Meister deines Lebens. Dr. Brigitte Bösenkopf

Meister deines Lebens - Dr. Brigitte Bösenkopf


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Anfang oft verdrängt werden, mit dem Ergebnis, dass das Spannungspotenzial rund um die Betroffenen wächst und wächst.

      Ist ein Mensch längere Zeit ungesundem Stress ausgesetzt, fällt das Abrufen von Daten oder Handlungen wirklich schwerer, weil das Stresshormon Cortisol den Hippocampus beeinflusst, der eine zentrale Rolle spielt, wenn wir uns wichtige Informationen merken wollen. Unter Stress ist der Hippocampus weniger aktiv als in Phasen der Entspannung. Fehlen diese Regenerationsphasen, weil der Mensch bereits unter chronischem Stress leidet und der Körper auf Hochbetrieb aufrüstet, kann dies unser Gehirn kurzfristig verändern. Unsere Neuronen im Gehirn „kommunizieren unter Stress weniger miteinander“ mit dem Ergebnis, dass sich unsere Gedächtnisleistungen verschlechtern.

      Die gute Nachricht für alle Dauergestressten ist aber, dass unser Gehirn nicht wirklich abbaut, sondern wir uns alle Inhalte genauso gut wieder merken können, wenn wir uns eine mehrwöchige Erholungsphase gönnen.

      Überlegen Sie sich bitte bei den nachfolgenden Fragen zu Ihrem Gedächtnis wie selten, häufig oder oft Ihnen folgende Situationen passieren:

      1 Vergesse ich selten – häufig – oft Codewörter, Namen oder Termine?

      2 Fallen mir im Gespräch bestimmte Begriffe plötzlich nicht mehr ein?

      3 Verlege ich selten – häufig – oft persönliche Sachen wie Brille, Schlüssel, Fernbedienung etc.?

      4 Habe ich manchmal bis oft Orientierungsprobleme und gehe in die falsche Richtung?

      5 Stressen mich Alltagshandlungen, wie kochen, Schreibtisch aufräumen oder einkaufen mehr als früher?

      6 Beginnen mich Menschen zu belasten, weil ich in Gesprächen Konzentrationsprobleme habe?

      7 Fällt es mir schwerer, Probleme oder Konflikte zu lösen, weil ich rasch die Nerven verliere?

      8 Habe ich keine Lust mehr Bücher zu lesen oder mich weiterzubilden, weil ich mir nichts merken kann?

      2.5. Beziehungsfrust statt Lust

      Langzeitstudien der letzten Jahre beweisen immer deutlicher, dass Stress negative Auswirkungen auf Beziehungen hat. Menschen, die am Arbeitsplatz stark gefordert werden, verändern sich auch im Privatbereich und tragen ihre Anspannungen in die Familie. Menschen unter Stress reagieren gereizt, sind launisch, weniger zur Versöhnung bereit und stumpfen emotionell und sexuell ab.

      Prof. Guy Bodenmann konnte nachweisen, dass chronischer Stress eines Partners oder beider Partner zu negativen Paarverläufen und einem höheren Scheidungsrisiko führt. „Stress ist der heimliche Feind der Paare. Langsam und unbemerkt wirkt er auf die Ehe ein“, so Bodenmann.

      In unserer ARGE für Präventivpsychologie haben wir viele Paarseminare, Coachings und Therapien durchgeführt. Als Mediatorin bei Beziehungskonflikten oder in Scheidungssituationen habe ich festgestellt, dass fast jedes dritte Paar Berufsstress hatte, der sich negativ auf ihre Beziehung auswirkte. Die meisten konnten zu Hause nicht abschalten und gönnten sich immer weniger Zeit für eine entspannte Zweisamkeit.

      Die Annahme, dass Arbeitsstress allein Beziehungsqualitäten verschlechtere stimmt allerdings so nicht. Paarstudien der letzten Jahre zeigen, dass auch Privatstress hohe Auswirkungen auf eine positiv besetzte Arbeitssituation hat. Wenn wir privat Probleme haben, belastet das auch unsere Leistungsmotivation. Die Befindlichkeiten unseres Privatlebens schwappen quasi auf die Arbeit über (Englisch: Spillover). Deswegen spricht man auch vom Spillover-Effekt.

      Eine beeindruckende Studie des deutschen Psychologen Joachim Lask zeigte, dass 87 % der befragten Frauen und Männer, die gut gelaunt und fröhlich am Arbeitsplatz waren, ihre Grundstimmung auf ein positives Familienleben zurückführten und nicht auf den Betrieb. (10)

      Ist die familiäre Situation aber stark belastet, kann auch der Arbeitgeber durch positive Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz leider nur geringfügig die angespannte persönliche Situation verbessern.

      Und wie sieht Ihre Lebenssituation aus? Belastet der Berufsstress Ihre privaten Beziehungen oder umgekehrt? Nehmen Sie sich bitte Zeit, um über die nächsten Fragen zu Ihrer Beziehung nachzudenken:

      1 Spüre ich immer weniger positive Emotionen, wenn ich an meine Beziehung denke?

      2 Steigt der berufliche und/oder private Stress bei mir und meinem Partner immer mehr?

      3 Nehmen die Konflikte im Büro und zu Hause zu?

      4 Fehlt mir immer öfter die Lust auf Sex?

      5 Versuche ich Treffen mit Freunden zu vermeiden, weil ich erschöpft und müde bin?

      6 Habe ich schlechtere Nerven im Umgang mit Partner und Kind(ern)?

      7 Bin ich Montagfrüh wieder froh arbeiten zu gehen?

      8 Besteht mein Privatleben nur mehr aus Verpflichtungen ohne Spaß und Freude?

      2.6. Ich bin nicht krank, aber gesund auch nicht mehr

      Es gibt eine Phase bei Menschen, die ins Burnout schlittern, in der die Betroffenen merken, dass sie nicht mehr ohne Unterstützung zurück in eine lustvolle Normalität finden. Viele wagen nicht mit einem Arzt, Psychologen oder Paartherapeut über ihre persönliche Situation zu sprechen und warten leider ab, bis ihr Leidensdruck weiter steigt.

      Ich habe in unserem Stresscenter viele Personen erlebt, die glaubten, dass sich die Situation schon von allein wieder normalisieren würde, wenn sie nur durchhielten. „Vielleicht bekommen wir doch noch eine neue Kraft im Team, die mich entlasten kann“ oder: „Wenn unser Kind größer wird, nehmen wir uns wieder mehr Zeit als Paar.“

      Träume und Wünsche, die eines gemeinsam haben: Sie verbessern die aktuelle Lebensqualität nicht! Denn in Wahrheit wird nahezu nichts mehr lustvoll erlebt. Der Widerstand, täglich zur Arbeit zu gehen und seinen Haushalt zu erledigen, wird immer größer. Oft kommt es zu vermehrten Fehlzeiten, gehäuften Krankenständen und Fehlern, die nicht mehr zu vertuschen sind.

      Karl, ein leitender Angestellter in einem IT-Unternehmen kam in unser Stresscenter mit vielen körperlichen und psychischen Symptomen. Die hätte er aber alle ertragen, weil er sehr pflichtbewusst war und seine Mitarbeiter nicht enttäuschen wollte. Als er aber plötzlich in der Nacht Panikattacken hatte, wurde ihm klar, dass er so nicht weitermachen konnte. Alle Warnsignale seines Körpers hatte er jahrelang erfolgreich ignoriert, doch jetzt suchte er nach professioneller Hilfe.

      Eine Panikattacke ist oft ein „verzweifelter Hilferuf unseres Körpers“, denn in diesem Zustand haben wir nichts mehr unter Kontrolle. Der Druck auf der Brust steigt, die Betroffenen atmen ganz schnell, spüren Herzrasen, Zittern, Schwitzen und glauben, keine Luft mehr zu bekommen. Adrenalin und das Stresshormon Cortisol werden ausgeschüttet mit dem Ergebnis, dass sich die Person in ihrem Angstgefühl hilflos ausgeliefert fühlt. Wenn Menschen sich ständig überfordern und glauben, alles im Griff zu haben, zeigt der Panikzustand den Betroffenen in dramatischer Weise, dass sie die Kontrolle über ihr Leben verloren haben.

      Ich habe mit der Methode Biofeedback vielen Angstpatienten in den letzten Jahren geholfen durch richtiges Atmen in einer Akutsituation den Stresspegel zu reduzieren. Wenn Menschen merken, dass sie ihrer Panik nicht hilflos ausgeliefert sein müssen, sondern durch Techniken aktiv gegensteuern können, schwindet auch die Angst, die sie lähmt.

      Bitte nehmen Sie sich Zeit für eine kurze Analyse Ihrer Gesundheit, um ihre aktuellen körperlichen Warnsignale zu überprüfen:

      1 Leide ich verstärkt unter Schlafstörungen?

      2 Habe ich bei viel Stress Magen- und/oder Darmprobleme?

      3 Führt Stress bei mir zu Spannungskopfschmerz oder körperlichen Verspannungen?

      4 Spüre ich während des Tages öfter Herzrasen vor Aufregung, obwohl nichts passiert ist?

      5 Kenne ich Panikattacken, weil ich sie schon erlebt habe?

      6 Wird


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