Öffne dein Herz. Hanna Berghoff

Öffne dein Herz - Hanna Berghoff


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Getränke im Schrank.«

      »Und das in einem Bierland wie Bayern?«, fragte Melanie etwas neckend.

      »Das heißt ja nicht, dass wir alle ständig einen Maßkrug nach dem anderen leeren müssen«, verteidigte Jana sich und schaute kurz zum Stammtisch hinüber.

      »Natürlich nicht.« Melanie wirkte immer noch etwas verlegen, wie auch zuvor schon, als sie so herumgestammelt hatte. Was gar nicht zu ihr passte.

      Aber Jana erinnerte sich, auch auf dem Bauernhof hatte Melanie da schon so ihre Momente gehabt. Und Jana wusste auch ganz genau, warum. Sie hatte die Spannung zwischen ihnen beiden gespürt.

      Stand Melanie auf Frauen, oder war es nur ihre Aufgabe hier, die sie Jana vielleicht sogar misstrauisch betrachten ließ? Dachte sie, sie hätte den Bauernhof in Brand gesteckt?

      Was sonst konnte eine Versicherungsdetektivin hier wollen? Sie untersuchte, ob Babetts Anspruch, die Versicherung ausgezahlt zu bekommen, gerechtfertigt war.

      Nach allem, was Nicky erzählt hatte, war Jana da selbst etwas misstrauisch. Aber das würde sie Melanie bestimmt nicht sagen.

      »Es gibt Leberknödelsuppe zum Nachtessen heute für unsere Pensionsgäste«, verkündete Zenzi in diesem Moment, während sie einen Bierdeckel vor Melanie auf den Tisch legte und ein Pilsglas daraufstellte. »Oder möchten Sie etwas anderes? Sie sind ja nicht von hier.« Fragend blickte sie Melanie an.

      Für einen Moment schien Melanie etwas verdutzt.

      Jana konnte sich nicht zurückhalten, weil bei Melanies leicht überfordertem Anblick regelrechtes Vergnügen in ihr aufstieg und die zuvor etwas nachdenkliche Stimmung vertrieb. Fast schon lachend sagte sie: »Haben Sie schon einmal Leberknödel gegessen?«

      »Nein.« Melanie schüttelte den Kopf. »Noch nie.«

      »Aber Sie sind nicht eine von diesen . . .«, Zenzis Stirn runzelte sich heftig, während sie über das Wort nachdachte, »Veschanen aus der Stadt, oder?«, erkundigte sie sich besorgt. »Tut mir leid. Ich habe gar nicht gefragt.« Sie zuckte die Schultern. »Ist bei uns nicht so üblich.«

      Diesmal schlich sich ein Schmunzeln auf Melanies Gesicht, als sie erneut verneinte. »Ich bin keine Veganerin. Nur Leberknödel kenne ich nicht. Das ist doch sehr . . . süddeutsch.«

      »Ja, gewiss.« Zenzi nickte. »Deshalb können Sie auch etwas anderes aus unserer Karte haben, wenn Sie möchten.« Sie wollte schon zur Theke gehen, um eine Karte zu holen.

      »Nein, nein.« Schnell hob Melanie eine Hand, um sie aufzuhalten. »Sie müssen jetzt nichts Spezielles für mich machen. Ich probiere gern die Leberknödelsuppe. Man soll immer offen für Neues sein.« Ihre Mundwinkel zuckten.

      Jana beobachtete Melanie während dieser kleinen Unterhaltung mit Zenzi interessiert. Sie schien jetzt wesentlich entspannter zu sein als noch auf dem Bauernhof. Überhaupt schien Zenzi sie deutlich mehr zu entspannen als Jana.

      Doch Jana wusste immer noch nicht, worauf das hindeutete. Sie hatte da ganz eindeutig etwas gespürt, eine Art Interesse. Melanies Blicke hatten sich kaum von ihr abwenden können. Aber war es wirklich das, was sie vermutete?

      Innerlich seufzte sie. Auf jeden Fall würde es passen. Hier im Ort hatte sie außer Ritva damals noch nie eine Freundin gefunden. Es waren immer Frauen von außerhalb gewesen. Die dann wieder weggingen. So wie Melanie weggehen würde. Fühlte sie sich deshalb so zu ihr hingezogen? Weil es in ihr übliches Muster passte?

      Nur hatte sie sich dieses Muster nicht ausgesucht. Das erste Mal, als sie nach München gefahren war, um dort in ein Frauenlokal zu gehen, hatte sie tatsächlich noch gehofft, jemanden für eine richtige Beziehung kennenzulernen. Und sie hatte auch eine Frau kennengelernt. Aber obwohl es nicht so weit bis München war, war es doch nur eine Fernbeziehung gewesen. Und die hatte nicht gehalten.

      Die nächste Frau war wie Melanie ins Dorf gekommen. Doch nicht, um hier irgendetwas zu untersuchen oder zu arbeiten, sondern um Urlaub zu machen. Und das war es dann für sie wohl auch mit Jana nur gewesen: ein Urlaub. Das Ganze hatte gerade so lange gedauert, wie auch der Urlaub von Sibylle dauerte, drei Wochen.

      Obwohl das nicht das war, was Jana wollte, wusste sie nicht, wie sie es anders machen sollte. Die einzige andere Frau hier, von der sie wusste, dass sie auf Frauen stand, war Nicky. Und Nicky war zwar ihre beste Freundin, aber für mehr kam sie nicht in Frage.

      Also blieb ihr nur übrig, entweder selbst irgendwohin zu fahren, wo sie jemanden kennenlernen konnte, oder dass jemand hierherkam. Was sollte sie machen? Aber langsam kam sie sich schon vor wie einer von diesen Skilehrern – oder vielleicht auch Skilehrerinnen –, die während der Saison ein Gspusi nach dem anderen hatten und keinem eine Träne nachweinten.

      So war es für sie jedoch nicht. Auch nach kurzer Zeit war der Trennungsschmerz jedes Mal sehr groß. Insbesondere wenn sie sich verliebt hatte. Bei Sibylle war das sehr schlimm gewesen. Deshalb hätte sie solche Erfahrungen in Zukunft lieber vermieden.

      Während Melanie noch zur Theke blickte, hinter der Zenzi in die Küche verschwunden war, musterte Jana sie eindringlich. Sie wollte sich nicht mehr auf solche kurzen Sachen einlassen. Sie konnte das einfach nicht. In ihrem Herzen wünschte sie sich eine Frau, mit der sie auf lange Zeit zusammenbleiben konnte, für immer am liebsten. Nicht nur für eine Nacht oder ein paar Wochen.

      »Ich komme Ihnen wohl sehr merkwürdig vor«, bemerkte Melanie in diesem Moment.

      Jana zuckte fast etwas zusammen. Obwohl sie Melanie betrachtet hatte, waren ihre Gedanken so abgeschweift, dass sie überhaupt nicht damit gerechnet hatte, dass sie sie ansprechen könnte. Sie räusperte sich. »Nein, gar nicht«, widersprach sie. »Warum sollten Sie das?«

      Melanies Mundwinkel zuckten. »Weil ich nicht von hier bin. Das haben Sie schon erwähnt, als wir uns das erste Mal auf dem Bauernhof getroffen haben. Und Ihre Cousine jetzt wieder. Es scheint hier etwas sehr Ungewöhnliches zu sein.«

      »Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, ist das hier ein Dorf. Auch wenn es sich große Kreisstadt nennt.« Jana konnte auch ihre Mundwinkel nicht von einer ähnlichen Bewegung wie bei denen von Melanie abhalten. »Es kommen in der Saison eine ganze Menge Touristen hierher, aber die Leute, die ständig hier wohnen, sind nicht so viele. Wir kennen uns alle. Und jeder, der nur für kurze Zeit hierherkommt, ist ein Fremder.«

      Ein nachdenkliches Nicken ließ Melanies Kopf etwas auf und ab wippen. »Ich muss aber ein paar Leute befragen. Denken Sie denn, die werden überhaupt mit mir reden? Wo ich ihnen so fremd bin?«

      Jana überlegte kurz und schürzte dabei ihre Lippen. »Wie gesagt, wir sind hier Touristen gewöhnt«, meinte sie mit gerunzelter Stirn. »Aber die führen normalerweise natürlich keine Befragungen durch.«

      Fast etwas amüsiert lachte Melanie auf. »Das ist nicht gerade eine direkte Antwort.«

      »Eine bessere kann ich Ihnen nicht geben.« Ebenfalls leicht amüsiert schüttelte Jana den Kopf. »Ich stecke auch nicht in meinen Nachbarn drin.«

      »Sie würden nicht vielleicht . . .« Melanie brach ab und räusperte sich. »Sie können sich nicht vielleicht vorstellen, mir bei den Befragungen zu helfen? Sie sind von hier und wahrscheinlich mit dem halben Dorf verwandt. Sie sind keine Fremde. Da werden die Leute vielleicht offener.«

      Das war für Jana eine etwas überraschende Bitte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und sie wusste nicht sofort, was sie darauf antworten sollte. »Ähm . . . Ich arbeite den ganzen Tag«, erwiderte sie zögernd.

      Gleichzeitig raste so etwas wie ein Hochgeschwindigkeitszug durch ihre Brust. Was hatte diese Bitte von Melanie zu bedeuten? Ging es ihr nur um die Arbeit, oder ging es ihr darum, mehr Zeit mit Jana zu verbringen? Jana jagte allein die Vorstellung, dass sie dann vielleicht stundenlang mit Melanie zusammen sein würde, heiße Schauer den Rücken hinunter.

      »Entschuldigung.« Melanie hob die Hände und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Das ist zu viel verlangt. Ich möchte hier nur so schnell wie möglich fertig werden.« Sie warf kurz einen Blick zum Stammtisch hinüber, an dem die Honoratioren


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