Kam, sah und siegte - Klasse ist lernbar. Christine Daborn
an der wöchentlichen Konferenz meine Geschäftsidee vorstellen durfte, kamen nach der Präsentation fast alle zu mir und rechtfertigten sich. Der eine sagte: «Ich weiß, ich hätte, heute Morgen die Button-down-Knöpfe am Kragen zumachen sollen.» Der andere gab zu: «Ja, ich habe einen Schuhtick, ich sollte nicht mit diesen hellgrauen Gummisohlen ins Büro kommen.» Ich weiß noch, wie ich überrascht war. Ich hätte nie gedacht, dass mein kleiner Vortrag so viel bewirken würde. Die hatten alle ein schlechtes Gewissen! Sie wussten genau, dass sie sich Nachlässigkeiten gestatteten, die sie sich in ihrer Position eigentlich nicht leisten konnten, aber morgen wiederholen würden. Ganz zu schweigen von den Patzern, deren sie sich nicht bewusst waren!
Schöne Menschen sieht man lieber
Auch heute, nachdem ich als Begründerin der Personal Identity® anerkannt bin, erlebe ich regelmäßig, dass sich die Leute sorgfältiger kleiden, wenn sie sich mit mir verabreden. Sie wollen einen guten Eindruck auf mich machen, sie wollen (mir) gefallen. Aber letztlich tun sie es für sich, nicht für mich. Denn wenn sie mir gefallen, dann hat es ihnen mit mir gefallen.
Diesen Mechanismus müssen wir uns merken. Sobald also jemand im Voraus weiß, dass der andere darauf achtet, wie er daherkommt, gibt er sich plötzlich mehr Mühe. Wenn also immer mehr wieder das Tenue correcte zum gesellschaftlichen Maßstab erheben, erfährt die Kleiderkultur ein Revival. Das könnte in unserer Gesellschaft in kurzer Zeit viel Positives bewirken. Statt Laisser-faire würden wieder Ansprüche gestellt, an sich und an die anderen. Es hätte allgemein Einfluss auf den Umgang miteinander, auch auf die Essens-, Ausgeh- und Reisekultur und nicht zuletzt auch auf die Beziehungskultur. Wir würden nicht länger einfach darüber hinwegsehen, wenn Auftreten und Benehmen zu wünschen übrig lassen, und immer weniger würden sich all die Verstöße so ohne weiteres erlauben. Was für ein angenehmeres Zusammenleben und Zusammenarbeiten wäre das. Wo wir hinsähen – Eleganz, Anmut und Klasse! Wir würden einander damit gegenseitig im Siegen unterstützen.
Gehen Sie voran
Gute Beispiele motivieren. Machen Sie einmal den Test und fangen Sie an, sich an Ihrem Arbeitsplatz eine Stufe formeller zu kleiden, als es üblich ist. Wie viele würden das übrigens – trotz Casual Boom – schon längst gerne tun, wagen es aber nicht, weil sie fürchten, sich dadurch ins Abseits zu manövrieren! Die Bedenken, overdressed zu sein, sind weit größer als die, underdressed daherzukommen, wahrscheinlich, weil das in den meisten Fällen sowieso nicht mehr möglich ist. Eine Bekannte erzählte mir vor kurzem, dass sie sich jedes Mal schwer Gedanken machen, was sie bei einer Einwohnerversammlung in der Gemeinde anziehen solle, um ja nicht positiv aufzufallen! Man muss sich das einmal überlegen, wohin diese Grundhaltung führt: Wenn sie weiter um sich greift und sich über die Kleiderfrage hinaus fortsetzt, dann dürfen wir uns bald nur noch so verhalten, wie die Ungehobeltsten unter uns, damit wir bloß niemanden vor den Kopf stoßen!
Wer wählen kann, begibt sich lieber in gute Gesellschaft. Es wäre somit allen gedient, wenn es möglichst viele Gesunde, Geliebte, Reiche und Schöne gäbe. Für Gesundheit, Liebe und Geld tun alle schon viel, nur das Aussehen wird übergangen. Werden wir aktiv, holen wir es aus dem Einzelfalldasein heraus und machen wir es populär.
Ich bin gut. Sieht man das?
Wissen Sie, dass Sie fantastisch sind? Sie sind das Beste, was Sie in diesem Moment sein können, sonst wären Sie etwas anderes. Sicher sind Sie mit sich nicht immer zufrieden und haben noch viel im Sinn, und hoffentlich hoch gesteckte Ziele. Aber um sie zu erreichen, können Sie nicht mehr tun, als jeden Tag Ihr Bestes zu geben, und morgen wieder und so weiter. Dafür hat Sie Ihr Schicksal mit genau dem ausgestattet, was Sie für Ihre Entwicklung brauchen. Der Punkt, an dem Sie sich jetzt in Ihrem Leben befinden, ist Ihre Pole-Position zur nächsten Stufe. Je mehr Sie zu sich finden, können Sie das, was Sie sind, entfalten.
Als Siegerin und Sieger haben Sie das Wichtigste begriffen: Siegen hört nie auf – am allerwenigsten der Sieg über sich selbst. Eigentlich sind es nur diese Siege, die uns wirklich weiter bringen, und wir machen immer dann einen wesentlichen Schritt, wenn er in unserem Leben fällig ist. Wir reden dann von einem Zufall. Es gibt aber keine Zufälle; Zufälle sind Ereignisse, die zu einem fälligen Entwicklungsschritt führen. Erfolge sind Folgeerscheinungen – zum Beispiel auf die Gedanken, auf die Sie sich in diesem Buch einlassen.
Sein oder Schein
Wenn Sie sich bewusst sind, wie gut Sie sind, könnte es natürlich leicht sein, dass Sie der Meinung sind, dass es auch genügt, dass Sie es sind, dass Sie es nicht auch noch zeigen müssen. Die Ansicht ist weit verbreitet, dass es nur auf die inneren Werte ankomme: Man müsse mehr sein als scheinen. Das ist ein stereotyper Satz, mit dem ich täglich konfrontiert werde und dennoch nichts anfangen kann. Es ist der Rechtfertigungs- und Verteidigungssatz für die Art und Weise, wie wir mit unserem Äußeren umgehen. Wenn er Ihnen aus der Seele spricht, ist es schade um Ihre Einzigartigkeit und um Ihre Qualitäten, weil Sie diese nicht so zur Geltung bringen, wie sie es verdienen und sie im Schatten vegetieren. Sie würden zwar gerne ans Licht, aber Sie halten sie aus irgendeinem Grund zurück. Was ist es?
Sind Sie zu bescheiden und stellen Ihr Licht unter den Scheffel? Das wäre unklug, denn wie sollte man darauf kommen, wie gut Sie sind (und andere in den Schatten stellen könnten), wenn Sie Ihre Fähigkeiten im Verborgenen darben lassen? Vielleicht finden Sie, dass es nicht wert sei, auszuleben, was Sie sind – oder Sie sind es sich selbst nicht wert. Bescheidenheit ist oft ein Zeichen mangelnden Selbstwerts, manchmal ein Hinweis auf fehlende Großzügigkeit (auch sich selber gegenüber), und fast immer hat sie auch mit Bequemlichkeit zu tun; wenn ich nicht mehr für mich beanspruche, dann muss ich mich auch nicht für mehr anstrengen.
Viele Menschen trauen sich nicht, ihre Großzügigkeit auch auszuleben, wenn es um sie selbst geht. Ich weiß, dieser Mut wird noch nicht an vielen Orten gelehrt. Ohne diesen Mut hindern sich die meisten jedoch am Siegen. Öffnen Sie Ihre Schleusen, geben Sie sich aus! Gehen Sie aus sich heraus und lassen Sie die anderen teilhaben an Ihrem inneren Reichtum. Holen Sie alles aus sich heraus und bringen Sie es zum Ausdruck. Gehen Sie nicht als Mogelpackung durchs Leben, indem Sie klammheimlich mehr sind, als Sie scheinen. Das ist den anderen gegenüber doch gar nicht nett. Irgendwie führen Sie sie hinters Licht, nur weil Sie sich selbst nicht aus dem Schatten bewegen. Selbstverständlich sollen Sie sich aber auch nicht an den Scheinwerfern verbrennen. Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie angeben und sich selbst und den anderen etwas vormachen.
Sein und Schein sind nicht einfach zwei Seiten der Medaille, sie machen die Medaille aus. Sein = Schein ist Identität. Alles andere ist entweder Attitüde (weniger scheinen wollen) oder Bluff (mehr scheinen wollen) oder Performance (etwas anderes scheinen wollen).
Form und Inhalt
«Schön und gut», werden Sie denken, «aber wieso hat das etwas mit meinem Äußeren zu tun? Ich kann doch meine Qualitäten auch anders zur Geltung bringen, ich kann darüber reden, ich kann Taten sprechen lassen.» Da haben Sie Recht, es gibt noch andere Möglichkeiten, aber keine einfacheren, keine direkteren, keine schnelleren. Und schnell muss es heute gehen, wenn Sie im Geschäftsleben die Nase vorn haben wollen.
Und übrigens: Gibt es einen Grund, weshalb nicht (auch) mit dem Äußeren? Es ist doch das, was man als Erstes von Ihnen sieht.
Kein innerer Wert ist wahrnehmbar ohne äußere Form. Alles Innere muss geäußert werden, damit es verstanden werden kann. Es genügt nicht, wenn Sie Ihren Lebenspartner oder Ihre Lebenspartnerin heiß und innig lieben. Sie müssen es immer wieder kundtun, mit Worten, Blumen, Streicheleinheiten. Zum Beispiel, indem Sie sich für ihn oder sie schön machen. Jede Äußerung ist Form. Die Kunst besteht darin, die dem Inneren adäquate Form zu finden. Form und Inhalt gehören zusammen, man kann sie nicht trennen, ja sie bedingen sich gegenseitig. Der Form fällt die vornehme Aufgabe zu, bestmöglich über den Inhalt zu in-form-ieren. Je besser der Inhalt, umso wichtiger ist die Form. Sie steht im Dienste des Inhalts. Wer die Form beherrscht, der erweist seinen inneren Werten den besten Dienst.
Nehmen