Der Club der Unzertrennlichen - Skandinavien-Krimi. Elsebeth Egholm

Der Club der Unzertrennlichen - Skandinavien-Krimi - Elsebeth Egholm


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Pfefferkörner.

      »Du hast die mexikanische gekauft«, sagte Marie mit hasserfüllter Stimme. »Die kann ich nicht ausstehen.«

      Mit diesen Worten verließ sie die Küche.

      »Du meine Güte«, murmelte Pernille. »Was für eine kleine Dame!«

      Mette setzte sich mit verletzter Miene.

      »Ich habe doch ausdrücklich um Peperoni gebeten«, sagte sie dann.

      »Aber offenbar nicht deutlich genug«, meinte Donald.

      Isabel hatte gehofft, dass Donald sich zurückziehen würde, wenn die Kinder im Bett lagen. Doch erst, als der Kaffee getrunken und der letzte Rest Wein verschwunden war, erhob er sich und wünschte eine gute Nacht.

      »Ich muss noch ein Projekt zu Ende bringen, deshalb überlasse ich euch jetzt euch selber und eurem Gewissen«, teilte er mit einer kleinen Verbeugung mit.

      Mette lächelte ehefrauenhaft, als er ihr einen Kuss auf die Stirn drückte.

      »Later, honey.«

      Sie hörten dem gedämpften Saxofonspiel im Radio ein wenig zu. Dann erhob sich Mette, und Isabel ging davon aus, dass das das Zeichen zum Aufbruch war, und sie und Pernille ins Gästedoppelbett folgen sollten.

      »Moment noch«, sagte Mette über ihre Schulter gewandt und erschien gleich darauf mit einer Flasche Hennessy XO und drei Gläsern. »Sollen wir uns nicht erst die richtige Bettschwere geben?«

      Pernille hob eine Augenbraue.

      »Donalds?«

      »Morgen gibt’s Ärger. Aber daran wollen wir jetzt nicht denken.« Mit diesen Worten öffnete sie die Flasche und goss die warme, würzige Flüssigkeit in die Gläser.

      »Auf Solveigs Leben. Auch wenn es nur kurz war, hat es doch große Freude bereitet. Jedenfalls uns anderen«, fügte sie leise hinzu.

      »Und obwohl es an Verliebtheiten mangelte, hatte es auch seine lichten Momente. Die muss es einfach gehabt haben«, erklärte Isabel.

      »Es gibt auf der Welt noch andere Dinge als Verliebtheit«, sagte Mette.

      »Was denn?«, fragte Isabel neckend.

      »Sex.«

      Pernille prustete los.

      »Ausnahmsweise sprichst du mir voll aus der Seele.«

      Aber Mette war ernst geblieben.

      »Ich glaube aber auch nicht, dass Solveig ein Sexualleben hatte«, sagte sie leise.

      JANUAR 1981

      METTE

      Irgendjemand weinte. Ein trockenes, krampfhaftes Schluchzen hallte im Zimmer wider und schwebte aus dem Fenster, das das ganze Jahr hindurch auf Kipp stand.

      Mette öffnete die Augen. Und im selben Moment wusste sie, dass das Geräusch von ihr selber stammte. Das leise Schluchzen steckte ihr noch immer im Leib, es reichte bis hinunter in ihre Bauchkrämpfe. Und das Gefühl der Trauer war ebenso überwältigend wie in ihrem Traum.

      Sie schauderte. Es war kalt. Sie fror am Hals und sehnte sich nach dem Kätzchen, das sich immer zufrieden unter ihrem Kinn aufrollte, wenn sie schlief. Wo mochte es stecken?

      »Oliver!«

      Leise rief sie durch ihre kleine Einzimmerwohnung, aber keine Antwort war zu hören. Das allein war schon seltsam, denn der Siamkater hatte sich von Anfang an durch sein »gutes Organ« ausgezeichnet, wie Isabels Großmutter immer sagte, wenn jemand für seine laute Stimme gelobt wurde. Sie benutzte diesen Ausdruck nicht für Katzen, sondern für den Hofreporter Poul Jorgensen aus dem Fernsehen, der immer Rücksicht auf das schlechte Gehör alter Damen nahm.

      Mette schob die Decke beiseite, setzte die Füße auf den Flokati und stieg in ein Paar Lammfellpantoffeln. Voller Besorgnis schlüpfte sie dann in einen dicken Pullover und rief noch einmal nach ihrem Kater.

      »Oliver, wo steckst du? Miez, Miez!«

      Dann fiel ihr sein Versteck ein. Als sie ihn vier Monate zuvor bekommen hatte, war er plötzlich verschwunden gewesen. Später, nachdem Solveig und Pernille zum Suchen geholt worden waren, hatten sie ihn unter dem Sofapolster gefunden. Sie hatte dieses verdammte Möbelstück vorher schon einmal auf den Kopf gestellt, ohne den Kleinen entdeckt zu haben.

      Sie fiel auf die Knie und schaute unter dem Sofa nach.

      »Oliver«, rief sie leise. »Bist du da?«

      Sie musste immer wieder rufen. Geduld war im Umgang mit Siamkatzen eine Tugend, das wusste sie von zu Hause, denn ihre Mutter war eine eifrige Katzenzüchterin. Ihre Katzen waren von ganz eigenem Wesen. Fremden gegenüber waren sie schüchtern und fast schon feindselig, hingen zum Ausgleich aber an ihrem Frauchen wie ein Hund.

      Endlich war aus der Tiefe der Federn ein leises Piepsen zu hören.

      »Jetzt komm schon«, lockte Mette.

      Noch ein Piepsen. Danach ein etwas längeres Miau. Mette wartete. Sie spürte, dass hier etwas nicht stimmte. Endlich – nach einem langen, klagenden Selbstgespräch – kam der Kater zum Vorschein. Er schaute sie vorwurfsvoll an, als er sich auf drei Beinen über den Boden schleppte und das vierte jämmerlich hinter sich herzog.

      Solveig stellte keine Fragen, obwohl es Sonntag und erst neun Uhr morgens war.

      »Ich komme«, versicherte sie am Telefon. »Und ich bring uns ein paar von den fertigen Brötchen aus der Schweizer Bäckerei mit . . . ich kenne einen Tierarzt.«

      Solveig kannte immer irgendjemanden, entweder aus ihren zahllosen Sportvereinen oder aus dem Kreis der Bekannten, die ihre Eltern wie die Satelliten umgaben. Wie gut sie diese Leute kannte, war eine andere Frage, aber Mette war doch dankbar für jede kleine Empfehlung an jemanden, der ihren Kater retten konnte.

      Während sie auf Solveig wartete, saß sie bei dem Kater auf dem Boden und redete auf ihn ein wie auf einen Freund.

      »Wo hast du dich heute Nacht bloß rumgetrieben, du Trottel? Hast du im Verkehr gespielt?«

      Obwohl er einwandfrei Schmerzen hatte, schnurrte Oliver angesichts von so viel Aufmerksamkeit. Er schmiegte sich an Mettes nackte Beine, und sie legte sich zu ihm auf den Flokati und deckte sie beide mit ihrer Bettdecke zu.

      Sie wurde von Solveigs ausdauerndem Klingeln geweckt.

      »Und wo steckt der Patient?«

      »Hier unten«, sagte Mette schlaftrunken. »Wir waren weggeknackt.«

      Solveig warf im Vorübergehen eine Tüte mit Brötchen auf den Küchentisch. Dann sah sie sich Oliver an.

      »War er heute Nacht draußen?«

      »Das macht er so ungefähr jede Nacht. Wir haben doch die Katzentür.«

      »Meine Fresse. Das darfst du? Du Glücksschwein! Du musst ja bei Mikkelsen einen dicken Stein im Brett haben.«

      Mette zuckte mit den Schultern. Mikkelsen war der Vermieter, dem die beiden Wohnungen im ersten und zweiten Stock gehörten.

      »Nach der Sache mit meinem Vater habe ich ihm wohl Leid getan.«

      Solveig nickte verständnisvoll. »Natürlich. Aber trotzdem. Nicht viele Vermieter erlauben Haustiere. Wenn ich danach fragte, würde mein Vater einen Herzschlag erleiden.«

      Das Haus, in dem Solveig wohnte, gehörte ihrem Vater. Neben seiner Arbeit als Arzt verdiente er sich als Immobilienmakler noch etwas dazu.

      Mette holte den Katzenkorb aus dem Schrank. Vorsichtig schob sie Oliver durch die Tür.

      »Und da hilft nicht einmal eine gute Portion altmodischer Nepotismus?«

      »Nein, ganz schön mies, was?«, fragte Solveig über ihre Schulter, während sie in die Küche lief. »Ich mach uns schnell einen Tee, wenn dir das recht ist. Ich habe


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