Die gelbe Mafia. Will Berthold

Die gelbe Mafia - Will Berthold


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anderem eine detaillierte Aussage des einzigen Überlebenden von Taifun I.«

      »Latzke?« fragte Salewsky. »Er ist ein psychisches Wrack, und deshalb kaum ansprechbar. Der behandelnde Arzt hat uns nur ein paar Minuten genehmigt und uns dann aus dem Krankenzimmer fast hinausgeworfen.«

      »Vielleicht hat sich sein psychischer Status inzwischen gebessert«, entgegnete Dr. Kudemann trocken und wandte sich wieder direkt an Blaurock: »Reden wir nicht lange um den Brei herum: Ich möchte einfach wissen, ob die Sicherungsgruppe Pullach nachlässig gearbeitet oder wichtige Informationen absichtlich zurückgehalten hat.«

      »Das verbitte ich mir aber ganz energisch«, erwiderte Salewsky. »Auf dieser Basis können wir nicht Zusammenarbeiten, Herr Kudemann.« Sein Kopf schwoll an. Blaurock wartete nur darauf, daß der Karrierist jetzt mit seinen Politpaten in München drohen würde. »Ich bin auch für Offenheit«, hielt sich der schöne Maximilian jedoch noch zurück. »Ich denke, daß wir im Camp ohnedies den größten Teil der Arbeit verrichten müssen – und schließlich haben wir nicht nur Flops vorzuweisen.«

      Ein Telefonanruf stoppte den ersten massiven Zusammenstoß zwischen Chef und Stellvertreter. Kudemann hörte konzentriert zu. »Verstanden, Müllner«, kappte er das Gespräch. »Ich komme so rasch wie möglich.« Er legte auf. »Sorry«, wandte er sich an seine Besucher und erhob sich. »Wir haben den nächsten Fall in der Handschrift der Triaden.«

      »Wo?« fragte Salewsky.

      »Hier, in Frankfurt. Am besten kommt ihr gleich mit und seht euch diese Sauerei vor Ort an.«

      Ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte Kudemann voraus, die beiden Besucher folgten ihm. Blaurock hatte begriffen, daß Kudemann seinen unebenbürtigen Stellvertreter mit der Wirklichkeit konfrontieren wollte.

      3

      Pauschalreisen haben den Vorteil, daß sie preiswert sind, und den Nachteil, als Massenbetrieb verrufen zu sein. Deshalb hatten sich die Touristikmanager einiges einfallen lassen, um das Gruppenerlebnis so individuell wie möglich zu gestalten. Eigentlich brauchte man nur mit derselben Chartermaschine zu fliegen. Das Hotel konnte man sich je nach Brieftasche schon selbst aussuchen und damit einer vielleicht lästigen Gruppe wenigstens teilweise aus dem Weg gehen. Hongkong war sowohl Reiseziel als auch Relaisstation. Beim Abflug sollte sich die Gesellschaft in zwei Gruppen aufteilen: die eine flog nach Tokio, die andere nach Manila. Nach zwölf Tagen würden sich die Passagiere wieder in Hongkong treffen, allerdings nur im Transitraum des Flughafens Kai Tak zum Rückflug nach Frankfurt.

      Das ›Mandarin‹-Hotel war eine Klasse für sich.

      Ein Boy nahm ihnen das Gepäck ab. Bereits die Empfangshalle ließ erkennen, daß das Haus unter den Top ten der Weltrangliste den dritten Platz einnimmt – in Asien den ersten –, noch vier Ränge vor dem Ortsrivalen › Peninsula‹ Der Lift katapultierte sie in den 15. Stock. Sie erhielten ein großzügig bemessenes Apartment mit einem herrlichen Blick und allem erdenklichen Komfort.

      »Hoffentlich gehen wir an dieser Pracht nicht pleite«, sagte die Schöne aus Düsseldorf.

      »Keine Angst«, erwiderte ihr Begleiter. »Schließlich sparen wir den Einzelzimmerzuschlag.«

      »Kein schlechtes Geschäft«, lobte Babs. »Wie hast du das nur geschafft?«

      »Mit Geld«, entgegnete er, stellte dann jedoch fest, daß sie seine Antwort etwas plump empfand, und ergänzte: »Es ist Hongkongs Religion, und die Bankschalter sind ihre Altäre.«

      Die Blondine drückte auf einen Knopf. Der Vorhang der riesigen Panoramascheibe schob sich elektrisch zurück und gab den Blick frei über den Victoria-Hafen, über das futuristische Kowloon, die Weite der New Territories und den dahinterliegenden Bergen. Hier verlief auch die 33,5 Kilometer lange Grenze zur Volksrepublik China. Die Hongkong-Inselgruppe steckte in ihrer Südostecke wie in einem Känguruhbeutel, von dem sie, wie die Reichsten der Stadt befürchteten, 1997 endgültig eingesackt werden könnte.

      Babs wurde von dem Anblick überwältigt. »Phantastisch!« rief sie verzückt. »Mein Gott, ist das schön! Und da dachte ich immer, New York sei unschlagbar – aber diese Mischung von gigantischer Silhouette und verträumter Natur …« Sie drehte sich nach Parker um und sah, wie er an der Zimmerbar Drinks mixte. »Wie kann man nur all diese Eindrücke in drei Tagen verdauen?«

      »Nicht einmal in drei Monaten«, erwiderte er. »Aber wir haben immerhin drei Tage und vier Nächte.« Parker drückte ihr ein Cocktailglas in die Hand: »Auf uns, Babs!« toastete er. »Auf die reizvollste Reisegefährtin, die ich je hatte.«

      »Hattest du viele?« fragte sie.

      »Bestimmt weniger, als du annimmst. Und du?«, konterte er.

      »Jedenfalls weniger, als du gehabt hast«, versetzte die Mittdreißigerin. »Ich reise viel und gerne, aber nicht, um dabei Männer aufzureißen. Ich bin keine Sextouristin.«

      »Mich hast du aber aufgerissen«, entgegnete Parker grinsend.

      »Oder du mich …«

      »Einigen wir uns darauf, daß wir uns gegenseitig geangelt haben«, antwortete der Kamikaze, setzte sein Glas ab, legte die Hand um ihre Schulter, drehte sie zu sich um, drückte sie leicht an sich. »Du bist schön«, raunte er Babs zu. »Und ich mag dich, und ich hab’ dich richtig geil …«

      »Jeden anderen würde ich jetzt aus dem Apartment werfen«, erwiderte sie.

      »Das dürfte dir schwerfallen. Es ist von Mrs. and Mr. Parker gemietet.«

      »Damit sitze ich also in der Falle.«

      »So kann man auch sagen«, entgegnete er, hob sie auf die Zehenspitzen und preßte sie so an sich. »In der Liebesfalle«, setzte er hinzu.

      Babs mochte seine Hände, die zupackend und sensibel waren. Gleich in der ersten Nacht hatten sie ihre Körper erschlossen, und seitdem immer wieder Neuland entdeckt. Sie war zu seinem Modell geworden, zu seinem Medium, zu seinem Widerhall.

      Parker merkte, daß sich ihr Atem beschleunigte und sie leicht zitterte. Sicher hatte er manche Mängel; er war auch nicht die Idealvorstellung, die sich eine Frau von ihrem Verführer macht – sofern sie das überhaupt tut –, aber für Babs hatte er etwas an sich, was vielen, eigentlich den meisten Männern fehlte: Sie spürte, daß Parker weit hintergründiger war, als er erkennen lassen wollte, ein Mann mit Mumm, mit einer Ausstrahlung von Selbstsicherheit und Kaltblütigkeit. Hinter seiner bescheidenen Mittelmäßigkeit zeichnete sich so etwas wie Überhöhung ab. Babs konnte einfach nicht glauben, daß es sein Lebenswerk war, in Hongkong Hemden billig einzukaufen und in Deutschland teuer zu verscherbeln. Sie hatte wiederholt bemerkt, daß er seine Intelligenz versteckte, wie eine alte Jungfer ihren Sparstrumpf, um ihn dann doch gelegentlich herzuzeigen.

      Er hob Babs auf die Arme und trug sie auf das Rundbett, begann sie mit kundigen Fingern auszuziehen, langsam, Stück um Stück, mit Geduld und Genuß, ihre Erwartung schürend und verzögernd. Er wühlte in ihren Haaren, streichelte ihren Nacken, küßte die Knospen ihrer Rundungen.

      Seine Hände glitten abwärts, ein Ziel suchend, das sie nicht zu finden schienen.

      Die junge Frau mit dem makellosen Körper stöhnte, biß ihn in den Hals, während seine Zunge kreisend liebkoste und seine Lippen langsam tiefer glitten.

      Babs bäumte sich auf. »Komm doch endlich«, flüsterte sie.

      Doch Parker verlängerte die Qual ihrer Lust, bis er sie selbst spürte und gewaltsam unterdrücken mußte. Nie hatte er sich den Sex über den Kopf wachsen lassen. Das Liebesspiel war für Parker eine Art Haut-Schach. Er machte Zug um Zug, langsam und überlegend, über schwarze Felder, über weiße, einkreisend und abwartend.

      »Bitte«, keuchte Babs, Beherrschung und Distanz verlierend: »Ich halte das nicht länger aus«, stöhnte sie. »Quäl mich doch nicht so!« Ihre letzte Reserve platzte wie ein Ballon. »Stoß endlich zu! Ja – ja, nimm mich – fuck me, fuck me, du Mistkerl!«

      Parker zögerte noch immer, er hatte


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