CGM- und Insulinpumpenfibel. Ulrike Thurm

CGM- und Insulinpumpenfibel - Ulrike Thurm


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Buch wird wie gewohnt durch einen Online-Anhang ergänzt, in dem wir bereits Platz für neue Pumpen-, CGM- und Closed-Loop-Systeme vorgesehen haben. So können wir Sie bis zur nächsten Auflage jederzeit technisch auf dem Laufenden halten.

      Die neue Auflage wurde komplett überarbeitet und hat fast 100 Seiten zugelegt. Abgesehen von umfangreichen technischen Aktualisierungen kam ein Kapitel zu den Abschaltfunktionen dazu, die Kapitel zu Insulinarten, Messgenauigkeit, Kalibrieren bzw. Blutzuckermessen, Hautproblemen und CGM-Statistik wurden komplett überarbeitet, die Informationen zur Kostenübernahme neu geschrieben, sämtliche Schulungsprogramme ersetzt, ein langer Erfahrungsbericht zum DIY-Loopen ergänzt u. v. m. Wir danken Claudia Sahm, Rosi Lohr, Saskia Wolf und Andreas Thomas für die tatkräftige Unterstützung.

      Die neue Auflage hat, wie bei uns als Autorenteam gewohnt, ihren Schwerpunkt in der ganz pragmatischen Vermittlung der neuen Schulungsinhalte, und wir hoffen sehr, dass unsere CGM- und Insulinpumpenfibel dazu beiträgt, den Umgang mit der so rasant fortschreitenden Diabetes-Technologie im Leben und in der Arbeit deutlich zu erleichtern.

      Ulrike Thurm und Bernhard Gehr

       Teil 1Insulinpumpenfibel

       Ja! Diesem Sinne bin ich ganz ergeben Dies ist der Weisheit letzter Schluss Nur der verdient die Freiheit wie das Leben Der täglich sie erobern muss.

       J. W. von Goethe

       1. Vorbemerkungen zur Insulinpumpentherapie (CSII[1])

      Oft haben Diabetiker unrealistische Vorstellungen davon, was eine Insulinpumpe leisten kann. Die Insulinpumpe ist keine künstliche Bauchspeicheldrüse, die ohne eigenes Zutun den Diabetes „heilt“!

      Eine Insulinpumpe ist zunächst nicht mehr als ein perfektioniertes Insulindosiergerät. Der große Vorteil für den gut informierten und geschulten Diabetiker liegt darin, dass er mit der Pumpe in allen Lebenslagen einfacher eine stabile und normnahe Stoffwechseleinstellung erreichen kann. Darüber hinaus berichten die Pumpenträger übereinstimmend, dass sich ihre Lebensqualität verbesserte und dass sie sich körperlich und psychisch wohler fühlen als zu Zeiten einer Injektionstherapie (intensivierte konventionelle Insulintherapie, ICT). Diese Vorteile stellen sich aber nur ein, wenn sich der Diabetiker aktiv und dauerhaft mit dieser Therapieform auseinandersetzt.

      Bevor sich ein Diabetiker für die Insulinpumpentherapie entscheidet, sollte er sich ausführlich darüber informieren. Dann sollte im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs mit einem insulinpumpenerfahrenen Diabetesteam geklärt werden,

      welche individuellen Zielvorstellungen der Diabetiker an diese Therapieform knüpft,

      welche Vorteile im Einzelfall von der Insulinpumpentherapie zu erwarten sind,

      welche Hoffnungen vielleicht unrealistisch sind und nicht erfüllt werden können und

      welchen zusätzlichen Aufwand diese Behandlungsform erfordert.

       1.1 Was hat das Interesse für die Insulinpumpentherapie geweckt?

      „Denke wie eine Bauchspeicheldrüse!“ – Mit der Insulinpumpentherapie kann dieser Vorsatz auch erfolgreich in die Tat umgesetzt werden. Keine andere derzeitige Therapieform ermöglicht es insulinpflichtigen Diabetikern besser, die natürliche Insulinabgabe nachzuahmen.

      Abb. 1: Entwicklung der Zahl der Insulinpumpenträger in Deutschland seit 1992 [3]. Aktuell ist die Zahl auf ca. 60.000 gestiegen (Stand 2019).

      Ohne Zweifel ist „die Pumpe“ für Typ-1-Diabetiker, die mit dieser Therapieform zurechtkommen, die optimale Behandlungsform. Seit 1978 das erste noch etwas unhandliche Pumpenmodell auf den Markt kam[2], nimmt die Zahl der Insulinpumpenträger täglich zu (Abb. 1). Aktuell leben in Deutschland ca. 60.000 Diabetiker mit einer Insulinpumpe, das entspricht 15 bis 20 Prozent aller Typ-1-Diabetiker. Bemerkenswert ist die seit der Jahrtausendwende stark zunehmende Verbreitung der Insulinpumpentherapie in der Kinderdiabetologie. Mehr als 15.000 Kinder und Jugendliche mit Diabetes tragen derzeit eine Insulinpumpe, d. h. jeder zweite Patient unter 21 Jahren. Zur absoluten Standardtherapie wurde die Pumpentherapie für die Kleinkinder unter 5 Jahren, die mittlerweile zu über 90 Prozent mit Insulinpumpen behandelt werden (siehe Kap. 9.1).

      Die modernen Insulinpumpen sind klein, passen in (fast) jede Hosentasche oder lassen sich an anderer Stelle am Körper verstecken. Sie können problemlos auch von Kindern getragen werden, bieten eine große Funktionsvielfalt und sind einfach zu bedienen. Das macht die Pumpentherapie heute sehr komfortabel, aber der Schlüssel zu einem optimalen Therapieergebnis ist nicht in einem technischen Gerät zu finden, sondern an komplett anderer Stelle: im Kopf!

      Nur ein gut informierter und geschulter Diabetiker, der engmaschig betreut wird, kann das Potenzial der Pumpentherapie optimal nutzen.

      Ist die Insulinpumpentherapie den im Vergleich zur ICT größeren Aufwand und die höheren Kosten wirklich wert? Die Antwort ist „Ja“. Mittlerweile ist wissenschaftlich zweifelsfrei belegt, dass die Insulinpumpentherapie bei geeigneten Patienten in fast allen Gesichtspunkten der ICT überlegen ist:

       Die Insulinpumpentherapie ermöglicht eine stabilere und bessere Stoffwechsellage.

      Solange es keine endgültige Heilung dieser Stoffwechselerkrankung gibt, schwebt das „Damoklesschwert“ der Folgeerkrankungen (diabetische Augen-, Nieren- und Nervenerkrankung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc.) weiterhin über den Diabetikern. Die einzige Möglichkeit, das Auftreten von Folgeerkrankungen zu verhindern oder zu verzögern, ist bekanntlich eine möglichst normnahe Stoffwechseleinstellung. Deshalb sollte das Hauptaugenmerk der Diabetiker und Therapeuten eben darauf liegen.

      Derzeit wird die Güte der Stoffwechselkontrolle am HbA1c-Wert festgemacht. Dieser repräsentiert den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 2 – 3 Monate. Eine Aussage über die täglichen Stoffwechselschwankungen lässt dieser Parameter nicht zu. Therapieziel ist derzeit das Erreichen eines möglichst niedrigen HbA1c-Wertes (im Normbereich für Stoffwechselgesunde), solange es dadurch nicht zu häufigen Hypoglykämien kommt (siehe Kap. nächster Unterpunkt). Bei erhöhten HbA1c-Werten steigt das Risiko für die Entwicklung diabetischer Folgeerkrankungen dramatisch an (siehe Abb. 2).

      Abb. 2: Relatives Risiko (RR) für das Fortschreiten der verschiedenen diabetischen Folgeerkrankungen in Abhängigkeit vom HbA1c-Wert. Als Bezugspunkt wurde ein HbA1c-Wert von 6 Prozent gewählt (RR=1). Unabhängig vom Ausgangswert verringert eine Verbesserung der Stoffwechselkontrolle das Risiko für diabetesbedingte Komplikationen.[7] Die Fachbegriffe werden im Glossar erläutert.

      Abb. 3: Verlauf der HbA1c-Werte im Rahmen einer randomisierten klinischen Studie an 32 Typ-1-Diabetikern über einen Zeitraum von 16 Wochen. Eine Gruppe wechselte von der ICT auf die Insulinpumpentherapie (CSII), die Kontrollgruppe blieb bei der ICT. In der Insulinpumpen-Gruppe kam es zu einer signifikanten und anhaltenden Verbesserung des HbA1c-Wertes von durchschnittlich 8,1 auf 7,2 Prozent, in der ICT-Gruppe gab


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