Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband. Katharina Wolf

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Blicke trafen, wurde sein Gesichtsausdruck weicher und seine Augen strahlten mir liebevoll entgehen. Ich hingegen musste wie ein verschrecktes Huhn ausgesehen haben. Zumindest fühlte ich mich so. Rasender Puls, beschleunigte Atmung, Ohrensausen ... Das volle Programm. Hoffentlich würde ich nicht gleich in Ohnmacht fallen.

      Jan kam mir entgegen und umarmte mich. Er roch unglaublich gut und ich fühlte mich so wohl in seinen starken Armen. Jahrelang hatte ich mich nach seinen Berührungen gesehnt. Dass er nun tatsächlich hier war, mich im Arm hielt und mit zarten Fingern über meinen Rücken streichelte, war so surreal. Ich konnte es einfach nicht fassen. Er gab mir einen flüchtigen Kuss und wollte mich mit in mein Schlafzimmer ziehen, doch ich schüttelte den Kopf und schob ihn sanft von mir.

      Noch nicht.

      Heute nicht. Es war zu früh. Ich wusste nicht, woher diese Blockade kam. Aber ich wusste in diesem Moment, dass ich es nicht wollte, weil ich noch nicht angekommen war. Ich hatte diese Situation noch nicht mal ansatzweise realisiert. Er war hier und wollte mich. Das konnte einfach nicht wahr sein!

      Jan verstand mich zum Glück auch ohne Worte. Ich musste nicht begründen, warum ich ihn von mir stieß. Es war okay für ihn. Er gab mir noch einen Kuss auf die Stirn, streichelte mir über die Wange und schaute mir mit seinem wärmsten Lächeln tief in die Augen.

      »Gute Nacht«, hauchte er mir mit rauer Stimme verführerisch ins Ohr. Ich bekam eine Gänsehaut und schnappte nach Luft. Beinahe wäre ich schwach geworden. Dieser Typ war so heiß. So sexy. So unglaublich schön. Aber heute Nacht sollte ich alleine bleiben. Das war vernünftig. Das versuchte ich mir zumindest einzureden, während Jan in Richtung Wohnzimmer ging, um dort sein Nachtlager auf der Couch zu errichten.

      Und ich?

      Ich lag im Bett und dachte an ihn und daran, wie doof ich war, ihn nicht mit zu mir genommen zu haben. Jetzt trennten uns vielleicht fünf Meter und eine Tür. Und ich wollte ihn so gerne bei mir haben, mich an ihn schmiegen, ihn riechen, mich mit den Fingern in sein Haar krallen. Aaaaaaargh, es war zum Verrücktwerden! Herz und Hirn gingen komplett verschiedene Wege. Mein Herz wollte Jan, war ihm komplett erlegen, und mein Hirn wollte das Herz vor ihm schützen. Was für ein krankes, masochistisches Hirn!

      »Andauernd scheuchst du uns herum. Wir haben ja kaum Zeit, mal durchzuatmen!« Ich schreckte aus meinen Erinnerungen an gestern Abend hoch. »Mensch Nora, sag doch auch mal was!«

      »Sebastian hat hier das Sagen und ich werde mich hüten, zu widersprechen.« Jan machte daraufhin einen Schmollmund und ahnte wahrscheinlich nicht, was dieser Blick und seine Lippen in mir auslösten. Eine wage Erinnerung davon, wozu diese Lippen fähig waren, blitzte vor meinem inneren Auge auf. Ich schaute verlegen weg und hörte ihn leise seufzen.

      »Außerdem hat Nora heute auch noch was zu tun. Sie begleitet nämlich Hiroki«, entgegnete Sebastian. Ich zog beide Augenbrauen fragend in die Höhe. Davon hatte ich bis eben auch noch nichts gewusst. Ich schaute mich nach Hiro um, der im Wohnzimmer im Schneidersitz auf dem Sofa saß.

      »Jap, Nora, du kommst mit mir mit.«

      »Und was, um Gottes Willen, machen wir?«, rief ich genervt ins Nebenzimmer.

      »Wir holen die Ringe.« Hiro grinste und zwinkerte mir zu. Er wirkte glücklich und ich konnte bis hierher das Leuchten in seinen Augen erkennen. Und irgendwie musste auch ich bei diesem Anblick lächeln.

      Eine Stunde später versuchte ich, mich mit Müh und Not aus dem Auto zu ziehen. Ich klammerte mich an die offene Tür und stieß mich mit der anderen Hand vom Sitz ab. Zum Glück kam in diesem Moment schon Hiro zur Hilfe, griff mir unter die Arme, zog mich hoch und reichte mir meine Krücke, die er zuvor im Kofferraum verstaut hatte. Ich versuchte mittlerweile, mit nur einer klar zu kommen. Mein Bein schmerzte kaum noch, daher konnte ich es etwas mehr belasten.

      »Komm, hier drüben ist es schon.« Hiro zeigte auf einen versteckten Eingang einige Meter entfernt. Erst als wir dem Laden näher kamen, fielen mir das prunkvolle Schaufenster und vor allem der funkelnde und glänzende Inhalt dessen auf.

      Wir betraten das Fachgeschäft und unsere Anwesenheit wurde von einer penetranten Klingel angekündigt. Sofort kam eine elegant gekleidete Frau mit übertrieben großen Ohrringen um die Ecke gebogen. Bei näherer Betrachtung erkannte ich, dass es sich an ihren Ohren tatsächlich um Schwäne handelte. Riesige, glänzende Schwäne aus Diamanten oder so. Verrückt.

      »Herr Kuhn, schön, dass Sie da sind.«

      Wir gingen beide zum Tresen und Hiro gab der Dame die Hand.

      »Das ist im Übrigen Frau Krüger, eine unserer Trauzeugen.«

      »Was für eine hübsche Trauzeugin! Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen«, hieß mich die Verkäuferin übertrieben freundlich willkommen und schüttelte auch mir die Hand.

      »Also, Herr Kuhn, Sie wollten noch eine kleine Änderung, die wir natürlich durchgeführt haben. Hoffentlich zu Ihrer Zufriedenheit.«

      Sie klappte eine Schatulle auf, in der zwei matt-silberne Ringe lagen. Doch bei genauerer Betrachtung sah man, dass sie mit einem schmalen, goldenen Streifen verziert waren, der sich durch ihre Mitte zog.

      »Wow«, entfuhr es mir. »Die sind wirklich schön. Schlicht und trotzdem nicht zu schlicht, verstehst du?«

      »Ein Kompromiss zwischen Sebastian und mir«, er zwinkerte.

      »Und hier sehen Sie die gewünschte Gravur«, sagte die Dame, nahm einen der beiden Ringe sachte zwischen Daumen und Zeigefinger und reichte ihn Hiro. In geschwungenen Buchstaben konnte ich Worte erkennen.

      »Sebastian & Hiroki - Für immer«, las er leise vor und strich zärtlich mit Fingerspitzen über das Schmuckstück. Er lächelte.

      »Wunderschön«, hauchte ich zur Bestätigung.

      »Finde ich auch.«

      »Für immer?«

      »Jap«, bejahte Hiro nickend.

      »Das ist eine lange Zeit«, stellte ich fest und musterte ihn neugierig.

      Er zwinkerte mir zur Antwort zu, steckte den Ring zurück in die Schatulle und kramte seine Kreditkarte aus dem Geldbeutel. Er reichte sie der Dame und verschränkte wartend die Arme vor der Brust.

      »Wenn du dir sicher bist, dann ist alle Zeit der Welt nicht genug. Deshalb beginnen wir mit für immer.«

      »Ist das nicht ein Zitat aus Twilight?«

      »Ja.«

      Wir schauten uns schmunzelnd von der Seite an und brachen dann beide gleichzeitig in schallendes Gelächter aus.

      Auf dem Rückweg besorgten wir Pizza für alle und zwei Flaschen Glühwein. Hiro und ich waren in Feierlaune. Schon im Auto sangen wir die Lieder, die im Radio gespielt wurden, laut und vor allem besonders schief mit. George Michael hätte sich bei unserer Interpretation von Last Christmas im Grabe umgedreht. Wobei ... Der lebte doch noch, oder?

      Auch Sebastian und Jan zu Hause schienen bester Laune zu sein. Sie begrüßten uns stürmisch und erzählten uns vom Blumenschmuck, der uns auf der Trauung erwarten würde. Es würde wohl ein Meer aus Rot und Weiß werden. Keine einzige gelbe Blume. Was für ein Glück für alle Beteiligten.

      Als Hiroki dann Sebastian ganz stolz die Ringe präsentierte, fing der vor Freude fast an zu weinen. Er wischte sich ein paar Tränen aus dem Augenwinkel und fiel Hiroki theatralisch in die Arme. Ich konnte es verstehen. Auch ich war gerührt von so viel Gefühlen und echter Liebe.

      Den Abend verbrachten wir zu viert im Wohnzimmer. Jeder gemütlich im Pyjama oder zumindest in bequemer Wohlfühlkleidung. Sebastian und Hiro lagen eng aneinander gekuschelt auf dem Sofa, Jan saß daneben und ich auf dem Boden. Ich hatte mein eingegipstes Bein auf einem weichen Kissen drapiert und lehnte mich zwischen Jans Beinen an die Couch. Er massierte mir die Schultern und das tat verdammt gut. Ich seufzte genießerisch und schmiegte meinen Kopf gegen seinen Oberschenkel.

      Wir schauten zuerst einen brutalen Anime mit seltsamen Wesen aus dem All, die Menschen fraßen. Aus irgendwelchen


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