Fluch der verlorenen Seelen. Darina D.S.

Fluch der verlorenen Seelen - Darina D.S.


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Waschbecken. Du kannst deine Räumlichkeit so dekorieren, wie du möchtest«, erklärte der Professor und kramte unterdessen den Schlüssel aus seiner Schublade.

      »Wo sind die Zimmer und warum muss ich in den Unterricht?«, fragte Amalia unsicher und zupfte ihr Haar.

      »Wirklich, das Wichtigste hat sie dir nicht gezeigt? Die Unterbringungen der Mädchen sind auf diesem Stockwerk, die der Jungen auf dem zweiten. Im dritten befinden sich die Lehrräume. Du gehst nach rechts aus meinem Büro raus und dann läufst du den Gang bis zum Ende – auf das Fenster zu. Dein Zimmer ist das letzte auf der rechten Seite«, informierte sie der Professor und überreichte Amalia Schlüssel und Plan. »Ich weiß, dass du mit sechzehn Jahren nicht mehr schulpflichtig bist, aber hier an der Akademie werden Fächer unterrichtet, die es an keiner anderen Schule gibt. Mehr dazu erkläre ich dir morgen. Jetzt schlaf dich erst mal aus und komm morgen, wenn du fit bist, in mein Büro. Ach, und noch etwas: Der Westflügel ist gesperrt. Er wird schon seit Jahren nicht mehr benutzt.«

      »Danke. Aber eine Frage habe ich noch.« Amalia spielte nervös mit dem Schlüssel. »Was hat es mit diesen Groohls auf sich?«

      »Amalia, vorerst reicht es, wenn du weißt, dass du hier vor diesen Kreaturen sicher bist. Alles andere zu einem späteren Zeitpunkt. Komm jetzt erst mal an und leb dich ein.«

      »Okay … Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend«, sagte Amalia, während sie das Büro mit gemischten Gefühlen verließ. Sie schlenderte den Gang entlang zu ihrem Zimmer und schaute sich neugierig um.

      Genauso wie die Fassade bestand der Flur aus Backsteinziegeln. An den Wänden zwischen den Zimmertüren fanden sich vereinzelt alte Fackelhalter aus Messing.

      Nach außen hin merkte man Amalia die Aufregung nicht an, die sie innerlich jedoch zerfraß. Mit zitternden Händen sperrte sie die Tür zu ihrem Zimmer auf. Das Erste, was sie wahrnahm, war der Geruch von Staub. Hier hatte sich anscheinend schon länger niemand mehr aufgehalten. Beim ersten Schritt in den kompakten Raum fingen die Dielen an zu knarzen. Interessiert begutachtete sie die wenigen Möbel. Zu ihrer Rechten befand sich ein rustikaler Kleiderschrank aus dunklem Holz. Unter dem breiten Fenster gegenüber der Tür stand ein alter Schreibtisch aus dem gleichen Holz wie der Schrank mit dem dazu passenden Stuhl. Links von ihr sah sie eine weiße Tür in einer eindeutig nachträglich hochgezogenen Wand. Amalia vermutete dahinter das Badezimmer. Um dies zu überprüfen, öffnete sie die Tür einen Spalt und steckte ihren Kopf hinein. Ohne den Lichtschalter betätigen zu müssen, erkannte sie Dusche, Toilette und Waschbecken. Amalia zog den Kopf wieder heraus und fuhr mit ihrer Erkundung fort. Zwischen dem dazugebauten Raum und der Fensterwand ergab sich eine Nische, in der ein Einzelbett stand. An der rechten Wand, zwischen Schreibtisch und Kleiderschrank, hing ein Bücherregal mit drei Ebenen. Obwohl das Zimmer durch die spärliche Einrichtung unpersönlich wirkte, konnte Amalia nicht leugnen, dass sie sich ein wenig geborgen fühlte. Dies war ein Ort, der nur ihr gehörte. Sie riskierte einen kurzen Blick auf den Unterrichtsplan und sah merkwürdige Abkürzungen wie WK und SK. Amalia legte den Plan auf den Schreibtisch und warf sich erleichtert aufs Bett. Dabei atmete sie tief aus, um die Last der vergangenen Tage abzuschütteln. Deprimiert bemerkte sie, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Dann übermannte sie plötzlich die Müdigkeit. Zum ersten Mal seit langer Zeit schaffte sie es, in tiefen Schlaf zu fallen.

      Amalia fühlte die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht, ein angenehmes Kribbeln durchdrang ihren Körper. Sie blinzelte und reckte die Arme in die Höhe. Verschlafen blickte sie sich um und erkannte, dass sie den Vorhang nicht zugezogen hatte. Das breite Fenster erstreckte sich vom Schreibtisch bis fast über das gesamte Bett.

      Gähnend richtete sie sich auf und streckte die Beine aus, dann stand sie langsam auf und wankte schlaftrunken ins Bad. Sie drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich die kalten Tropfen ins Gesicht. Mit zusammengekniffenen Augen griff sie zu dem Handtuch neben dem Waschbecken und trocknete sich ab. Schwer ausatmend warf sie einen Blick in den Spiegel.

      Es wirkte alles so surreal und für einen kurzen Moment keimte Misstrauen ihrem Verstand gegenüber auf. Angst beschlich sie, dass sie gleich aufwachen würde und alles nur ein Traum gewesen wäre. Sie schüttelte den Kopf – nein, so weit reichte ihre Fantasie nicht, um sich ein solches Konstrukt auszudenken. Sie zupfte sich die Haare zurecht und trat aus dem Bad. Hastig nahm sie den Unterrichtsplan vom Schreibtisch und schlüpfte in ihre Turnschuhe. Ihren Blick in den Plan versenkt, marschierte sie zum Büro des Professors; sie wollte mit ihm sprechen, bevor Freya zu ihr kommen würde.

      Kurz blieb sie vor seiner Tür stehen, dann klopfte sie leise an. Als sie seine freundliche Stimme dazu aufforderte, trat sie ein. Der Professor begrüßte sie mit einem netten Lächeln und offerierte ihr den Platz gegenüber. Amalia nickte und setzte sich; zitternd hielt sie das Blatt in den Händen und starrte nervös auf das Stück Papier, nicht wissend, was sie in diesem Gespräch erwartete.

      »Amalia, ich kontaktiere umgehend deine Pflegefamilie, denn wie ich sehe, trägst du immer noch die Kleidung der Psychiatrie. Sie sollen alles herrichten und ich lasse es von unserem Hausmeister abholen. Und natürlich kläre ich auch mit ihnen, wer sich um dein Taschengeld kümmert.«

      »Vielen Dank. Mein Taschengeld?«

      »Ja, Amalia, jeder an der Akademie erhält Taschengeld, entweder von seinen Eltern, aus Erbschaften oder eben von uns«, erklärte Professor Adams.

      Amalias Augen leuchteten, die Anspannung wich allmählich einem wohligen Gefühl. »Ich habe eine Frage: Was bedeuten die Abkürzungen WK und SK?«

      Der Professor schmunzelte. »Das sind eben diese Fächer, die du sonst an keiner anderen Schule finden wirst. Dieser Ort ist für Menschen mit besonderen Fähigkeiten und diese gilt es zu fördern. Dies geschieht unter anderem in den Unterrichtsfächern Waffenkunde und Seelenkunde.«

      »Was meinen Sie mit diesen besonderen Fähigkeiten genau?«, hakte Amalia nach.

      Der ältere Mann strich sich übers Kinn. »Amalia, ich möchte, dass du jetzt erst mal ankommst und dich einlebst. Nächste Woche beginnt der Unterricht für dich und davor hast du noch ein Gespräch mit dem Leiter der Akademie. Er wird mit dir alles Wichtige besprechen.«

      »Nein, ich möchte jetzt schon in den Unterricht und mir die neuen Fächer wenigstens ansehen, so kann ich mich viel besser einleben und bin nicht allein mit meinen Gedanken.« Sie schnaufte frustriert. »Nach allem, was in letzter Zeit passiert ist, brauche ich ein wenig Ablenkung.«

      »Von mir aus. Auch wenn das dem Akademieleiter nicht gefallen wird, gestatte ich dir, ab morgen den Unterricht zu besuchen, aber nur als stille Zuhörerin. Dir fehlt wichtiges Vorwissen, um dem Unterrichtsstoff folgen zu können. Ich möchte, dass du dich wohlfühlst, sollte dich das aber überfordern, kannst du jederzeit zu mir kommen. Ich gebe den Lehrern Bescheid und Freya, sie wird dich zu den Räumen bringen.«

      »Ich danke Ihnen!« Amalia lächelte.

      »Ich bitte dich wirklich, von Fragen bezüglich der Groohls und Akademie abzusehen. Der Leiter will dich selbst darüber aufklären, das hat er ausdrücklich verlangt.«

      Amalia nickte und die beiden unterhielten sich noch eine Weile, bis sie sich verabschiedete und in ihr Zimmer zurückkehrte. Dort wurde sie bereits von Freya erwartet. Ungläubig starrte Amalia die Brünette, die im Schneidersitz auf ihrem Bett saß, an.

      »Hey! Na, warst du noch mal bei Professor Adams?«

      »Heeey! Ja und was machst du in meinem Zimmer? Und woher wusstest du, welches es ist?« Amalia legte den Kopf schief und kräuselte die Stirn.

      »Na, auf dich warten. Ist ja nicht abgeschlossen. Vom Professor, ich war gestern Abend noch bei ihm und jetzt erzähl.« Freya klopfte neben sich aufs Bett und deutete Amalia mit einer einladenden Kopfbewegung an, neben sich Platz zu nehmen.

      »Ja, ich darf ab morgen schon in den Unterricht.« Sie setzte sich breitgrinsend auf die Matratze.

      »Echt?« Freya blinzelte sie verwundert an. »Ist das nicht etwas zu früh? Ich meine, du hattest noch nicht mal ein Gespräch mit dem Akademieleiter und manche Fächer sind etwas anders.«

      »Ich


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