Frau Dirne. Artur Hermann Landsberger

Frau Dirne - Artur Hermann Landsberger


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war der Schein wert?“

      Frau Ina fuhr auf:

      „Sie haben mich betrogen!“

      „I Gott bewahre!“ erwiderte er. „Höchstens Sie mich.“

      „Was bedeutet das?“

      „Der Schein war richtig ausgestellt über viertausendfünfhundert Mark Zinsen, die Sie mir schulden.“

      „Nun also.“

      „Aber, was war er wert? Wovon wollten Sie zahlen?“ — Er sah sich im Zimmer um. „Alles, was in der Wohnung steht, alles, was Sie am Leibe haben, gehört mir. — Nur Sie noch nicht.“

      Frau Ina sprang auf.

      „Ich rufe meinen Mann!“

      Katz schüttelte in aller Ruhe den Kopf.

      „Das tun Sie nicht. Denn Sie wissen genau, der kann’s nicht ändern. — Im übrigen: weiss er von alle dem was?“

      „Nein.“

      „Wovon glaubt er, dass das Geld für Ihren Luxus und Ihre Gesellschaften herrührt?“

      „Er ist ein Kind, das nicht nachdenkt und mir blind vertraut.“

      „Wollen Sie ihm nicht reinen Wein einschenken?“

      „Sie sagten doch eben selbst, er kann’s nicht ändern.“

      „Aber am Ende muss er seine Dispositionen treffen.“

      „Er tut seinen Dienst — basta!“

      „Wenn Sie fallieren, wird er den Dienst quittieren müssen.“

      „Ich? — Wie meinen Sie das?“

      „Dass ich einzutreiben und zu versteigern gedenke.“

      Frau Ina fuhr auf:

      „Sie wollen mich ruinieren?“

      „Das haben Sie selbst getan. Für Ihre gesellschaftlichen Ambitionen hätten Sie eine Rente von hundertundfünfzigtausend Mark benötigt. Wenn ich nicht irre, beträgt das Gehalt eines Rittmeisters aber nur sechstausend Mark.“

      „Damit hätte ich in einem Gartenhaus in einer Dreizimmerwohnung verkümmern können.“

      „Ich gebe zu, dass das schade gewesen wäre. — Sie waren klug und haben wenigstens ein paar Jahre lang Ihr Leben genossen.“

      Frau Ina wandte sich jetzt beinahe flehend zu ihm:

      „Und nun wollen Sie mich untergehen lassen?“

      „Ich habe Ihnen geholfen, solange Sie mir Sicherheit boten. Die aber ist erschöpft.“ — Er beugte sich wieder zu ihr und sagte flüsternd: „Sie kennen meine Liebhabereien.“

      Frau Ina schloss die Augen.

      „Sie sprachen mir davon“, hauchte sie.

      „Ein reicher Amerikaner hat mir für die Mantelschliesse des heiligen Ludwig von Frankreich, die der Probst Weidner in Verwahrung hat, über eine Million geboten.“

      „Ich sagte Ihnen doch schon, die Jahreszahl 1234 fehlt; das Email ist ersetzt.“

      „Beidem liesse sich abhelfen.“

      Frau Ina zitterte jetzt am ganzen Körper; mit ihren Händen machte sie Bewegungen, als wenn sie einen Rosenkranz zwischen den Fingern hielte.

      „Wenn Sie sich aus religiösen Bedenken scheuen, es heimlich zu entwenden,“ drang Katz in sie, „mit dem Probst Weidner liesse sich schon ein Abkommen treffen.“ — Frau Ina zuckte zusammen. — „Schliesslich haben Sie ihn ja in der Hand. Ein Keuschheitsgelübde wiegt schwerer als ein Ehegelübde. Ihr Gatte verzeiht Ihnen; der Bischof ihm nicht. — Verschaffen Sie mir die Schliesse, so gebe ich Ihnen die Mittel für weitere fünf Jahre in diesem Stil. Sie hätten Ruhe vor mir! Bedenken Sie, was das heisst! — Und die Absolution von ihm haben Sie, wenn Sie wollen, im voraus.“

      Frau Ina wurde schwarz vor den Augen. Sie konnte die Gegenstände nicht mehr unterscheiden. Nur die Hände mit den abgeschabten roten Handschuhen, mit denen er vor ihrem Gesicht herumgestikulierte, empfand sie wie zuckende Flammen, die drohend vor ihr auflohten und ihr den Atem nahmen. Wie um sich zu befreien, griff sie plötzlich nach diesen zuckenden Händen, riss sie nach unten, sprang auf und rief:

      „Nein! nein!! — dann werde ich lieber Ihre Geliebte!“

      Katz sah eine Weile in ihr erregtes Gesicht. Sie liess seine Hände los und stand ihm dicht gegenüber. Er kniff die Augen zusammen, schnalzte mit der Zunge und sagte:

      „Ich möcht’ schon. Aber den Luxus kann ich mir nicht leisten.“ — Er sah sie frech an. — „Und dann: ich teil’ nicht gern. Das reizt zu Vergleichen. Und ich weiss, ich bin nicht schön.“

      Frau Ina glitt auf den Sessel zurück und schloss die Augen.

      „Dann geben Sie mir Gift!“ hauchte sie.

      „Unsinn!“ erwiderte Katz. „Was hätte ich davon? Tun Sie mir die Liebe und werden Sie nicht sentimental. Das steht Ihnen nicht. Was mich an Ihnen so reizt, ist der Heiligenschein, mit dem Sie Ihre bewusste Gemeinheit verdecken. Sie haben Talent genug, um nicht unterzugehen.“

      „Geben Sie mir Gelegenheit, es zu nutzen.“

      Katz tat, als dächte er nach, dann schlug er mit der Hand auf den Tisch und sagte:

      „Ich hab’ etwas! — Auf den ersten Blick werden Sie sagen: nein! Aber dann wird es Ihnen eingehen; ganz allmählich. Genau, wie es mir eingegangen ist. Denn Ihre Moral, von allem religiösen und gesellschaftlichen Nimbus entkleidet, bewerte ich ungefähr gleich hoch wie meine.“

      „So sagen Sie schon!“ drängte Frau Ina.

      Katz setzte sich, stützte den Arm auf den Schreibtisch und sagte:

      „Diese Art Geldgeschäfte, wie ich sie nun schon seit zehn Jahren betreibe, ohne auf den grünen Zweig zu kommen, reiben mich auf. Ich habe daher beschlossen, mein Leben auf eine solide Basis zu stellen. Sie allein können mir dazu verhelfen.“

      Irau Ina sah ihn erstaunt an.

      „Ja, Sie wollen doch nicht etwa, dass ich mich scheiden lasse und Ihre Frau werde?“

      „Das wäre nach allem, was ich über Sie weiss, unsittlich. Aber vor allem: ich sprach von einer soliden Basis.“

      „Was wäre das?“

      Katz beugte sich zu ihr, sah ihr fest in die Augen und sagte bestimmt:

      „Sie müssen ein Bordell übernehmen.“

      Frau Ina schnellte zurück und erwiderte laut:

      „Sie sind verrückt!“

      „Auf die Antwort war ich vorbereitet. Sie ist weder originell, noch schreckt sie mich. — Sie werden das Bordell übernehmen, so wahr ich Stanislaus Katz heisse. Schon, weil Ihnen gar keine Wahl bleibt.“

      „Ja, sind Sie toll? Weil Sie mir mit ein paar Hunderttausend Mark ausgeholfen haben, glauben Sie ein Recht zu haben ...“

      „Ich bin weder toll, noch masse ich mir irgendein Recht an. Ich weiss nur, dass Sie weder in ein Kloster, noch in ein Bureau mit Schreibmaschine und Registratur passen. Sie können auf Grund von Veranlagung und Erziehung auf das Leben nicht verzichten. Sie haben also die Wahl, sich eine Kugel in den Kopf zu jagen oder Grande Kokotte zu werden. Beides keine Annehmlichkeiten. Nun fügt es der Zufall, dass mir eins der ersten europäischen Bordells an die Hand gegeben ist, aus dem sich bei geschickter Leitung Millionen herauswirtschaften lassen. Es gibt neben der Post und Eisenbahn kein sichereres und lukrativeres Unternehmen.“

      „Ich wünsche Ihnen Glück! Aber was soll ich dabei?“

      „Ich habe mein Lebtag niemanden betrogen. Aber ich mache Geldgeschäfte; bin also eine anrüchige Person; bekomme daher nie die Konzession. Meinen Bekannten, die besser


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