Die gelbe Mafia. Will Berthold

Die gelbe Mafia - Will Berthold


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Maulwürfen, vor gegnerischen Agenten im eigenen Lager, wie sie einst den Sturz des alten Generals verursacht hatten, weil sein besonderer Günstling Moskaus Mann in Pullach gewesen war.

      »Ihr habt hoffentlich auch die Reisegesellschaft unter die Lupe genommen?« fragte Salewsky.

      »Natürlich. Vor allem eine Mitreisende: Babs Deller, eine hübsche Dame aus Düsseldorf.«

      »Verdächtig?« fragte der schöne Maximilian.

      »Überführt«, erwiderte Blaurock grinsend, »mit unserem Mann ein Liebesverhältnis begonnen zu haben, beziehungsweise er mit ihr.«

      »Ein Verhältnis?« fuhr Salewsky hoch. Hämischer Triumph lief wie Säure über die Fetthalde von Gesicht. »Und das erfahre ich erst jetzt?« beschwerte er sich.

      »Es entspricht der Gepflogenheit der Firma, Informationen erst dann weiterzugeben, wenn sie hiebund stichfest sind«, ließ ihn der Berichterstatter ins leere laufen. »In Bali hat der Kamikaze mit dieser Reisegefährtin einen Flirt begonnen. In Singapur sah es aus, als käme ihm diese Deller entgegen. Sie ließ ihn nicht länger abblitzen, aber er verlor nicht den Kopf. Über unsere Residentur in Singapur ließ er die neue Bekannte überprüfen. Nichts Negatives. Dann schaltete Parker zum zweitenmal: Eine bessere Tarnung konnte sich unser Agent nicht wünschen und dann«, setzte Blaurock mit einem Lächeln hinzu, »Männer sind wir ja schließlich alle …« Er betrachtete Salewsky anzüglich und holte zu einem Tiefschlag aus: »Oder waren wir wenigstens einmal. Jedenfalls wissen wir seit Bangkok, daß die beiden die Nacht im selben Apartment miteinander verbracht hatten. Deshalb haben wir sicherheitshalber Zweibein als angeblichen Arzt aus Hamburg unter die geschlossene Gesellschaft gemischt.«

      »Sehr umsichtig«, lobte der Halbamateur. »Aber so ein Schweinehund bumst auf unsere Kosten herum«, sabberte der Azubi in der Spitzenstellung. »Da sehen Sie mal, wie wichtig er seinen Auftrag nimmt. Stellen Sie sich vor, dieses geile Luder wäre von der Gegenseite auf ihn angesetzt worden.«

      »Höchst unwahrscheinlich«, antwortete Blaurock fast verächtlich »Sie ist vierunddreißig Jahre alt, seit sechs Jahren geschieden, arbeitet in der Direktion einer Stahlfirma, ist dabei vorwiegend mit repräsentativen Aufgaben befaßt – Betreuung auswärtiger Gäste, Arrangements für Essen, Theaterkarten und so weiter. Sie verdient sehr gut, über siebentausend Mark monatlich, tritt als unnahbare Lady auf. Männern macht sie es schwer. Gelegentlich soll sie mit ihrem Chef schlafen, aber das ist wahrscheinlich nur ein Gerücht, das neidische Kolleginnen ausstreuen, weil sie auf ihren Job aus sind.«

      »Und dieses Dekorationsstück läßt sich mit einem solchen Proleten ein?« höhnte Salewsky. »Die Prinzessin und der arme Schweinehirt.« Er holte Luft. »Glauben Sie eigentlich an Märchen, Blaurock?«

      »Vielleicht hat Parker etwas, das anderen Männern fehlt«, konterte der Dezernent. »Noch hatten wir nicht viel Zeit für unsere Ermittlungen. Wir überprüfen Barbara Deller auch weiterhin. Dabei müssen wir äußerst behutsam vorgehen, speziell für den Fall, daß die Dame doch nicht ganz hasenrein wäre.« Es kotzte ihn an, einem Außenseiter Selbstverständlichkeiten erklären zu müssen.

      »Und der geschiedene Mann?« fragte der Azubi.

      »Sie hat kaum mehr Kontakt mit ihm.«

      »Trotzdem«, ereiferte sich Salewsky, »was und wer ist der Mann?«

      »Ein Rechtsanwalt«, antwortete Blaurock. »Tüchtig, erfolgreich. Befaßt sich mehr mit Strafverteidigungen als mit wirtschaftlichen Fällen. Übrigens ist er wieder verheiratet und hat zwei Kinder.«

      »Und wen verteidigt dieser Rechtsanwalt?«

      »Quer durchs Gemüsebeet«, berichtete der Referent.

      »Auch Demonstranten, Atomkraftgegner und …«

      »… und Umweltschützer«, ergänzte der Erfahrene mit einer Andeutung von Spott. »Ebenso Autodiebe, Verkehrsrowdies, Abzahlungsschwindler, Einbrecher und Strolche aller Art.«

      »Schön«, schloß Salewsky das Gespräch. »Vielleicht halten Sie es für übertrieben, aber ich möchte trotzdem, daß über den Verfassungsschutz weitere Auskünfte über diesen Rechtsanwalt eingeholt werden.«

      »Auch das ist bereits veranlaßt«, erwiderte Blaurock mit deutlicher Genugtuung. »Kein Befund. Kein Vermerk in den Akten. Sie können beruhigt sein, wir schlafen nicht.«

      Die Maschine erreichte Wiesbaden acht Minuten vor der errechneten Landezeit. Ein Wagen stand bereit, um Salewsky und Blaurock zum Bundeskriminalamt zu bringen.

      Der Chef der HOKO erwartete die beiden in seinem Büro. Kudemann war von durchschnittlicher Größe, in mittlerem Alter, wendig, intelligent, alles andere als ein Beamtentyp. Er trug ein Sportsakko, wirkte leger und alert; er haßte Papierkrieg und Umständlichkeit, er war eine Autorität, jedoch nicht autoritär.

      Kudemann waren – zumindest inoffiziell – Vollmachten erteilt worden, wie sie ihm eigentlich gar nicht gegeben werden durften. »… Sie nehmen sich ja ohnedies heraus, was Sie wollen, Kudemann«, hatte der Chef des Bundeskanzleramts resignierend nachgegeben. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Wir geben Ihnen Rückendeckung, doch wenn etwas schiefläuft, haben wir damit nichts zu tun. Ich komme auch Ihren finanziellen Wünschen entgegen«, hatte er ihn verabschiedet, »aber ich muß auf strengste Abschirmung nach außen bestehen.«

      »Nehmen Sie Platz, meine Herren«, sagte Kudemann nach einer knappen Begrüßung. »Kaffee, Tee, Zigarette? Wie geht’s dir, Roland?«

      »Danke, Doktor«, erwiderte Blaurock.

      »Also Taifun II ist inzwischen angelaufen«, preschte Salewsky vor.

      Kudemann nickte. »Hoffentlich nicht zu früh«, bemerkte er dann. »Ich hätte den Start gerne noch etwas hinausgeschoben, aber er war wohl nicht mehr aufzuhalten.«

      »Warum wollten Sie den zweiten Anlauf verschieben?« fragte Salewsky. »Ich dachte, die Zeit drängt.«

      »Weil für mich die Fehlerquelle von Taifun I noch nicht gefunden worden ist.«

      »Aber ich habe Ihnen doch den Bericht über die Vorgänge zukommen lassen«, entgegnete der schöne Maximilian.

      »Wer hat ihn eigentlich zusammengestellt?«

      »Unsere hauseigene Sicherungsgruppe«, erklärte Salewsky. »In Zusammenarbeit mit mir.«

      »Schön«, antwortete der HOKO-Chef. »Gehen wir also gleich in medias res: Sie und ich, wir arbeiten das erste Mal zusammen. Wer mich kennt, weiß, daß ich für rückhaltlose und notfalls auch verletzende Offenheit bin. Gerade bei Pannen. Unter uns wird nichts vertuscht, abgeschwächt oder gar beschönigt.« Er sah, daß der ihm aufgedrängte Stellvertreter ärgerlich wurde. Es war dem Starkriminalisten gleichgültig. »Ich habe Pullachs Zusammenstellung gelesen und analysiert, aber ich kann Ihnen das nicht abnehmen. Wesentliche Einzelheiten fehlen offensichtlich.«

      »Schließlich sind auch wir nicht allwissend«, erwiderte Salewsky patzig.

      »Du kennst den Bericht, Roland?« fragte der Mann im Sportsakko.

      »Ich hab’ ihn überflogen«, erwiderte Blaurock: »Man überließ ihn mir nur zehn Minuten.«

      »Haben dich die Schlußfolgerungen zufriedengestellt?«

      »Keineswegs«, erklärte der Dezernent. »Entscheidende Zusammenhänge liegen noch im Dunkeln.« Er fuhrt fort: »Ich kann mir einfach nicht erklären, Warum drei so gerissene Burschen wie Babinsky, Latzke und Liebkind – unabhängig voneinander – wie blutige Anfänger blindlings in eine Falle laufen.«

      »Richtig«, bestätigte Kudemann. »Ich kann nur hoffen, daß es dem Kamikaze nicht genauso ergeht.«

      »Wir haben einschneidende Maßnahmen und umfangreiche Absicherungen getroffen«, erklärte der unerwünschte Stellvertreter. »Nach einem minutiösen Plan, der bei Verschiebung völlig durcheinandergeraten würde. Wir können Parker jetzt nicht mehr zurückpfeifen.«

      »Aber wir


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