TRANSFORMATION (Euphoria Z 2). Luke Ahearn

TRANSFORMATION (Euphoria Z 2) - Luke Ahearn


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war. Und dann … ja dann fing er an, mit den Füßen auf ihnen herumzustampfen.

      Weed stemmte die Hände in die Hüften, während er sich mit leicht gespreizten Beinen hinstellte, und auf den Fremden hinabschaute. Dessen ethnische Wurzeln mochten in einem Dutzend unterschiedlicher Länder liegen, doch für Weed war er einfach nur ein Chinese.

      Mann, sind seine Augen auf oder zu?, fragte er sich, wobei er unwillkürlich schmunzeln musste. Verdammt, er musste beim nächsten Mal, wenn es wichtig war, ein Lächeln zu erzwingen, einfach nur darauf achten, an etwas Lustiges zu denken. Als er den »Chinesen« betrachtete, fielen ihm lauter Witze ein, die er mit der Zeit aufgeschnappt hatte, über gelbe Haut und Schlitzaugen. Dabei musste er umso breiter grinsen.

      »Sieht für mich grundanständig aus, der Kerl«, sagte er weiterhin lächelnd. Während er mit diesen Worten einem Gefühl Ausdruck verlieh, zeugte sein Strahlen von einem anderen, deutlich niederträchtigerem Gedanken, doch beides zusammengenommen ließ ihn einfach sympathisch wirken, so als würde er seinen Mitmenschen akzeptieren, egal wie anders er auch aussah.

      »Okay«, rief Ron dem Mann zu, der sich als Alvin ausgegeben hatte. »Du darfst hochkommen, wenn du unseren Bedingungen zustimmst, in Ordnung?«

      »Selbstverständlich.« Alvin lächelte und hielt ihm einen ausgestreckten Daumen entgegen.

      »Ich werde nun wieder zu den Kisten hinübergehen.« Francis wandte sich ab und schnitt eine düstere Grimasse.

      Bedingungen, ha! Die Penner haben mich abgetastet und mir mein Messer weggenommen – aber wisst ihr schon das Neuste, ihr Ärsche? Ich hab mir einfach 'ne Kanone besorgt.

      Auf der zweiten Ebene standen die meisten Fahrzeuge, die im Gebäude geparkt hatten. Alle auf der unteren Ebene waren hinausgefahren worden, um mehr Platz zu schaffen, was natürlich zugleich auch der Sicherheit der Gruppe zugutekam. Es waren leider nicht mehr so viele, da der Großteil der Flächen im Erdgeschoss Shuttlebussen und Transportern galt, die wiederum alle mehr als eine Meile weit entfernt in ihren Garagen am Flughafenterminal standen. Beim Durchstöbern einer Reihe der Wagen auf der zweiten Ebene – es waren ungefähr fünfundvierzig gewesen – hatte Weed eine Schachtel Patronen gefunden, und dazu sogar noch ein paar Krümel Gras für seinen ständig schwindenden Vorrat. Weil es ihm bald ausgehen würde, zerbrach er sich schon jetzt den Kopf darüber, wo er noch welches auftreiben könnte. Was er jetzt vor allem wollte, waren ein paar Pflanzen, damit er mit dem Anbau beginnen konnte.

      Dale grinste schief. Jepp, definitiv ein Biker. In diesem Milieu bezeichnete man Autos gern als »Kisten«. Francis hatte auch schon andere Slang-Ausdrücke fallen gelassen oder war sich nicht bewusst gewesen, dass diese insbesondere unter Motorradfahrern verwendet wurden. Dale konnte sich schon vorstellen, dass der Alte wirklich nur überleben und deshalb die »Normalos« nicht verängstigen wollte. In jedem Fall würde er trotzdem ein strenges Auge auf ihn werfen.

      Gemeinsam mit Ron ließ er nun den Fahrstuhl hinunter. Weed baute weiter Batterien aus und trug diese auf einem Rollwägelchen zusammen. Wenn er die Wagen öffnete und die Motorhaube hochzog, durchsuchte er sie außerdem auch von innen. Er fand zwar in keinem sonderlich viel, aber immer wieder mal interessante und nützliche Gegenstände, bloß dass abgesehen von der Pistole und der geringen Menge Marihuana kaum etwas davon der Rede wert war. Außerdem grübelte er wie immer die ganze Zeit über eine schwierige Frage nach: Wie konnte er das Problem zwischen ihm und dem Cop lösen?

      Er fühlte sich nicht dazu berechtigt, Dale einfach so umzulegen, aber krass gegen den Strich ging ihm der Kerl trotzdem.

      Weed hatte sich einzig und allein mit der Absicht bei der Gruppe eingeschleust, sie ausnahmslos abzuschlachten und vielleicht die eine oder andere Braut zu vögeln. Zuerst hatte er sie für die Tode seiner Brüder und Mitbiker verantwortlich gemacht, denn die Männer waren ja tatsächlich von ihnen umgebracht worden, aber dann hatte er erkannt, dass dem Ganzen viel mehr zugrunde lag. Ein früherer Biker namens Banjo hatte ihn gerettet und ihm alles über den Schwarzen erzählt, also darüber, dass er ihre Maschinen kaputtgemacht hatte. Was Banjo alles losgetreten hatte, nämlich mit seinem Vorhaben, den Nigger zu lynchen, war Weed jedoch vorenthalten geblieben. Dies relativierte seinen Blutdurst wieder ein wenig, denn Banjos Unaufrichtigkeit ließ ihn fortan einfach nicht mehr los. Wäre ihm klar gewesen, das Banjo gezielt und mit ganz eigenen Absichten zum Klubhaus gekommen war, hätte das alles bestimmt einen ganz anderen Verlauf genommen.

      Passt, dachte er. Banjo gehörte schließlich zu den verdammten Satan's Angels.

      Ich hätte auf meinen Bruder Muscle hören und ihm gleich sagen müssen, er soll sich verpissen. Dann wären alle meine Brüder heute noch am Leben.

      So wie es Weed verstanden hatte, wusste niemand, dass er selbst noch lebte, weil ihn der fette Scheißer – ein Satan's Angel mit dem passenden Namen Fats – schon vor einiger Zeit in dieses Loch gestoßen hatte. In ihren Diskussionen war keine Rede von einem Biker gewesen, dessen Verbleib ungeklärt geblieben war. So wie es aussah, hatte der Fettsack seinen Spießgesellen und seinen Boss Jeeter ebenfalls mit zu den Zombies genommen, sodass sie beide verreckt waren. Weed hätte diesen ganzen Quatsch allerdings keine Sekunde für bare Münze genommen, wenn er nicht selbst von dem Dicken in seinen vermeintlichen Tod gestoßen worden wäre.

      Er wollte aber jemand anderem böse sein – keinem Gesetzlosen, wie er es selbst war – kam aber am Ende immer wieder auf Banjo zurück, egal wie er es drehte und wendete. Denn er war an allem schuld, fand er, an der ganzen heillosen Misere. Muscle hatte ihm zu Recht nicht über den Weg getraut. Hätte er nicht versucht, den Neger aufzuknöpfen, wäre nichts von alledem passiert. So 'ne Nummer abzuziehen, stand ihm einfach nicht zu.

      Im Übrigen wurde Weed immer deutlicher bewusst, dass dem Angriff gar kein besonderer Grund vorausgegangen sein konnte, je besser er Ron nun kennenlernte. Der Kerl unterschied sich nämlich von allen Schwarzen, denen er bisher über den Weg gelaufen war, was auch für seine Frau galt. Weed vertrat den Standpunkt, wenn man einen Kampf anzettelte, durfte man auch nicht meckern, falls man die Zähne eingeschlagen bekam. Ernsthaft, sollte es jemand wagen, den alten Francis lynchen zu wollen, würde er ihn einfach ungespitzt in den Boden rammen, Mann. Demolierte Motorräder waren dagegen eine Lappalie.

      Als Biker der alten Schule hielt sich Weed nämlich an das Prinzip »leben und leben lassen«. Jeder durfte tun, was er wollte, solange er ihn dabei nicht provozierte. Er hätte sich aus Banjos Rachefeldzug ebenfalls herausgehalten, wäre er nicht zu dem Glauben verleitet worden, der Angriff auf die Gang sei vollkommen unbegründet gewesen.

      Hinzu kam noch, wenn er ehrlich war, dass er nach einer heißen Dusche, einer anständigen Mahlzeit und der ersten durchgeschlafenen Nacht seit Ewigkeiten gezögert hatte. Zu dieser Gemeinschaft zu gehören, brachte viele Ärgernisse mit sich. Als altes Semester nahm man ihn einfach nicht ernst und sprang mit ihm um wie mit einem senilen Großvater. Aber was hätte er sonst tun sollen – Abfälle nach Nahrung durchsuchen und sich dabei ständiger Gefahr aussetzen? Er war deshalb ganz froh um sein Zögern.

      Zeugte es von Reife und Weisheit, oder lag es lediglich an gutem Gras und zu viel Alkohol? Was auch immer der Grund sein mochte: Er hatte rasch erkannt, dass es ihm in dem Parkhaus sehr gut ging, und die Leute gar nicht so übel waren – mal abgesehen von dem Bullenschwein natürlich. Er fand Dale einfach unerträglich, weshalb es garantiert bald zum Eklat kommen musste.

      Der Polizist stand gerade am Rand des Lochs, wo zuvor die Auffahrtrampe hinuntergeführt hatte, nun aber der Fahrstuhl hing, und er beobachtete, wie Alvin die Plattform betrat. Weil er von oben hinabschaute, sah er das Gesicht des Mannes nicht, doch seine Hände steckten in den Hosentaschen, was ihn langsam aber sicher immer nervöser machte. Als er Ron zunickte, schaltete dieser die elektrische Seilwinde ein, die sie auf einer Stoßstange montiert hatten. Mit einem Surren stieg der Fahrstuhl nun langsam auf. Während Ron Alvin begrüßte und Dale ihn abtastete, verdrehte Weed die Augen, ohne den Kopf unter der Haube des Wagens herauszuziehen, an dem er gerade herumschraubte. Er fühlte sich hin und her gerissen zwischen seinem von jeher tiefen Hass auf Cops, Schwarze und blöde Fotzen sowie den Vorzügen eines sicheren Rückzugsortes mit Nahrungsmitteln und anderen Annehmlichkeiten.

      Ein Reisfresser! Wie viele Mischlinge


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