TRANSFORMATION (Euphoria Z 2). Luke Ahearn

TRANSFORMATION (Euphoria Z 2) - Luke Ahearn


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Wahlmöglichkeiten auf der Welt mittlerweile stark begrenzt waren, und konnte deshalb von Glück reden, in diesem Auffangbecken für Bastarde untergekommen zu sein. Es ließ sich mit den Geschäften vergleichen, die er seinerzeit mit Schwarzen, Braunen und sogar Gelben gemacht hatte, um Drogen und Waffen zu schieben oder im Knast unbescholten zu bleiben.

      Er hatte sich einen Platz zum Wohnen aussuchen dürfen und die leere dritte Ebene auf der anderen Seite im Parkhaus gewählt, wohingegen die übrigen auf der vierten lebten. Dort konnte er schnarchen, saufen, rauchen und wichsen, wie er wollte. Sie hatten ihn weit genug von der Gebäudeseite entfernt, ein lauschiges Zimmer von zehn Quadratfuß gebaut und außen deckend schwarz gestrichen. Drinnen standen eine Liege und eine Wäschetruhe, die Tür war mit einem Tuch verhangen, und keiner wollte diesen Bereich des Parkhauses je betreten, egal auf welcher Ebene und zu welchem Anlass. Der alte Weed hatte sogar Alarmfallen aufgestellt – versteckte Stolperdrähte, die Lärm verursachten – um zu hören, falls jemand oder etwas versuchte, sich vom Erdgeschoss her auf dieser Seite Zugang zu verschaffen. Ansonsten erachtete es anscheinend niemand als notwendig, dort hinunterzusteigen und nach dem Rechten zu sehen. Ergo hatte er diesen Fleck ganz für sich allein.

      Er widmete sich jetzt weiter seiner Aufgabe, auch weil ihm die Arbeit an einem Motor viel lieber war, als den Gastgeber spielen zu müssen. Nachdem alle die Rampen nach oben genommen hatten, sodass er nichts mehr von ihrem Getue hörte, streifte sich Weed sein Hemd über den Kopf. Mit dem Ding am Leib war es hier drin tierisch heiß. Er rieb sich den Oberkörper damit ab, bevor er mit dem Ausbauen der Batterien fortfuhr. Gerade als er wieder in Gedanken vertieft war, spürte er etwas hinter sich und fuhr herum.

      »Langsam ist es zu warm für dich geworden, was?« Es war Dale, lächelnd und mit verschränkten Armen, der Weed argwöhnisch betrachtete. Die Statur des alten Mannes erstaunte ihn, denn er sah nicht annähernd so schwächlich aus, wie er zu sein vorgab.

      Während er den älteren Mann betrachtete, ließ er sich keine Tätowierung und Narbe an seinem Körper entgehen. Er zog eine Augenbraue hoch. So, so, du bist wohl ziemlich lange im Gefängnis gewesen und für den Tod von mindestens drei Männern verantwortlich, jeweils offiziell bewilligt durch einen Klub, der Wild Savages MC heißt. Hut ab, Francis, da hast du ja ganz schön was mitgemacht – ein Dutzend Stichwunden und so einige Schussverletzungen. Dann grinste er. Und richtig ausgepeitscht wurdest du offenbar auch noch. Bist du deinen Brüdern etwa auf den Schlips getreten? Das runzelige Fleisch sah alt und bereits vernarbt aus, wohingegen die Tätowierung am Rücken, die ihn als Mitglied der Wild Savages ausgab, offensichtlich schon vor der Geißelung da gewesen war.

      Weed riss kurz die Augen auf, weil er nicht darauf gefasst gewesen war, kniff sie dann aber wieder ein wenig zusammen.

      »Unter dem Halsverband prangt ein Hakenkreuz, nehme ich mal an.« Dale zeigte auf seine eigene Kehle.

      Weed versuchte, es herunterzuspielen. »Ach Mist, erwischt.« Er hob die Hände hoch, während er sich vorstellte, diesem Schnüffler die Gurgel durchzuschneiden, und lächelte. »Du hast mich entlarvt.«

      Dale schaute ihn weiterhin misstrauisch an und schwieg dann.

      »Du verstehst doch sicher, warum ich diese ganzen Bildchen verbergen musste. Ansonsten hättet ihr mich doch garantiert nie aufgenommen, vor allem du nicht.«

      »Natürlich verstehe ich das, du tust mir sogar fast leid.«

      »Fast?«

      »Ja, fast. Denn dich alleine dort draußen zu behaupten wird schwierig werden, aber dort brauchst du wenigstens nicht ständig dieses dicke Hemd zu tragen.« Dale trat vor, wobei er den alten Biker mit einem finsteren Blick einschüchtern wollte. »Andererseits kenne ich das Leben, das du geführt hast, und kann mir vorstellen, wie du dabei verfahren bist, weshalb ich mich nicht so recht dazu bringen kann, auch nur einen Pfifferling auf dich zu geben. Ich schlage deshalb vor, du verziehst dich sofort.«

      »Mich verziehen?« Weed wirkte erheitert. »Leck mich doch, ich bleibe mit dem Arsch genau hier. Glaubst du etwa, Captain Schwarzbrot und Gorilla wollten einen alten Mann in die Wildnis abschieben?«

      »Das werden sie, wenn ich sie dazu auffordere.« Dale ahnte jedoch, dass Ron und Sal einfach zu naiv waren, weshalb sie bestimmt doch ein Auge zudrücken würden. Außerdem war der Alte bisher nicht aus der Reihe getanzt, Dale konnte bloß nicht außen vorlassen, was er selbst erlebt und in seiner Ausbildung gelernt hatte. Er erkannte nun einmal, wer da wirklich vor ihm stand und wozu dieser Mensch fähig war.

      »Dann nur zu, Bulle, sag's ihnen. Du weißt ja, wo du mich findest.« Weed winkte wegwerfend ab.

      »Ich gebe dir zwanzig Minuten. Wenn ich zurückkomme, bist du besser verschwunden.«

      Als sich Dale umdrehte und ging, schaute ihm der Alte gelassen und teilnahmslos hinterher, während er in aller Ruhe seine öligen Finger abputzte. Innerlich war er jedoch alles andere als gelassen. Wie gut, dass er den großen Schraubschlüssel gerade nicht in der Hand gehalten hatte, denn dann hätte er dem Cop vielleicht einfach so die Rübe eingeschlagen. Er näherte sich langsam unweigerlich dem Punkt, an dem es kein Halten mehr gab. Entspannt zu bleiben fiel ihm zusehends schwerer.

      Verflucht noch mal, Bulle. Geh mir einfach aus der Sonne!, dachte er wütend, während er zu dem Auto zurückkehrte.

      Weed hatte die anderen in Aktion beobachtet. Sie konnten sich stundenlang über diesen Scheiß unterhalten. Er werkelte weiter an den Pkws herum, entnahm die Batterien und legte sie auf das Wägelchen. Als es voll war, machte er sich daran, sie in den Stauraum eines Minivans zu legen, dessen Zündung er ebenfalls kurzgeschlossen hatte. Die Dinger waren wirklich verteufelt schwer.

      Ein paar Stunden später fuhr er mit dem Kleinbus voller Batterien von der zweiten Ebene aus die Rampen hoch bis auf das Dach. Dale, der Drecksack, hatte sich nicht mehr blicken lassen, was ja klar war. Dennoch sah der alte Francis kommen, dass das Ende der Fahnenstange bald erreicht sein würde. Er spürte es. Der Cop musste seinen Drohungen bald Taten folgen lassen.

      Die Batterien wogen eine Menge, insgesamt fast zweitausend Pfund. Darum beschleunigte der Van sehr langsam, und die Federn waren bereits bis zum Gehtnichtmehr gestaucht. Weed schaffte es aber nach oben, wo der junge Technikfreak gerade wieder an irgendetwas herumdokterte. Sie luden die Batterien aus und legten sie nebeneinander auf mehrere lange Bretter. Es stank nach Gummiabrieb, also hätte der Van bestimmt nicht mehr viel länger durchgehalten.

      »So, das wär's von meiner Seite aus für heute.« Weed zog sein Hemd aus und trocknete seine Stirn damit ab. Der Junge schaute aber nicht auf.

      »Kommt dir nichts ungewöhnlich vor, Sohn?«

      Jeff drehte den Kopf zur Seite und dann nach hinten. »Dass du deinen Oberkörper freigemacht hast?«

      »Dich stören meine Tätowierungen nicht?«

      »Nein, sollten sie?«

      »Ach was, ich hatte bloß Bedenken, sie könnten den einen oder anderen von euch erschrecken, aber es ist so elend heiß hier, dass ich es nicht mehr anbehalten kann.«

      Die Arbeit nahm Jeff derart in Beschlag, dass er gar keine Antwort gab.

      »Nun, dann tippe ich mal darauf, dass du schon mal nichts dagegen hast«, schob Weed leise hinterher nach.

      »Oh, sicher. Klar, tut mir leid.« Jeff zwang sich, auf den Mann einzugehen, und bemühte sich, umgänglicher zu wirken.

      Mary hatte ihm geholfen, sich etwas besser in die Gruppe einzugliedern, denn die anderen mochten ihn, ohne ihn aber verbiegen zu wollen. Jeff wiederum half ihr über die Misshandlungen hinweg, die sie erlitten hatte. Ihm war es viel schlechter ergangen als ihr, wobei er selbst noch begreifen lernen musste, dass dies nicht mit seinem eigenen Verschulden zusammenhing. Er hatte weder irgendetwas getan, dass es gerechtfertigt hätte, noch darum gebeten, schikaniert zu werden. Darüber zu sprechen tat Mary anscheinend unheimlich gut.

      »Gut dann.« Weed zog sich nachdenklich wieder zurück. Der Bulle und der Neger diskutierten bestimmt noch immer über die Situation. Er beschloss, nun Klartext mit den Ladys zu sprechen, falls sie sich noch nicht an der Debatte beteiligten. Schaffte


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