Jüdische Altertümer. Flavius Josephus

Jüdische Altertümer - Flavius Josephus


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als in dem Traume versteckt liege. Er habe nämlich nur noch zwei Tage zu leben (denn das bedeuteten die Körbe), am dritten aber werde er gekreuzigt und eine Speise der Vögel werden, und er werde nichts dagegen vermögen. Und beiden geschah, wie Joseph vorhergesagt hatte. Denn als an dem erwähnten Tage der König seinen Geburtstag feierte, ließ er den obersten der Bäcker kreuzigen, den Mundschenk aber entließ er aus dem Kerker und setzte ihn in sein früheres Amt ein.

      4. Als nun Joseph zwei Jahre im Gefängnis zugebracht und von dem Mundschenk trotz der günstigen Prophezeiung keine Hilfe erlangt hatte, erlöste Gott selbst ihn aus seinen Banden auf folgende Weise. Pharao hatte in einer Nacht zwei Träume und zu jedem eine besondere Deutung erhalten; die Deutung hatte er vergessen, während er sich der Träume noch entsann. Da er nun über die Träume bekümmert war (sie schienen ihm nämlich Trauriges zu verkünden), berief er frühmorgens die weisesten der Ägypter und verlangte von ihnen die Auslegung der Träume. Und als diese in ihren Meinungen schwankten, wurde der König umso mehr beunruhigt. Der Mundschenk aber erinnerte sich, da er den König wegen der Träume in Unruhe sah, des Joseph und seiner Geschicklichkeit im Traumdeuten. Er ging also zum König und erzählte ihm von Joseph, von dem Traum, den er ihm gedeutet, dass der Ausgang genau der Deutung entsprochen habe und dass an demselben Tage der oberste der Bäcker gekreuzigt worden sei, ebenfalls genau nach Josephs Deutung. Der Letztere sei von dem Küchenmeister Petephres gefangen gesetzt worden, dessen Knecht er gewesen sei. Er sei ein Hebräer und von angesehenem Geschlecht. Diesen möge der König zu sich bescheiden, wenn anders er nicht wegen seiner gegenwärtigen üblen Lage darauf verzichten wolle, und er werde dann von ihm erfahren, was die Träume bedeuteten. Da befahl der König, dass Joseph ihm vorgeführt werde; und diejenigen, denen dies oblag, kleideten und schmückten ihn nach des Königs Befehl und führten ihn demselben vor.

      5. Der König aber nahm ihn bei der Hand und sprach: »O Jüngling, mein Diener hat mir Beweise von deiner Tugend und Einsicht gegeben; also gewähre auch mir die Gefälligkeit, die du ihm erwiesen hast, und verkünde mir die Deutung der Träume, die ich gehabt. Doch will ich, dass du nichts verschweigst, auch darfst du mir nicht mit schmeichlerischer, auf Gunst und Wohlgefallen gerichteter Rede dienen, wenn auch das Antlitz der Wahrheit etwas erschrecklicher sein sollte. Also es träumte mir, ich wandelte längs eines Flusses dahin und sähe sieben wohlgenährte und durch Größe ausgezeichnete Kühe aus dem Flusse kommen und auf einen Sumpf zugehen, sowie sieben andere sehr magere und hässliche Kühe aus dem Sumpfe steigen und jenen entgegengehen. Die mageren Kühe aber verschlangen die sieben fetten und großen Kühe, ohne dass sie dadurch zunahmen; vielmehr blieben sie elend und ausgehungert. Nach diesem Traume wachte ich beunruhigt auf und überlegte, was das Bild wohl bedeuten könne. Darüber schlief ich wieder ein und hatte nun einen zweiten noch wunderbareren Traum, der mich noch mehr erschreckte und verwirrte. Ich meinte nämlich sieben Ähren zu sehen, die aus einer Wurzel sprossten und voll schwerer und reifer Körner waren, daneben aber auch sieben andere, armselige, trockene und schmächtige Ähren, welche sich zu den schönen hinneigten, um sie aufzuzehren, worüber ich mich sehr erschreckte.«

      6. Darauf antwortete Joseph und sprach: »Dein Traum, o König, ist zwar scheinbar ein doppelter, bezeichnet jedoch in Wirklichkeit einen und denselben Vorgang. Denn was die Kühe betrifft (sie sind, nebenbei bemerkt, zum Pflügen bestimmt), die von den mageren verschlungen, und die Ähren, die von den schlechteren verzehrt werden, so verkünden sie für Ägypten ebenso viele Jahre des Hungers und der Unfruchtbarkeit, als Jahre des Überflusses vorangegangen sind, und dass der Überfluss der letzteren von der Unfruchtbarkeit der folgenden verzehrt werden wird. Und es wird die Not so groß werden, dass es schwer sein wird, ihr abzuhelfen, was ich daraus schließe, dass die mageren Kühe, nachdem sie die fetten verschlungen, doch nicht satt werden konnten. Gott sagt aber sicherlich den Menschen die Zukunft voraus, nicht um sie zu erschrecken oder zu betrüben, sondern damit sie in kluger Vorsicht sich Erleichterung verschaffen können, wenn die vorher verkündeten Ereignisse eintreten. Wenn du daher den Ertrag der vorhergehenden Jahre aufspeicherst und weise verteilst, so werden die Ägypter die nachfolgende Hungersnot nicht merken.«

      7. Der König aber bewunderte Josephs Weisheit und Klugheit, und er fragte ihn, wie denn zur Zeit des Überflusses für die Zukunft gesorgt werden könne, um die Unfruchtbarkeit erträglicher zu machen. Darauf antwortete Joseph mit dem Rat, er solle mit der Ernte möglichst sparsam umgehen und den Ägyptern nicht gestatten, den Überfluss zu verschwenden, sondern ihnen befehlen, denselben für die Zeit der Not aufzubewahren. Auch ermahnte er ihn, er möge das Getreide von den Ackersleuten in Empfang nehmen, es in Scheunen bergen und jedem nur so viel verabfolgen lassen, als er zum Lebensunterhalt brauche. Pharao bewunderte den Joseph sowohl seiner Traumauslegung als des guten Rates wegen, den er gegeben, und betraute ihn selbst mit der Anordnung; er solle alles so machen, wie er es für das Volk der Ägypter und den König für ersprießlich halte, denn als der Urheber des guten Rates sei er auch der geeignetste Mann, ihn auszuführen. Joseph erhielt also vom Könige die Befugnis, dessen Siegel zu gebrauchen und Purpur zu tragen. Im Wagen fuhr er durch ganz Ägypten, sammelte von den Landleuten das Getreide und teilte jedem nur so viel davon zu, als er zur Saat und Nahrung gebrauchte. Doch verriet er niemand den Grund, warum er so verfuhr.

      SECHSTES KAPITEL

      Wie Joseph in Ägypten berühmt wurde und die Brüder

      in seine Gewalt bekam.

      1. Joseph war damals dreißig Jahre alt und wurde vom König mit allen erdenklichen Ehren überhäuft. Wegen seiner staunenswerten Weisheit gab er ihm den Beinamen Psothomphanech, das heißt »Entdecker verborgener Dinge.« Auch ging Joseph eine sehr ehrenvolle eheliche Verbindung ein. Denn unter Vermittlung des Königs heiratete er die Aseneth, die jungfräuliche Tochter des Petephras, eines Priesters in Heliopolis. Von dieser erhielt er noch vor der Hungersnot zwei Söhne, deren ältester Manasses hieß. Dieser Name bedeutet »vergessen«, weil er sein früheres widriges Schicksal vergaß, als er in glückliche Verhältnisse kam. Der jüngere Sohn hieß Ephraïm, das heißt »wieder eingesetzt«, weil er in die Freiheit seiner Vorfahren wieder eingesetzt worden war. Als nun Ägypten die sieben glücklichen Jahre, wie sie Joseph in der Traumdeutung vorherverkündet, hinter sich hatte, brach im achten Jahre die Hungersnot herein. Und da man sich für dieselbe schlecht vorgesehen hatte, strömte alles in großer Not zum königlichen Palast. Der König ließ den Joseph kommen, der das Getreide anwies und sich in Wahrheit als Erretter des Volkes zeigte. Und nicht allein den Einwohnern dieser Gegend öffnete er sein Haus, sondern er war auch bereit, den Auswärtigen Getreide zu verkaufen. Denn er hielt es für billig, dass alle ärmeren Menschen von denen, die im Überfluss lebten, unterstützt würden, da sie ja doch alle miteinander verwandt seien.

      2. Weil nun auch Chananaea sehr unter der Hungersnot litt (die Plage hatte nämlich das ganze Land ringsum ergriffen), schickte Jakob, der vernommen hatte, dass auch Auswärtige den dortigen Markt besuchen dürften, alle seine Söhne nach Ägypten, um Getreide einzukaufen. Nur den Benjamin, Josephs leiblichen Bruder, den Sohn der Rachel, behielt er bei sich. Als diese nun nach Ägypten gekommen waren, baten sie den Joseph, auch ihnen den Ankauf von Getreide zu gestatten. Denn nichts geschah ohne Josephs Willen, und es nutzte nichts, dem König Verehrung zu erweisen, wenn man sie nicht vorher dem Joseph erwiesen hatte. Dieser erkannte in ihnen seine Brüder, die aber ihrerseits an ihn nicht im entferntesten dachten; denn als er von ihnen getrennt wurde, war er noch jung, und jetzt war er schon zu einem Alter gelangt, in dem sich seine Gesichtszüge so verändert hatten, dass sie ihn nicht zu erkennen vermochten, zumal sie nicht ahnen konnten, dass er zu so hoher Würde erhoben worden sei. Und Joseph dachte sie auf die Probe zu stellen und ihre Gesinnung zu erforschen. Denn er schlug ihnen das Getreide ab und sagte, sie seien nur gekommen, um zu spionieren; aus verschiedenen Gegenden seien sie zusammengetroffen und gäben nun vor, Verwandte zu sein. Es sei nicht denkbar, dass ein Privatmann so viele und so wohlgestaltete Söhne erziehen könne, da Königen kaum ein solches Glück zuteil werde. So sprach er aber nur, um etwas Sicheres über seinen Vater zu erfahren, wie es ihm gehe und was er erlebt habe, seit er (Joseph) von ihm weggegangen war; auch hätte er gern gehört, wie es mit Benjamin stehe, denn er fürchtete, sie hätten auch diesen Bruder, ebenso wie ihn selbst, aus dem Wege geräumt.

      3. Die Brüder wurden hierdurch beunruhigt und erschreckt, denn sie sahen sich von großer Gefahr bedroht


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