Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband. Katharina Wolf

Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband - Katharina Wolf


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Blicke von Sebastian und Hiro bemerkte, die aufmunternd und freundlich waren, legten sich auch meine Arme um die zierliche Gestalt, deren ganzer Körper vom Weinen bebte. Sie ging einen Schritt zurück, wischte sich noch einige vereinzelte Tränen aus den Augenwinkeln und lachte mich an. Ich hatte ihr Lächeln vermisst. Wir hatten uns vier Jahre nicht gesehen und, Gott ... Diese Frau hatte mir gefehlt. Vor allem in der Anfangszeit.

      Nach dem wenig erfreulichen Zusammentreffen zwischen Fernanda und mir hatte ich nicht sofort aufgegeben. Ich hatte versucht, über Sebastian und Bianca an Jan ranzukommen, da dieser es tunlichst vermied, an sein Handy zu gehen oder auf Nachrichten zu antworten. Aber irgendwann sah ich ein, dass es zu spät war. Jan würde mir nicht verzeihen. Es würde nicht alles wieder gut werden. Also ging ich. Ich startete den hoffnungslosen Versuch, neu zu beginnen.

      Und doch war ich wieder zurückgekommen.

      »Oh Gott, Nora, du bist hier.« Bianca schaute vorwurfsvoll zu ihrem jüngsten Sohn und schlug ihm hart auf den Oberarm. »Du hättest mich ruhig vorwarnen können.«

      »Ich wollte dich überraschen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du gleich einen Nervenzusammenbruch bekommen würdest.« Nun lachten wir alle, wenn auch noch etwas verlegen und zurückhaltend. Außer Sebastian, dessen schallendes Organ alle übertönte.

      »Mensch Nora, auf der Straße hätte ich dich wahrscheinlich gar nicht erkannt. So schlank und deine Haare ...«

      »Das war auch das Erste, was ich ihr am Bahnhof gesagt habe. Wahnsinn, oder?« Ich rollte mit den Augen. War der Unterschied wirklich so krass? Das war mir gar nicht so aufgefallen. Es war ja keine beabsichtigte Veränderung. Okay, ich hatte tatsächlich weniger gegessen. Hatte ganz einfach keinen großen Appetit mehr gehabt. Und beim Friseur war ich auch schon Ewigkeiten nicht mehr gewesen. Aber für solchen Luxus hatte ich ja auch nie Geld.

      Bevor ich etwas entgegnen konnte, kehrte der Konditor mit einem Tablett mit fünf Tassen Kaffee sowie einer Kanne Milch und einer kleinen Zuckerdose zurück.

      »Ah, wie ich sehe, sind wir vollzählig. Dann hole ich mal die Torten.«

      Daraufhin folgten zwei sehr kalorienreiche Stunden. Jürgen zeigte uns diverse Fotoalben mit kunstvoll verzierten Torten in allen Größen und Formen. Riesige Herzen, kleine Herzen, Blumen, Fußbälle und sogar Katzen. Was sich manche Leute als Hochzeitstorte wünschten, war teilweise schon sehr eigen.

      Dazu probierten wir Erdbeertorte, Schokotorte, etwas, das nach Karamell schmeckte, viel zu viel Buttercreme und noch so einiges anderes, sodass ich die süßen Speisen am Ende gar nicht mehr auseinanderhalten konnte. Sebastian diskutierte mit Bianca über die verschiedenen Sorten, Farben und Formen. Hiro nickte ab und an bestätigend. Er hatte die Planung wohl des Hausfriedens wegen hauptsächlich an Sebastian übergeben. Ich grinste in mich hinein. Sebastian hatte den perfekten Partner für sich gefunden. Einen hübschen Kerl, der im richtigen Moment Kontra gab und die restliche Zeit über Sebastians Meinung war.

      Vielleicht würde ich ja auch irgendwann wieder einen Partner haben. Jemanden, der zu mir passte. Der meine Macken akzeptierte. Der mir wieder einen Lebenssinn geben konnte. Der mich liebte und den ich lieben konnte. Das würde ein hartes Stück Arbeit werden, denn ich hatte in den letzten Jahren bemerkt, dass ich es nicht mehr konnte. Ich hatte das Lieben verlernt. Ich hatte ganz einfach vergessen, wie es funktionierte und sich anfühlte. Das war schon irgendwie traurig.

      Vor der Konditorei verabschiedeten wir uns von Bianca, die in eine andere Richtung musste. Sebastian bedankte sich tausend Mal bei seiner Mutter für den Beistand und betonte dabei auch immer wieder, dass er ohne ihre Hilfe völlig aufgeschmissen gewesen wäre.

      »Nora scheint das Essen aufgegeben zu haben und mein Mann ist in sowas auch nicht gerade die beste Beratung, falls du das noch nicht bemerkt haben solltest.« Er zwinkerte seine Mutter verschwörerisch zu, drehte sich dann aber sofort zu Hiro, um ihm einen beschwichtigenden Kuss auf die Wange zu hauchen.

      »Ich liebe dich trotzdem«, flüsterte er ihm ganz leise zu. Dennoch konnte ich es hören und wurde rot. Warum eigentlich? Die beiden machten mich verlegen. Ich trat ein paar kleine Steinchen vor mir her und hatte die Hände verschämt in den Hosentaschen vergraben.

      »Nora?« Ich schaute auf zu Bianca und lächelte sie an. »Es war so schön, dich wieder zu sehen.«

      »Ja«, gab ich kleinlaut zurück. Ich hatte mich auch gefreut, obwohl etwas anderes überwog. Der Schmerz. Bianca war wie eine Mutter für mich gewesen. Eine Konstante in meinem Leben. Eine ganz wichtige Bezugsperson. Ich hatte vor vier Jahren nicht nur Jan verloren, meine große Liebe, sondern auch sie. Bianca kam auf mich zu und nahm mich in die Arme. Ganz fest. Ich genoss es und atmete tief ein. Sie roch immer noch wie früher. Nach Weichspüler, Shampoo und ein wenig nach Zimt-Duftkerzen. Es war so vertraut ... Wie sehr ich ihre Umarmungen in den vergangenen Monaten und Jahren gebraucht hätte.

      »Du hast gefehlt. Zum Glück bist du wieder da«, flüsterte sie mir ins Ohr und schaffte es so, dass mein Herz zu rasen begann.

      Ich hatte gefehlt? Wem? Ihr? Oder womöglich doch ihm? Nein, bleib bloß weg, Hoffnung! Ich brauche dich nicht! Du machst alles nur noch schlimmer.

      Wiedersehen

      »Könntest du mir einen Gefallen tun und dich heute Abend nicht komplett abschießen?« Sebastian schaute mich flehend an. Wir saßen am Frühstückstisch und ich beschmierte gerade eine Scheibe Toastbrot dick mit Nutella.

      »Kann ich nicht einfach zu Hause bleiben? Ich habe sowas von keine Lust.«

      »Nora!« Sebastian baute sich bedrohlich vor mir auf. »Seit Tagen sitzt du in deinem Zimmer und tust nichts.« So ganz stimmte das nun auch wieder nicht. Er übertrieb maßlos.

      »Ich lese.«

      »Du tust nichts! Das geht nicht!«

      »Ich hab nun mal keine Lust auf Party.«

      »Das ist ein Club, in dem wir gemütlich was trinken und uns eine Band anhören. Fertig. Es wird auch nicht spät werden.«

      Ich verdrehte die Augen.

      »Und du wirst keinen Alkohol trinken!« Ja, das würde mich bestimmt überzeugen ...

      Als sich Sebastian an der Küchentheke wieder dem Toaster zuwandte, beugte sich Hiroki zu mir rüber. Ich schaute ihn skeptisch an.

      »Und lass auch die Finger von dem anderen Zeug«, flüsterte er mir verschwörerisch zu und starrte mich mit strengen Augen an.

      »Jaja«, gab ich leise und resignierend zurück. Was blieb mir anderes übrig. Erstens hatte ich nichts und zweitens würde es zu einer Katastrophe kommen, wenn Hiro mich bei Sebastian verpfeifen würde. Der würde mit Sicherheit einen Tobsuchtsanfall bekommen.

      »Nora, jetzt im Ernst, ich brauche heute Abend deinen Verstand, und zwar komplett und klar. Im Velvet spielt diese eine Band. Chocolate Life heißen die.«

      »Sehr sympathisch, der Name«, konterte ich und biss ein weiteres Mal in mein Nutellabrot.

      »Finde ich auch, und die sollen richtig gut sein. Aber bevor ich die engagiere, möchte ich sie erst mal live hören, und ich brauche deine Meinung.«

      »Jaja, ich werde da sein und konzentriert lauschen. Dabei werde ich höchstens eine Coke trinken.«

      »Gut so!« Er nickte mir zufrieden zu und tätschelte mir wie einem Hund den Kopf. Ich brummte leicht angesäuert. Wer war ich denn? »Außerdem machst du dich für heute mal so richtig schick.«

      »Och Sebastian, warum das denn?«

      »Weil, ganz einfach! Du siehst aus wie eine von den Flodders!«

      Ich schaute an mir herab. Graue Jogginghose, T-Shirt mit Loch am Saum und irgendeinem weißen Fleck auf der Brust, von dem ich stark hoffte, dass es sich um Zahnpasta handelte.

      Ich brummte noch mal, nahm den letzten Bissen und spülte mit Kaffee nach. Der Abend würde bestimmt grandios werden. Nicht.

      Ich war jetzt schon


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