Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945. Erika Karner
in fünf Phasen, in denen er die Verfahren der Besatzungsmächte und der österreichischen Behörden getrennt darstellte:
„1. Von April 1945 bis Juni 1945, die militärische Sicherheitsphase, in der hauptsächlich Internierungen durch die Alliierten vorgenommen wurden.
2. Von Juni 1945 bis Februar 1946, die Phase der autonomen Entnazifizierung durch die Alliierten. In dieser Phase versuchten fünf verschiedene Instanzen (die österreichische Regierung und die vier Besatzungsmächte) in den einzelnen Besatzungszonen die Entnazifizierung durchzuführen, was zu Überschneidungen und widersprüchlichen Maßnahmen führen musste.
3. Von Februar 1946 bis Februar 1947, die Phase der österreichischen Entnazifizierung auf Grund der Gesetze von 1945 (Verbotsgesetz, Wirtschaftssäuberungsgesetz und Kriegsverbrechergesetz). Im Februar 1946 wurde der österreichischen Regierung die Entnazifizierungskompetenz für das ganze Land übertragen, die Alliierten zogen sich auf eine Kontrollfunktion zurück. Die Ergebnisse dieses autochthonen Entnazifizierungsprozesses waren jedoch auch unbefriedigend.
4. Von Februar 1947 bis Mai 1948, die Phase der österreichischen Entnazifizierung auf der Grundlage des Gesetzes von 1947. In dieser Phase wurden die vorgegebenen Entnazifizierungsmaßnahmen durchgeführt und abgeschlossen.
5. 1948 bis 1957, die Zeit der Amnestien.“292
In Österreich gab es nach Beendigung des Krieges 536.662293 NSDAP-Mitglieder, das entsprach in etwa acht Prozent der Wohnbevölkerung.294 Zwei Drittel dieser Personen sahen sich selbst als Ausnahmen und stellten sich als „gute Menschen“ dar.295
Der Historiker Ernst Hanisch betrachtete die Ergebnisse der Entnazifizierung zwiespältig. Während es in der ersten Phase zu einem Elitentausch kam, „das nationalsozialistisch durchsetzte Bürgertum verlor kurzfristig seine Positionen“, ergaben sich bald entgegengesetzte Ziele: „das Ziel des wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbaues, das Fachkräfte einforderte, und das Ziel der Entnazifizierung, das einen großen Teil der Fachkräfte entfernte.“296
Ab 1946 schuf der Kalte Krieg ein neues Feindbild, den Kommunismus, das es zu bekämpfen galt. Eine Aufgabe, der ehemalige Nationalsozialisten etwas abgewinnen konnten. Für Ernst Hanisch war das, neben anderen, ein Grund für die „Minderbelastetenamnestie von 1948 (480.000 Betroffene)“, in weitere Folge „wirkte der Konkurrenzdruck der Parteien zugunsten der ehemaligen Nationalsozialisten“ und die „Parteien suchten sich bei der raschen Durchsetzung der Gnadengesuche zu überflügeln“.297
Im österreichischen Parlament wurde nun zusehends die Meinung vertreten, dass es in einer Demokratie auf Dauer unerträglich sei, Bürger zweiter Klasse zu haben. Als Konsequenz daraus wurde mit der Eingliederung ehemaliger Nationalsozialisten in die Gesellschaft begonnen. Als Erfolg der Entnazifizierung bewertete Hanisch, „dass sich keine offene faschistische Partei wie in Italien bilden konnte“, dafür bildete sich neben der offiziellen antinazistischen Position „eine graue Zone des heimlichen Einverständnisses mit dem Nationalsozialismus heraus (so schlecht war das gar nicht; Übertreibungen sind gewiß passiert; es war eben Krieg…), von Traditionsverbänden gestützt, die jede ehrliche Diskussion der NS-Problematik blockierte“ und die ehrliche Aufarbeitung der Zeit lange verhinderte.298
Unter den Gartenarchitekten gab es mehrere NS-Registrierte:
• Albert Esch wurde zwar in die Registrierungsliste eingetragen, jedoch mit Bescheid vom 2. Dezember 1947 aus der Liste gestrichen;299
• Wilhelm Hartwich wurde nach seiner Rückkehr aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft 1947 in die NS-Registrierungsliste eingetragen, als „minderbelastet“ eingestuft und mit Bescheid vom 20. Juni 1949 amnestiert;300
• Eduard Ihm wurde nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft in Wien in die Registrierungsliste 61/47/IX eingetragen und als „minderbelastet“ eingestuft. Die Streichung aus der Liste erfolgte 1950;301
• Viktor Mödlhammer wurde 1946 als Nationalsozialist registriert, als „minderbelastet“ eingestuft und musste Sühneabgabe leisten. Es ist unklar, wann Mödlhammer aus der Liste gestrichen wurde, laut A.V. vom 5. März 1952 war er in der Registrierungsliste des 7. Bezirkes mit der Nummer 398/Okt. 48 eingetragen;302
• Otto Trenkler wurde in die NS-Registrierungsliste eingetragen und als „belastet“ eingestuft; er erhob Einspruch und sollte mit Bescheid vom 17. November 1947 aus der Liste gestrichen werden. Die Kommunistische Partei Österreichs erhob Einspruch gegen diesen Bescheid. Das darauffolgende Verfahren wurde im November 1949 im Sinne Trenklers entschieden;303
• Josef Oskar Wladar wurde in die NS-Registrierungsliste eingetragen und als „minderbelastet“ eingestuft, musste Sühneabgabe leisten und war zumindest bis 4. April 1950 rechtskräftig in dieser Liste verzeichnet. Der Zeitpunkt der Streichung oder Amnestie ist unklar.304
2.5.2 Restitution
Nach Kriegsende wurde nach Wegen gesucht, mit den in Österreich während der NS-Zeit stattgefundenen Beraubungen umzugehen.
Die Haltung Österreichs war zwiespältig. Einerseits betrachtete man sich als „Opfer“ und berief sich darauf, dass Österreich in der Zeit von März 1938 bis April 1945 kein souveräner Staat mehr gewesen sei und daher grundsätzlich keine Haftung oder Verantwortung für Verbrechen aus diesem Zeitraum übernehme. Andererseits erklärte die Regierung „diskriminierende Gesetze und auch darauf basierende Rechtsgeschäfte, die unter dem Druck rassischer und politischer Verfolgung in diesem Zeitraum zustande gekommen waren, für null und nichtig“, womit der Wille bekundet wurde, Opfer wieder in ihre Rechte einzusetzen.305
Die für die Restitution von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen wesentliche Rechtsgrundlage bildeten die ersten drei Rückstellungsgesetze: das Erste Rückstellungsgesetz, das der Nationalrat am 26. Juli 1946 verabschiedete, regelte die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in der Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befanden.306 Das Zweite Rückstellungsgesetz, das am 6. Februar 1947 verabschiedet wurde, behandelte die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich auf Grund von Vermögensverfall im Eigentum der Republik befanden. Am gleichen Tag, an dem das Zweite Rückstellungsgesetz beschlossen wurde, verabschiedete der Nationalrat auch das Dritte Rückstellungsgesetz, dem gemeinsam mit dem Ersten Rückstellungsgesetz für die Rückstellung entzogener Liegenschaften die größte Bedeutung zukommen sollte.307 Dieses Gesetz bezog sich auf Vermögensentziehung durch Privatrechtsgeschäfte zwischen – bedingt durch die politischen Verhältnisse des vorangegangenen Zeitraums – ungleichen Vertragspartnern. Besonders der Verabschiedung des zuletzt genannten Gesetzes waren langwierige Diskussionen vorangegangen, die die Beschlussfassung