Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis - Walter G. Pfaus


Скачать книгу
haben Angst. Angst vor der Rache des Mannes, der den Henker kassierte“, sagte Bount. „Sie halten mich für diesen Mann. Sie befinden sich im Irrtum. Ich wurde von Mister Preston dazu engagiert, den Rächer zu finden.“

      „Mir können Sie viel erzählen“, spottete Craig.

      „Rufen Sie ihn an!“

      „Wen?“

      „Preston natürlich. Er wird Ihnen sagen, wer ich bin“, meinte Bount.

      Craig runzelte die Augenbrauen und überlegte, dann erhob er sich. Er trat ans Telefon, legte die Waffe griffbereit daneben, tippte eine Nummer herunter, die er dem am Apparat liegenden Merkblock entnahm, wartete ein paar Sekunden und sagte dann: „Hallo, Ron. Hier spricht Hank. Ja, Hank Craig. Ich habe mir da einen komischen Vogel eingefangen. Er kreuzte gegen Zehn hier auf. Ich fand nicht nur die Besuchszeit seltsam, mir kam sein ganzes Auftreten komisch vor. Ich habe ihm eins über den Schädel gezogen. Er nennt sich Reiniger. Bount Reiniger. Angeblich Privatdetektiv. Er behauptet ...“

      Craig unterbrach sich und hörte auf das, was der Teilnehmer ihm zu sagen hatte. Craigs Gesicht wurde dabei lang und länger.

      „Ein Irrtum“, murmelte er schließlich. „Na ja, das kann ja passieren. Aber Sie werden verstehen, dass ich nervös bin. Nervöse Leute reagieren zuweilen unkontrolliert. Danke, Ron. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.“ Er legte auf und schüttelte den Kopf. „Das haut mich um, wirklich.“ Er lachte kurz. Es klang nicht sehr lustig. Er kehrte zu seinem Sessel zurück. Den Revolver ließ er neben dem Telefon liegen. Mit einem Seufzer ließ er sich in das bequeme Sitzmöbel fallen. „Es ist schon zum Schreien“, sagte er. „Sie kommen her, um mir zu helfen, und ich schicke Sie ins Reich der Träume. Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Aber versetzen Sie sich einmal in meine Lage. Ich warte seit Jahren darauf, dass etwas passiert. Ich weiß einfach, dass es kommen wird ... und ich weiß auch, dass die Stunde X zum Greifen nahe ist. Als ich Sie sah, dachte ich, sie sei gekommen. Dementsprechend überreizt habe ich reagiert. Wenn Sie wollen, leiste ich Schadenersatz.“

      „Was stellen Sie sich darunter vor?“

      „Geld. Was sonst?“

      „Sie haben genug davon, nehme ich an?“

      „Geld hat man nie genug, aber ich leide keine Not.“ Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. „Freilich“, fuhr er fort, „wenn meine Frau nicht aufhört, sich jeden extravaganten Wunsch zu erfüllen, werde ich mir bald etwas einfallen lassen müssen, um die Substanz zu retten.“

      „Wo ist Ihre Frau?“

      „Ich habe sie weggeschickt. Sie macht Urlaub bei ihrer Mutter“, erwiderte Craig.

      „Warum haben Sie Angst?“

      „Das fragen ausgerechnet Sie mich?“, staunte Craig. „Ich nehme an, Sie wissen, was damals passierte. Mein Nebenbuhler endete auf dem elektrischen Stuhl. Er ist zu Recht bestraft worden, das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen, aber ich habe seit damals ein ungutes Gefühl, eine nagende Furcht, etwas, wogegen ich nicht ankomme ... und das wohl auch jetzt gerechtfertigt ist. Darks Tod beweist es, nicht wahr?“

      „Gibt es Dinge und Vorfälle, die diesem Gefühl Nahrung spendeten?“, fragte Bount.

      „Kann schon sein.“

      „Sie wollen nicht darüber sprechen?“

      „Nein.“

      „Es könnte Ihr Leben retten.“

      „Halten Sie es für bedroht?“

      „Das tun Sie doch selbst, oder?“

      „Ja, das tue ich“, räumte Craig mit dumpf klingender Stimme ein. Er starrte ins Leere.

      „War Osborne wirklich schuldig?“

      „Er hat versucht, mir das Mädchen wegzunehmen.“

      „Darauf steht nicht die Todesstrafe.“

      „Die haben andere ausgesprochen. Ich frage mich, ob bei der Gerichtsverhandlung nicht mit gezinkten Karten gespielt wurde“, sagte Bount.

      „Was soll das heißen?“

      „Nehmen Sie Conroy! Könnte es nicht sein, dass er eine Falschaussage gemacht hat?“

      „Warum fragen Sie mich? Das hätten Sie ihn fragen müssen“, stieß Craig hervor.

      „Okay, bleiben wir bei Osborne. Setzen wir einmal den Fall, dass es sich jemand in den Kopf gesetzt hat, seinen Tod zu rächen. Wer käme dafür in Frage?“

      „Darüber zerbreche ich mir auch den Kopf. Mir fällt niemand ein. Er hatte damals nur einen Vater, der kurz nach der Exekution verstarb ... an gebrochenem Herzen, wie es hieß, in Wahrheit jedoch an einer unheilbaren Krankheit, wie ich genau weiß. Gilbert war ein Einzelgänger. Er hatte keine Freunde ... und das einzige Mädchen, für das er sich interessierte, wurde, wie Sie wissen, sein Opfer.“

      „Das klingt nicht sehr logisch.“

      „Als Privatdetektiv sollten Sie wissen, zu welchen Kurzschlusshandlungen Eifersüchtige fähig sind.“

      „Sie waren damals gewiss auch eifersüchtig ... auf Gilbert“, sagte Bount.

      „Klar war ich das. Ich hätte ihn umbringen können. Aber das haben andere besorgt.“ Er grinste lustlos. „Beauftragte des Gesetzes“, schloss er.

      „Wenn Osborne tatsächlich Cynthia Hopkins erwürgt haben sollte, und wenn niemand denkbar ist, der ihn so gut kannte oder schätzte, dass er bereit ist, Osborne zu rächen, bleibt mir unerfindlich, weshalb und vor wem Sie sich fürchten.“

      „Darauf weiß ich keine Antwort.“

      „Sie wollen nicht darüber sprechen?“

      Craig starrte Bount ins Gesicht.

      „Das Ganze ist vor fünfundzwanzig Jahren passiert. Warum sollte jemand ein Vierteljahrhundert mit seiner Rache warten? Das ist absurd, grotesk, durch nichts erklärbar, und doch trifft es zu ... der Tod des Henkers beweist es.“

      „Wann haben Sie davon erfahren ... und durch wen?“

      „Es stand noch nicht in unseren Zeitungen, aber ich bin von einem Freund unterrichtet worden. Er ist heute Mittag aus New York zurückgekommen und hat mich sofort angerufen“, erwiderte Craig. „Zu denken, dass man dem Ärmsten den Schädel rasierte, um ihn ...“ Er unterbrach sich schüttelnd und schwieg.

      „Ja, es ist ein Racheakt, darauf deutet alles hin“, gab Bount zu, „aber es gibt keine Beweise dafür, dass er auf dem Fall Hopkins-Marlowe basiert.“

      „Was ist mit Leos Tod?“

      „Ein Herzversagen, wie mir versichert wurde.“

      „Herzversagen!“, höhnte Craig. „Die Frage ist nur, wie es herbeigeführt wurde.“

      „Wer ist der Mann, der Osborne zu rächen versucht?“, wollte Bount wissen.

      „Diese Frage stelle ich mir auch. Es gibt keine Antwort darauf.“

      „Haben Sie jemals versucht, Nachforschungen anzustellen und Osbornes Background aufzuhellen?“

      „Ich könnte seine Lebensbiographie schreiben. Unter den wenigen Menschen aus seiner näheren Umgebung gibt es nach meinem Kenntnisstand niemand, der für eine solche absurde Wahnsinnsaktion in Betracht käme.“

      „Wie ich sehe, besitzen Sie einen Revolver. Verstehen Sie damit umzugehen?“

      „Ich treffe eine Mücke im Flug.“

      „Einbruchssicherungen?“

      „Das Haus besitzt die teuerste und modernste Anlage, die es zu kaufen gibt.“

      „Aber weder Alarmvorrichtung


Скачать книгу