wird die Insulinpumpenschulung in Form einer mehrtägigen Gruppenschulung durchgeführt, ergeben sich einige spezifische Vorteile. Bei den Insulinpumpenkandidaten handelt es sich oft um Langzeit-Diabetiker, deren Diabetes jahrelang gut oder schlecht im Alltag nebenher lief. Vieles wird zur Gewohnheit, die ja, nach Einstein, die zweite Schwerkraft darstellt. Setzen sich diese Diabetiker


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