Kam, sah und siegte - Klasse ist lernbar. Christine Daborn
machten nur 20 Prozent, die Fußballschuhe 11 Prozent aus. Turnschuhe sind übrigens nicht viel billiger als normale Schuhe. Der Durchschnittspreis liegt bei 150 Franken, Markenodelle wie Nike und Reebok liegen bei mindestens 190 bis 250 Franken. Für dieses Geld gibt es erstklassige Businessschuhe.
Öfter mal was Neues
«Mode ist so unerträglich hässlich, dass wir sie alle Halbjahre ändern müssen», hat Oscar Wilde gesagt. Jedenfalls ist es der Mode egal, wie Sie aussehen. Sie ist nur daran interessiert, dass Sie mindestens jede Saison etwas Neues kaufen. Und dafür muss sie sich einiges einfallen lassen, sie ist aus Umsatzgründen gezwungen, immer wieder neu Gestyltes auf den Markt zu werfen, es kann x-beliebig sein, ganz gleich, ob es kleidsam ist und gut sitzt oder nicht! Im Geschäft denken Sie vielleicht noch: «Okay, das muss wohl so aussehen, na ja, ist wohl der letzte Hit, Hauptsache, mal was anderes.» Das ist auch das, was einem die Verkäufer und Verkäuferinnen prompt sagen, wenn man seine Zweifel äußert: «Das hat man jetzt!» Begeistert oder überzeugt sind Sie von Ihrem Spiegelbild allerdings trotzdem nicht. «Aber, was soll’s», beruhigen Sie sich, «die wissen ja sicher, was die einem verkaufen!» Zu Hause beim ersten Anziehen sind Sie dann schon nicht mehr so sicher, warum Sie es überhaupt gekauft haben, denn plötzlich merken Sie, dass es eigentlich ziemlich dumm aussieht und Sie darin überhaupt nicht so gut wirken, wie Sie gehofft haben. Spätestens beim dritten Mal können Sie den Anblick nicht mehr ertragen und Sie sind von Ihrem Kauf endgültig enttäuscht. Was macht man mit einer Enttäuschung? Man will sie möglichst rasch loswerden. Wie? Man kauft sich umgehend wieder etwas Neues! Voilà, die Mode hat gesiegt.
Von Altmeister Emilio Schuberth stammt das Bonmot, wonach «Mode das wichtigste Mittel im Kampf der Textilindustrie gegen die zunehmende Haltbarkeit der Stoffe» sei. Die Ursache für die wechselnden Trends in jeder Saison ist nicht die Kreativität der Modeschöpfer. Was da geboten wird, sind doch keine guten Einfälle. Oder erachten Sie Müschelchen, Stiefmütterchen, Südseestrände und Bugs Bunnies als gute Idee für die Krawatten von Kaderleuten und Wirtschaftsführern? Da ist doch etwas nicht mehr stufengerecht.
Niemand, der Frauen achtet und einverstanden ist, dass sie Karriere machen, entwirft für sie zum Beispiel Röcke mit Reißverschluss oder mit Knöpfen, die man vom Saum aus nach oben (bis nach wie weit oben?) öffnen oder gar geschlitzt tragen kann. Auch wenn sie zu bleiben, wird der Betrachter eindeutig zweideutig animiert. So ein Ding kommt einer wahrhaftigen Demütigung gleich. Lassen Sie es nicht zu, dass man Sie zum Objekt degradiert, tun Sie sich nichts dergleichen an, auch wenn es gewissen Männern gefällt. Wir sind im Business, und es geht um Ihr Leben.
Modisches ist oft an den Haaren herbeigezogen, manieristisch und künstlich. Zur Rechtfertigung werden die abstrusesten Stiltheorien erfunden, die sich als Ideologien festsetzen und uns Undinge bescheren wie Plateauschuhe, schwarze, graue und kurzärmelige Businesshemden, Minibrillen oder farbige Haarsprays.
Ein illustratives Beispiel, wohin modische Abwandlungen führen, ist das Zweireiher-Sakko. In Abweichung vom normalen Schnitt hat es nur noch einen Schließknopf statt wie bisher zwei, und dieser Umstand ist für ein solches Jackett eine Tragödie. Es sitzt überhaupt nicht und hat eine unelegante Silhouette. Der eine Schließknopf kommt bei diesem Modeverschnitt nämlich unter die Gürtellinie zu liegen. Das hat zur Folge, dass das Revers statt bis Brusthöhe bis Magenhöhe offen ist und viel zu viel Hemd – eine richtige Heldenbrust – zeigt. Das verdirbt Proportion und Linie: das Jackett fällt nicht mehr gerade, sondern bildet eine V-Form, was dazu führt, dass sich in ausnahmslos allen Fällen beidseitig vom Schließknopf bis zu den Hüften unvermeidbare Zugfalten bilden.
Verlangen Sie in Zukunft im Geschäft immer nach Zweireihern mit zwei Schließknöpfen. Wahrscheinlich wird der Verkaufer sie Ihnen als Einzelexemplare heraussuchen müssen, denn nur die Einknöpfigen hängen in Massen herum. Aber die paar, aus denen Sie wählen können, sind alle so gut, dass Ihnen die Auswahl großartig vorkommt. Auf jeden Fall kaufen Sie garantiert den allerbesten Zweireiher.
Sein oder Design
Ich denke oft, was passieren würde, wenn die Modeproduzenten nur Kleidsames, Ästhetisches und Elegantes in die Läden bringen würden – Businesstaugliches, das den Namen verdient. Die Auswahl könnte viel kleiner sein. Wenn alle Teile gut sind, braucht man nicht unendlich viele Varianten, bis man endlich etwas Passendes findet. Man käme viel schneller und sicherer zum Resultat, es wäre eine wahre Freude. Jeder würde sich mit schönen Dingen eindecken und wäre gut angezogen. Und was er im Schrank hat, könnte er jahrelang immer wieder voller Freude und Stolz und mit Erfolg anziehen.
Weshalb ist das nicht der Fall? Warum wird wider besseres Wissen Massenramsch in die Regale gestapelt, damit die Käuferschaft meint, das sei nun das, was man haben müsse, sonst würde es ja nicht verkauft und von all den anderen auch gekauft? Wer hat daran ein Interesse?
Und wer kommt auf die abstrusen Design-Hits? Nein, nein, es sind nicht die Jungen, wie uns die Trendgurus glauben machen wollen. Kein Jugendlicher geht von sich aus in ein Geschäft und fragt nach Hosen, die im Schritt bis zu den Waden runterhängen, ohne dass er sie nicht vorher irgendwo angepriesen oder an jemandem gesehen hat und daraus ableitet, das sei cool. Kein Erwachsener verlangt aus einer plötzlichen Eingebung heraus ein violettes Jackett mit hängenden Schultern oder Anzugshosen ohne Bügelfalten. Niemand hat das Verlangen nach Teddybären auf der Krawatte oder nach mausgrauen Hemden. Übrigens galten graue und gar schwarze Hemden bis anhin als typische Arbeits- und Uniformhemden, und sie werden durch die Mode nicht salonfähiger, sondern nur modisch. Der sie kauft, meint aber, er müsse sie haben, weil sie jemand zum Trend gemacht hat. Dabei sollte er eigenständig sein und sich davor bewahren. Es ist wie im Frühjahr mit den geschmacklosen Erdbeeren. Niemand wünscht sie sich, sie werden lediglich gekauft, weil sie da liegen und Lust auf (reife, gute) Erdbeeren machen.
Wissen, was
Der Einwand ist so nahe liegend wie berechtigt, dass ja niemand gezwungen werde, dieses oder jenes zu kaufen, jede(r) habe die Wahl. Hat man die wirklich? Oft läuft die viel gepriesene Konsumfreiheit nur darauf hinaus, sich für das kleinere oder das größere Übel entscheiden zu können. Wie soll ich wählen können, wenn es das, was ich gerne hätte, gar nicht gibt, oder wenn ich das, was es gibt, niemals wollen könnte?
«Nun gut», mögen Sie denken, «auf die Massenware mag das ja alles zutreffen. Aber was ist mit den berühmten Labels wie Akris, Armani, Boss, Cerutti, Genny, Valentino, Zegna und wie sie alle heißen? Das kann man doch gut tragen, auch im Business!» Ja und nein. Zugegeben, die renommierten Modeschöpfer und -schöpferinnen schneidern zum Teil wunderschöne Sachen, und manches hat Klasse. Aber aufgepasst: es genügt nicht, wenn Sie sich einfach auf diese Namen verlassen und sich sagen: «Wenn das schon so teuer ist, muss ja etwas dran sein und gut aussehen.» Der hohe Preis ist kein Garant. Es bleibt Ihnen auch hier nicht erspart, bewusst mit verlässlichen Kriterien zu selektionieren. Diese Couturiers machen trotz allem hauptsächlich Mode, im doppelten Sinne des Wortes, und sehen sich beim Prêt-à-porter immer auch zu Konzessionen gezwungen, weil mit dem Mainstream das große Geld zu machen ist.
Wenn Sie aber wissen, worauf es ankommt, kann Ihnen nichts passieren, Sie finden fast überall etwas Gutes und Erfreuliches – etwas mit Klasse – für Business wie für Gesellschaft, und sogar für die Freizeit – und es muss gar nicht teuer sein. Wahlfreiheit haben bedeutet nicht nur, wählen zu können, sondern wählen zu wissen. Das macht Sie zur Instanz.
Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit
Im Sommer 1999 trug jeder zweite Mann ein blaues Hemd mit einer gelben Krawatte. Ein Jahr später waren schwarze und graue Hemden mit schwarzen und grauen Krawatten an der Reihe, und im Herbst 2000 kam der Einheitslook aus dunkelroten Hemden mit dunkelgrauen Krawatten auf den Plan. Es ist unwahrscheinlich, dass all denen, die wie auf einen Schlag anfingen, schwarze, graue und dunkelrote Hemden zu tragen, diese Hemden gefielen plötzlich so viel besser als noch vor ein paar Monaten. Denn gegeben hat es sie schon immer, nur waren sie nicht Mode. Aber sobald etwas als modisch gilt, machen es alle nach. Wer mitmacht, was die Mode vormacht, hat es schwer, als Identifikations-