Praxisbuch Wetter- und Nachtfotografie. Daan Schoonhoven

Praxisbuch Wetter- und Nachtfotografie - Daan Schoonhoven


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der Wetterfotografie müssen Sie auf vieles achten: Ihr Hauptmotiv, den Bildausschnitt, die Komposition mit Vorder- und Hintergrund. Dabei kommen die Bildränder häufig zu kurz, sodass Bildelemente dort oft unvorteilhaft abgeschnitten werden. Denken Sie hier nur an eine Baumreihe oder eine aufgetürmte Wolke, wo ein unglücklicher Anschnitt dem Bild viel von seiner Aussagekraft raubt. Das heißt nun allerdings nicht, dass alle Bildelemente immer vollständig im Bildausschnitt sein müssen. Selbstverständlich können Sie Bildelemente bewusst anschneiden, um sie auf diese Weise extra zu betonen. Natürlich sollten Sie die Bildkomposition so gut es geht vor Ort vornehmen, doch kann es sich lohnen, zusätzlich ein Stückchen zurückzuzoomen oder Platz zu lassen. Auf dem heimischen Bildschirm sieht man häufig besser, was funktioniert und was nicht. Dann ist es einfacher, noch etwas wegzuschneiden als sich zu wünschen, man möge doch noch etwas hinzufügen können.

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       Diese Wolke wurde bewusst angeschnitten, um deren kräftige Form zu betonen. | Strand bei Ouwerkerk, Schouwen-Duiveland | 08.02.2014, 17:35 Uhr | Nel Ringelberg | Sony Alpha 77, Zeiss ZA Vario-Sonnar T* 16 – 80 mm 1:3,5 – 4,5 DT bei 16 mm, 1/100 s, Blende 11, ISO 100

       1.3.5Weitere Tipps für eindrucksvolle Bildkompositionen

      Neben den zuvor beschriebenen Kompositionsregeln und Hinweisen bei der Wahl des Bildausschnitts gibt es noch weitere Dinge, die ein Foto ansprechender machen können:

       Fotos mit hohem Motivkontrast, wie etwa eine sonnenbeschienene Landschaft vor bedrohlichen Wolken, wirken lebendig. Bei wenig Kontrast wie etwa bei einem nebligen Morgen bekommt man eine ruhigere, verträumte Bildstimmung.

       Die Farben haben einen enormen Einfluss auf den Charakter eines Fotos. Blau verbinden wir mit Kälte und Ruhe, Rot regt an, kann aber auch bedrohlich wirken, Grün gibt Frische und Gelb ist mit Sommer und Herbst assoziiert. Farben kommen bei viel Farbkontrast am deutlichsten zur Geltung, also wenn sie sich im Farbkreis gegenüberstehen (Grün und Rot, Violett und Gelb). Schwache Farben verleihen dem Foto eine ruhigere, introvertierte Stimmung.

       Wenn sich ein Bildelement rhythmisch wiederholt, gibt das dem Foto Ruhe. In der Wetterfotografie können das Strahlenkränze um die Sonne sein oder sich scheinbar unendlich fortsetzende Wolkenreihen.

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       Rhythmus und sanfte Kontraste geben dieser Bildkomposition ein Gefühl von Ruhe. | Maasbree | 20.08.2013, 6:36 Uhr | Bob Luijks | Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 70 – 200 mm 1:2,8 L IS II USM bei 200 mm, 1/200 s, Blende 8, ISO 200

       1.3.6Absichtliche Kamerabewegungen und Mehrfachbelichtungen

      Normalerweise arbeitet man mit dem Stativ, um jede Kamerabewegung zu vermeiden. So mutet es vielleicht fremdartig an, wenn man die Kamera während der Belichtung aktiv bewegen will. Dadurch wird die Wirklichkeit durch einen persönlichen künstlerischen Ansatz verfremdet. Sie können die Kamera während der Belichtung horizontal oder vertikal bewegen oder auch drehen. Alternativ können Sie die auf dem Stativ montierte Kamera auch durch einen Schlag gegen das Stativ in Schwingung versetzen.

      Eine weitere kreative Aufnahmetechnik ist die der Mehrfachbelichtung. Viele moderne Digitalkameras bieten diese Funktion an. Bei der Mehrfachbelichtung machen Sie zwei (oder mehr) Belichtungen völlig unterschiedlicher Motive oder mehrere Belichtungen desselben Motivs mit unterschiedlichen Schärfeeinstellungen, die aufeinandergestapelt in der derselben Datei gespeichert werden.

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       Zwei Aufnahmen derselben Landschaft. Links die normale Aufnahme, rechts durch Bewegung der Kamera verfremdet und in Schwarzweiß konvertiert. Ellertshaar | 31.12.2009, 13:28 Uhr | Karin Broekhuijsen | Canon EOS 5D Mk II mit Canon EF 24 – 70 mm 1:2,8 L USM bei 59 mm | links: 1/80 s, Blende 7,1, ISO 200 | rechts: 1/30 s, Blende 11, ISO 200

       Mein persönliches Verhältnis zum Nebel

       Text und Fotos: Bob Luijks

      Es gibt halt diejenigen Wetterphänomene, die einem das Herz höherschlagen lassen. Bei mir ist das neben dem Schnee der Nebel; ob das nun ein leichter Bodennebel oder richtig dicke Suppe ist. Der Nebel gibt der Landschaft eine tiefe Ruhe, weil vieles von dem Durcheinander, was sie sonst so prägt, darin verschluckt wird. Gleichzeitig wirkt der Nebel geheimnisvoll, weil man nicht mehr alles überblicken kann.

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      Verfremdung durch Licht und Schatten. Diese Hainbuche ist recht klein dargestellt, wobei das Licht der Taschenlampe stark gebündelt ist. | Gulpen | 16.11.2013, 1:23 Uhr | Bob Luijks | Canon EOS 5D Mk III mit Canon EF 24 – 70 mm 1:2,8 bei 70 mm, 6 s, Blende 8, ISO 200, Stativ, LED-Taschenlampe.

      Sobald bei Nebel die Sonne aufgeht, wird alles in einen farbigen Schleier gehüllt. Steht dann noch ein Baum dazwischen, entsteht ein interessantes Lichtspiel mit Strahlenbündeln, die den Nebel zerspalten. Ich hatte vor, dieses Lichtspiel einmal bei Dunkelheit mit einer starken Taschenlampe selbst zu erzeugen.

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      Durch den nächtlichen Einsatz einer Taschenlampe im Nebel bekommt diese Gruppe von Hainbuchen geheimnisvolle Krallen, die aus dem Boden ragen. | Gulpen | 16.11.2013, 1:43 Uhr | Bob Luijks | Canon EOS 5D Mk III mit Canon EF 24 – 70 mm 1:2,8 bei 24 mm, 5 s, Blende 9, ISO 200, Stativ, LED-Taschenlampe.

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       Ein Riesenschirmling auf ganz andere Weise dargestellt, mit Taschenlampe an einem kalten, nebligen Morgen. | Weert | 08.10.2013, 7:07 Uhr | Canon EOS 5D Mk III, Sigma 105 mm 1:2,8 EX DG Macro, 1/125 s, Blende 2,8, ISO 800, LED-Taschenlampe

      Im Sommer hatte ich mir in Süd-Limburg eine Gruppe ungewöhnlicher Hainbuchen gemerkt. Halb verfallen wirkten sie wie mysteriöse Wesen, die ihre Tentakel gen Himmel streckten. Im Sommer zeigten sich diese Bäume nicht von ihrer interessantesten Seite. Doch bei Nebel wäre dies gewiss ganz anders und so wanderten diese Hainbuchen ganz oben auf meine Liste der bei Nebel zu fotografierenden Objekte. Das Warten auf die erwünschten Bedingungen konnte beginnen. Stehen die Chancen auf dichten Nebel gut, nehme ich Smartphone oder Tablet mit ans Bett. Meinen Wecker stelle ich dann auf eine Stunde früher. So geschah es auch in der besagten Herbstnacht. Kurz vor dem Schlafengehen betrug die Sicht in Süd-Limburg noch mehrere Kilometer, wobei es an einigen Stellen bereits recht neblig war. Ich lag noch nicht ganz im Bett, als die Sicht bereits unter einhundert Meter gefallen war. Meine Sachen (Kamera, Taschenlampe und zwei Stative) lagen bereits griffbereit, sodass ich am folgenden Morgen schnell aufbrechen konnte. Auf der halbstündigen Fahrt war der Nebel entsprechend dicht. Am Ziel angekommen, stellte ich auf einem Stativ die Taschenlampe hinter den Hainbuchen auf. Durch ihren außergewöhnlichen Wuchs und das Gegenlicht wirkten sie noch geheimnisvoller als ohnehin schon.

      Einige Wochen später sichtete ich auf einer Weide viele Riesenschirmlinge. In diesem Fall wollte ich mehr als nur den x-ten Pilz mit schönem, unscharfem Hintergrund. An mehreren Abenden lag ich auf dem Bauch, um diese Pilze als Silhouette oder unter dem Sternenhimmel zu fotografieren. Auch bei einem aufkommenden Wolkenbruch zog ich dorthin los. Die Wassermenge enttäuschte, der Wind hingegen nicht, sodass ich mehr mit dem Bändigen des Regenschirms befasst war als mit dem Fotografieren selbst. Trotz all dieser Bemühungen war mein Idealbild noch nicht dabei gewesen. Als dann eine kalte Nacht vorhergesagt wurde, verlegte


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