Basiswissen ITIL 4. Nadin Ebel

Basiswissen ITIL 4 - Nadin Ebel


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aufzuschlüsseln und zu verrechnen. In Bezug auf all diese Herausforderungen bietet ITIL Hilfestellung an.

      Ein besonderes Augenmerk ist auf IT-Bereiche zu lenken, deren Infrastrukturen und Abläufe historisch gewachsen sind. Sie müssen sich der Kritik stellen, stark technikgetrieben, nicht ausreichend anpassungsfähig zu sein und häufig ineffizient zu arbeiten. Um den Schritt in Richtung Systematisierung und Professionalisierung zu gehen, nutzen IT-Organisationen ITIL.

      Im Zuge der vorangegangenen Erläuterungen zum Dienstleistungsmanagement und der dabei geschilderten Kundenorientierung geht es für die IT-Organisation um die bewusste und zielgerichtete Bereitstellung des Leistungspotenzials. So kann sie anforderungsgerecht unter Einbezug der externen Ressourcen von Kundenseite und der eigenen, internen Faktoren eine optimale Dienstleistungserstellung für den Kunden realisieren. Die IT-Organisation stellt letztlich den Nutzen für den Kunden als Dienstleistungsergebnis bereit. Diese analytische Aufschlüsselung in die drei Perspektiven eines Dienstleistungsprozesses (Leistungspotenzial, Leistungserstellung, Leistungsergebnis) ermöglicht gleichzeitig eine Reduzierung der Komplexität im IT Service Management. Die gesamte IT-Dienstleistungserbringung innerhalb der IT-Organisation lässt sich dadurch leichter durchschauen und strukturieren.

       1.3.1ITIL als Best Practice

      Bei ITIL geht es vor allem darum, basierend auf der Kunden- und Wertorientierung eine anforderungsgerechte Qualität der IT Services anzubieten und diese im Sinne des Unternehmens und der damit verbundenen Geschäftsziele zu optimieren. ITIL steht also auch für Kunden- und Marktorientierung in der IT. Neben der Orientierung in Richtung Kunde und Wertschöpfung, die sich als ein Kerngedanke stets in ITIL wiederfindet, gibt es eine zweite Maxime, die als Grundvoraussetzung für das Verständnis der ITIL-Inhalte und für die erfolgreiche Etablierung des IT Service Management im Unternehmen zu verstehen ist: die notwendige Anpassung der ITIL-Theorie an die unternehmensspezifischen Gegebenheiten und Anforderungen in der tagtäglichen Praxis (»adopt and adapt«).

      ITIL ist keine offizielle Norm wie die ISO-9001-Familie, sondern ein De-facto-Standard. Im Gegensatz zum De-jure-Standard, der über ein Normungsinstitut offiziell abgesegnet wird, stützt sich ein De-facto-Standard auf seine Akzeptanz und Verbreitung. Das heißt, ITIL hat im Laufe der Jahre so viel Akzeptanz und Verbreitung erfahren, dass die Inhalte des Frameworks als sogenannte Best Practices anerkannt sind. Sie haben sich als »beste verfügbare Verfahrensweisen«, die sich in der Praxis bewährt haben, etabliert. Daher orientieren sich Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und andere Organisationen an ITIL.

      Da ITIL also keine Norm und kein starres Regelwerk darstellt (auch wenn manche »ITIL-Jünger« gerne das Gegenteil behaupten), muss jede IT-Organisation das Thema IT Service Management individuell angehen, definieren, planen und umsetzen – jeweils entsprechend ihrer eigenen Bedürfnisse und ihrer Organisationskultur. Dabei können die ITIL-Inhalte als Grundlage und Orientierungshilfe dienen. Auch aus diesem Grund wird davon gesprochen, dass ITIL ein Grundgerüst (Framework) für die jeweilige Organisation schafft. Die Theorie aus den ITIL-Büchern in ihrer doch etwas idealisierten Darstellung darf auf keinen Fall »blind«, kritiklos und ohne Adaptierung über die IT-Organisation gestülpt werden. ITIL stellt lediglich das Skelett, das die IT-Organisation mit »Fleisch« und Leben füllt. So wird IT Service Management in der jeweils individuellen Ausprägung zur »Good Practice« der jeweiligen Organisation.

       1.3.2Chancen und Vorteile

      Durch die Nutzung von Best Practices und der Inhalte des ITIL Frameworks verspricht die IT-Organisation sich eine Reihe von Vorteilen. Dazu gehören die Erhöhung der Effektivität und Effizienz, gefolgt von der damit einhergehenden Kostensenkung, Steigerung der Prozess- und Service-Qualität und der Erhöhung der Kundenzufriedenheit.

      Die Effektivität drückt aus, ob ein definiertes Ziel erreicht wurde, und lässt eine Aussage darüber zu, ob die richtigen Dinge getan wurden (siehe Abb. 1–9). Dies steht in enger Verbindung zum Begriff »Qualität«. Qualität wird (laut ISO 8402) als »Gesamtheit der Eigenschaften und Kennzeichen eines Produkts bzw. eines Service verstanden, die zur Erfüllung der festgelegten oder selbstverständlichen Bedürfnisse wichtig ist«. Die Norm DIN EN ISO 9001 beschreibt Qualität als »Vermögen einer Gesamtheit inhärenter (lat. innewohnender) Merkmale eines Produkts, eines Systems oder eines Prozesses zur Erfüllung von Forderungen von Kunden und anderen interessierten Parteien«.

      Die Effizienz hingegen basiert auf der Bewertung von Input- und Output-Relation (mit den gegebenen Mitteln eine möglichst hohe Ausnutzung erreichen oder eine definierte Ausgestaltung mit möglichst wenig Mitteln realisieren) und beantwortet die Frage, ob die Dinge richtig (hier: mit optimalem Mitteleinsatz) getan wurden.

       Bei der Bewertung der Effektivität wird zum einen der Zusammenhang zwischen Maßnahme (Mitteleinsatz, Input) und Ergebnissen (Wirkung, Output), zum anderen zwischen diesen Ergebnissen und den Zielen betrachtet. Eine Maßnahme ist umso effektiver, je besser über sie die angestrebten Ziele erreicht wurden bzw. je besser die Ergebnisse mit Inhalt und Ausprägung den Zielvorgaben entsprechen.

       Effizienz beschäftigt sich mit dem Nutzungsgrad des Potenzials, das in einem bestimmten Vorgehen oder in eingesetzten Ressourcen steckt. Dabei kann zwischen zwei Ausprägungen unterschieden werden. Zum einen kann sich eine hohe Effizienz darin zeigen, dass bei gegebenen Ressourcen das beste Ergebnis erzielt wird. Zum anderen ist es möglich, ein definiertes Ergebnis mit minimalem Ressourceneinsatz zu liefern.Hohe Effizienz stellt eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Effektivität dar.

      Bei der Untersuchung der Effizienz geht die Fragestellung von den eingesetzten Verfahren oder Ressourcen aus (Inputs) und betrachtet deren Nutzung. Die Untersuchung der Effektivität erfolgt ausgehend von den Zielen und Ergebnissen und stellt die Frage, ob das richtige Verfahren oder passende Ressourcen (Input) gewählt wurden.

       Abb. 1–9 Beziehung zwischen Effizienz und Effektivität (in Anlehnung an Wimmer/Neuberger 1998)

      ITIL unterstützt die strategische, taktische und operative Zielerreichung des IT Service Provider (z.B. in Bezug auf den Zeithorizont der Planung und die Fristigkeit, vgl. Horváth 2011).

      Auf der strategischen Stufe geht es um die grundsätzliche Entwicklung der Gesamt-IT-Organisation bzw. bei einem externen Service Provider um die Entwicklung der gesamten Unternehmung. Diese wird für einen längeren Zeitraum (z.B. 10–15 Jahre) geplant, gesteuert und kontrolliert (vgl. Hahn/Taylor 2006). Es handelt sich um umfassende Veränderungen, die auf dieser Stufe geplant werden und die das Gesamtsystem (abhängig vom Service-Provider-Typ) betreffen. Auf der taktischen Stufe werden konkrete operationale Ziele aufgestellt und die dazugehörigen Teilbereiche aufgestellt und definiert. Maßnahmen und Ressourcen, die der jeweiligen Zielerreichung dienen, gehören ebenfalls dazu. Die kurzfristige Planung und die konkrete Umsetzung der taktischen Pläne erfolgen auf der operativen Stufe. Dies bezieht sich auf die Leistungserstellungsprozesse im Rahmen der vorhandenen Ressourcen. Hier werden die diesbezüglichen Detailprobleme gelöst und die Vorhaben auf Basis von differenzierten Teilplänen umgesetzt (vgl. Pfohl 1981).

      Eine Unterstützung der verschiedenen Planungsstufen und Gestaltungsgesichtspunkte realisiert der Service Provider durch die Implementierung eines umfassenden Frameworks für die Vorgehensweisen der IT, das alle Bereiche und Aspekte der Bereitstellung von IT Services berücksichtigt. Die folgenden Vorteile durch die Nutzung von ITIL sind die Konsequenz daraus (siehe auch Abb. 1–10):

       Ausrichtung der Service-Erbringung an den Anforderungen der Geschäftsprozesse und damit für den oder die jeweiligen Kunden

       Verbindung


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