Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband. Katharina Wolf

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»Wir müssen dann die Gläser befüllen, beschriften und verzieren.«

      »Ich habe keine Ahnung, wie man Marmelade macht.«

      »Das mach ich! Du kümmerst dich darum.« Sein Finger kreiste über den Bastelutensilien.

      Ich seufzte und schaute zu Hiroki hinüber.

      Er ignorierte mich.

      Danke auch!

      Einige Stunden später waren alle Gläser befüllt und mit den dazugehörigen Etiketten versehen. Es gab Apfel-Honig-Marmelade, Quittenmarmelade und Zwetschgenmarmelade mit reichlich Rotwein.

      Die ganze Küche roch verboten gut. Eine Mischung aus Weihnachtsmarkt und Süßwarenladen. Nun bestand unsere Aufgabe darin, wild mit Glitzersteinchen um uns zu werfen und flauschige, herzförmige Sticker überall draufzukleben. Sebastians Gesicht glitzerte jetzt schon wie eine Diskokugel. Ich wollte gar nicht wissen, wie ich aussah. Überhaupt war mir aufgefallen, dass Sebastian sich viel mehr für solche Dinge interessierte als früher. Damit meinte ich diesen pinken Deko-Glitzer-Plüsch-Kram. Oder vielleicht war das auch einfach eine Seite an ihm, die er erst jetzt richtig ausleben konnte. Ich grinste. Sebastian würde es noch schaffen, sämtliche Homo-Klischees in einer Person zu vereinen.

      »Hiro hat mir gegenüber erwähnt, dass du bei einem Therapeuten warst?«

      Das kam jetzt unerwartet aus dem nichts.

      »Hiro!«, rief ich vorwurfsvoll in Richtung Wohnzimmer.

      »Sorry, er sitzt am längeren Hebel«, schallte es daraufhin zurück.

      »Und?« Sebastian schaute mich durchdringend an und hatte dabei zwei Finger in türkisfarbenem Glitzerpulver, was ihn irgendwie weniger bedrohlich wirken ließ.

      »Ja, aber nur kurz.«

      »Nimmst du Medikamente? Ich meine ... na ja, dann dürftest du bestimmt keinen Alkohol trinken, oder?« Ich seufzte einmal und fuhr mir mit der rechten Hand durchs Haar. Trotz klebriger Glitzer-Finger. Verdammt.

      »Anfangs wurden mir leichte Antidepressiva verschrieben, aber wirklich geholfen haben die nicht, also habe ich es irgendwann ganz gelassen.«

      »Und momentan?«

      »Keine Medikamente.«

      »Aber es geht dir doch nicht gut, oder?«

      »Besser als vor vier Jahren«, gab ich leise zurück.

      Er ließ nun von den Glitzersternchen ab und runzelte die Stirn. Er schaute mich wahnsinnig besorgt an und griff über den Tisch nach meiner Hand.

      »Du wirst wieder glücklich sein. Irgendwann. Du wirst wieder jemanden finden. Jemand Besonderes, der ...«

      »Verdammt, werde ich nicht!« Ich entriss ihm meine Hand und stand auf. Dabei fiel ein Glas mit kleinen rosafarbenen Perlen um. Diese verteilten sich nun auf dem Tisch und leider auch auf dem gesamten Küchenboden. »Ich werde immer nur ihn lieben, das ist ja das Problem an dieser ganzen Scheiße!« Ich lief aus der Küche, drehte mich aber an der Tür noch mal zu ihm um. »Ich habe mit dem Gedanken abgeschlossen, noch mal irgendwo mein Glück zu finden. Ich hab‘s vergeigt. Vor vier Jahren hab ich alles kaputt gemacht und seitdem lebe ich mit den Konsequenzen. So einfach ist das.«

      Daraufhin ging ich in mein Zimmer und schloss die Tür lautstark hinter mir.

      Ich war mit den Nerven am Ende.

      Und glitzerte wie Edward Cullen.

      Pablo

      Heute war ich Sebastian, so gut es ging, aus dem Weg gegangen. Nach dem gestrigen lautstarken Ausrutscher hatte er noch zweimal bei mir an der Tür geklopft, aber ich reagierte einfach nicht darauf. Ich wollte meine Ruhe. Es war mir peinlich, dass ich laut geworden war. Als könnte Sebastian etwas dafür. Ich hätte nicht so überreagieren dürfen. Aber ihm gegenübertreten wollte ich jetzt auch nicht. Also hatte ich mich feige im Bett verkrochen.

      Alles war scheiße und ich fühlte mich schlecht!

      Es klopfte. Schon wieder. Ganz leise und zaghaft. Man konnte daran schon erkennen, wie traurig Sebastian sein musste, weil ich ihn ignorierte.

      »Nora? Sei nicht böse auf mich«, hörte ich es bittend und etwas weinerlich von draußen.

      Ich stand auf und ging zur Tür. Das war ja kaum zu ertragen. Jetzt würde er sich am Ende noch bei mir entschuldigen. Dabei hatte ich überreagiert. Dabei war er doch vollkommen im Recht.

      Ich riss die Tür auf und Sebastian erschrak. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich nun doch auf sein Klopfen reagieren würde. Ich schaute in traurige, leicht gerötete Augen. Hatte er etwa geweint? Bitte nicht.

      »Sebastian, ich bin doch nicht böse auf dich ...«

      »Nicht?«

      »Quatsch.« Ich nahm ihn in den Arm und er drückte mich ganz fest an sich. Als wollte er sicherstellen, dass ich auch ja nicht erneut in meinem Zimmer verschwinden oder direkt die Stadt verlassen würde.

      »Ich hätte einfach ruhig sein sollen. Ich war unsensibel. Hiro hatte mich gewarnt.«

      »Du warst weder aufdringlich noch unsensibel. Ich habe überreagiert. Punkt. Ich bin nicht sauer und du bist nicht mehr traurig, okay?«

      Er nickte und wischte sich mit dem Handrücken verstohlen über die Augen. Verdammt. Ich hatte ihn tatsächlich zum Heulen gebracht. Jetzt schämte ich mich noch mehr. Ich war echt böse.

      »Hast du Lust, heute etwas Besonderes zu unternehmen? Einen Wunsch? Kino oder so?« Sebastian schaute mich hoffnungsvoll an. Oh Mann, was für eine treue Seele. Er wollte es wieder gut machen, dabei war das doch gar nicht nötig.

      »Muss nicht sein. Echt, Sebastian, mach dir keinen Stress. Heute ist doch die Lesung in der Stadtbibliothek. Ich mach mich jetzt mal ausgehfertig und geh dann da hin. Kümmere du dich weiter um die Marmeladengläser. Die müssen doch bestimmt noch verziert werden, oder?« Er nickte und ich streichelte ihm beruhigend über die glattrasierte Wange und lächelte ihn an.

      »Ist das wirklich okay?«

      »Klaro! Mehr als okay.«

      Er sollte sich wegen mir keine Sorgen machen.

      Das hatte er nicht verdient.

      Das hatte ich nicht verdient.

      Zwei Stunden später betrat ich die Stadtbibliothek das erste Mal seit über vier Jahren. Sie hatte sich kein bisschen verändert. Wahrscheinlich lagen sogar immer noch die gleichen Flyer aus, die schon damals nicht mehr aktuell gewesen waren.

      Ich folgte den Pfeilen, auf denen »Lesung Kerstin Gier« stand, und fand mich wenig später in einem großen Raum wieder, der von vorne bis hinten bestuhlt war. Ich setzte mich irgendwo mittig neben ein stämmiges Mädchen, das tatsächlich sieben Bücher von Kerstin Gier auf ihren Schoß gestapelt hatte. Als sie meinen Blick bemerkte, tätschelte sie den Stapel liebevoll.

      »Die lasse ich mir alle signieren.«

      Oh Gott, wenn jeder hier den kompletten Inhalt seines Bücherregals dabei hatte, würde ich niemals zu dem Vergnügen kommen, mir auch eine Unterschrift zu besorgen. Ich lächelte etwas gezwungen und schaute wieder nach vorne.

      Knapp 15 Minuten später begann die Lesung. Kerstin Gier betrat den Raum unter tosendem Applaus und eine Angestellte der Bibliothek stellte sie kurz vor. Sie las drei Stellen aus ihrem neuesten Buch vor und ich musste dabei so lachen, dass mir die Tränen das Gesicht hinunterliefen. Das liebte ich so an ihren Büchern. Kerstin Gier und ich hatten haargenau den gleichen Humor. Schon oft dachte ich mir, dass ich mich mit der Frau richtig gut verstehen würde. Wir hätten garantiert viel zu lachen.

      Nach der Lesung durften Fragen an die Autorin gestellt werden. Das Mädchen neben mir machte sich schon mal startbereit und richtete ihre Bücher. Sie wollte bestimmt, sobald die letzte Frage beantwortet worden war, nach vorne stürmen, um die Erste in der Reihe zu sein.

      »Wie


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