Elton John. Mark Bego

Elton John - Mark  Bego


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Gepäckausgabe, als er dieses Ding sah, und ihm fielen fast die Augen raus. Aber er war dann sehr ruhig, sagte ‚sehr schön‘ und so. Anschließend fuhren wir alle mit dem Bus nach Hollywood. Später erzählte er mir, dass er erwartet hätte, mit einem großen Cadillac abgeholt zu werden und ein bisschen Luxus geboten zu bekommen. Stattdessen saß er in einem schlecht gefederten Bus, der kaum die Steigungen der Straßen bewältigte – diese englischen Busse sind ziemlich scheußlich.“(34)

      Norman hatte die Aufgabe, die ganze Stadt darüber zu informieren, dass Elton John in Los Angeles gelandet war – obwohl kaum jemand wusste, wer dieser Elton John eigentlich war. „UNI war eine kleine Firma“, erklärte Winter. „Wir beschlossen, dass wir alle Energie auf diesen Künstler konzentrieren wollten, weil wir wirklich an ihn glaubten, und uns war gar nicht klar, dass der Künstler selbst schon allein aufgrund seiner Fähigkeiten als Performer dafür sorgen würde, dass er ein Star wurde. Wir planten jede Menge Dinge, die damals sehr zeitgeistig, abgefahren und abseits der Norm waren, und wir steigerten uns so sehr hinein, dass es fast wie ein Orgasmus war. Zusätzlich zu den überall aushängenden Plakaten verteilten wir Poster in den Läden, und Elton bekam auch eine Menge Airplay. Wir behandelten ihn, als sei er Elvis Presley, der eine neue Show in Las Vegas vorstellte, obwohl noch niemand etwas von Elton John gehört hatte.“(35)

      Wer vom Flughafen von Los Angeles zum Sunset Boulevard fährt, muss eine heftige Steigung bewältigen, die zu den Hollywood Hills hinaufführt. Daher war es fraglich, ob der PS-schwache rote „Elton“-Doppeldecker es überhaupt bis zum Hotel schaffen würde – bis zu DEM Hotel, in dem man unbedingt übernachten musste, wenn man in einer Rockband spielte, dem Continental Hyatt House auf dem Sunset Boulevard. Unter Rockmusikern nannte man es statt „Hyatt House“ gern „Riot House“, um auf die wilde Randale anzuspielen, die dort schon stattgefunden hatte. Genau hier hatten UNI Records ihren neuen Star auf seinem ersten Amerika-Trip untergebracht.

      Zwar war Elton entsetzt gewesen, als er den großen roten Bus mit seinem Namen darauf gesehen hatte, aber er musste zugeben, dass auf diese Weise tatsächlich die ganze Stadt von seiner Ankunft erfuhr. „Er hat tatsächlich verdammt hart gearbeitet“, sagte er über Norman Winter. „Jeder Laden, den ich Los Angeles sah, hatte sein Fenster mit der Platte dekoriert – klar, dafür hatte das Label wahrscheinlich bezahlt, aber sie haben sich wirklich Mühe gegeben. Diesen Bus fand ich allerdings extrem peinlich. Jeder von uns versuchte, sich auf den Bänken möglichst klein zu machen. Es kam mir billig vor. Ich mag es, wenn Dinge geschmackvoll gestaltet werden, und Doppeldeckerbusse sind alles andere als geschmackvoll!“(36)

      Elton und Danny Hutton von Three Dog Night waren in Kontakt geblieben, und Hutton hatte sich vorgenommen, zum ersten Konzert von Eltons einwöchiger Auftrittsreihe im Troubadour zu kommen. „Ich war recht gut mit dem Besitzer des Troubadour, Doug Weston, befreundet“, erinnerte sich Hutton. „Ich hatte ihm Elton immer wieder schmackhaft gemacht, und ich glaube, dass das durchaus half, damit er das Engagement dort bekam. Er flog bereits ein paar Tage vor der ersten Show ein, und die Woche im Troubadour brachte ihm tatsächlich den Durchbruch. An seinem ersten Abend in der Stadt, so gegen fünf oder sechs Uhr, ging ich mit ihm essen. Billy James, der früher im Dienst von Columbia Records für Bob Dylan gearbeitet hatte, wohnte um die Ecke und besaß ein Restaurant auf der Melrose Avenue, das Black Rabbit, und dorthin gingen wir. Danach kam er mit zu mir. Das Klavier, das auf dem Cover von It Ain’t Easy von Three Dog Night zu sehen ist, mit uns dreien daneben, dem großen Jesusbild dahinter und so, das ist das Klavier, auf dem er an dem Abend spielte. Ich rief Van Dyke Parks an und sagte: ‚Du musst unbedingt mal rumkommen und dir den Typ anhören, Van Dyke.‘ Er kam tatsächlich, und später saß er auf dem Boden neben dem Klavier, und Elton spielte. Es war einfach überwältigend! Damals sagte Elton mir: ‚Weißt du, Danny, ich bin nicht der Typ, der stundenlang dasitzt und grübelt und ganze Tage lang an einem Song arbeitet. Bernie gibt mir einen Text, den lege ich mir aufs Klavier und dann lege ich los. Es strömt einfach alles aus mir heraus.‘ So schreibt er.“(37)

      Dann nahm Hutton Elton mit zu Brian Wilson. Das musikalische Genie der Beach Boys war als drogenumnebelter Exzentriker bekannt. Elton erinnerte sich: „Ich war ein Typ aus einem stinknormalen Vorort wie Pinner, und als wir Brians Auffahrt sahen, die voller Schlagzeuge stand, da dachte ich mir schon, dass das jetzt ein wenig seltsam werden würde. Wir klopften an seine Tür, und er sagte als erstes: ‚Ah, Elton, I hope you don’t mind, I hope you don’t mind, I hope you don’t mind‘, in Anspielung auf den Text von ‚Your Song‘. Es war ein bisschen komisch, aber auch sehr nett.“(38)

      Hutton erklärte: „Brian wohnte in einem Haus in Bel Air, das früher einmal Edgar Rice Burroughs gehört hatte, und er hatte es lila angestrichen. Die Nachbarschaft war deswegen schon komplett ausgerastet! Im Haus hatte er sich ein Studio einbauen lassen – ein ganz modernes, professionelles Studio. Das Albumcover von Wild Honey zeigt ein farbiges Glasfenster mit einer Biene drauf; das war Teil des Studios. Brian zeigte uns die Räumlichkeiten, und ich fragte, ob er Elton nicht ‚Good Vibrations‘ vorspielen könnte. Brian holte den Tontechniker aus dem Bett. Ich weiß nicht mehr, wo der wohnte, aber er stand auf und kam vorbei. Dann spielte er uns die ganzen kleinen Elemente aus dem Hintergrund vor, die man in der Gesamtaufnahme nicht heraushört, die aber echt unglaublich waren. Ich merkte schon, dass Elton ein wenig eingeschüchtert war, und deswegen schlug ich vor, dass er Brian ja auch ein paar von seinen Sachen präsentieren könnte. Er fing an mit ‚Amoreena‘, und er hatte ungefähr ein Viertel oder die Hälfte des Titels gespielt, als Brian ihn unterbrach. Elton kannte Brian ja nicht, er wusste nicht, dass Brian, wenn er etwas hört und kapiert hat, worum es geht, mit dem nächsten weitermachen will. Elton war mitten in ‚Amoreena‘, und Brian sagte: ‚Das ist toll, was hast du sonst noch?‘ Und ich dachte: ‚Oh verdammt, Elton wird glauben, dass Brian seine Songs nicht mag.‘ Er spielte dann noch ein oder zwei andere Titel, und jedes Mal sagte Brian mitten drin: ‚Das ist gut, was gibt’s noch?‘“(39)

      Elton erinnerte sich später: „Es war halb acht Uhr morgens, als ich vom Laurel Canyon zum Sunset Hyatt House zurückfuhr und dachte: ‚Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie bis halb acht aufgeblieben. Ich muss richtig aufgeregt gewesen sein.‘ Jahre später gestand Danny mir, dass man mir Kokain ins Essen getan hatte.“(40)

      Elton, Bernie, Dee und Nigel hatten sogar ein paar Tage Zeit, um sich ein wenig in Kalifornien umzusehen. Ray Williams, der Reggie mit Taupin zusammengebracht hatte, arbeitete eigentlich als Talent­scout bei Dick James Music, hatte seine Musiker auf dieser Reise aber als Tourmanager begleitet. Als er einmal einen Fön brauchte, rief er Janice, die Schwester einer Ex-Freundin, an. Als sie mit dem Fön erschien, hatte sie eine Freundin im Schlepptau, die Maxine Fiebelman hieß. Maxine zog Bernie Taupin sofort in ihren Bann, und sie wurde später seine erste Frau, die Tour-Näherin für die Band und die Inspiration für eins von Bernies Liebesliedern, „Tiny Dancer“.

      Janice und Maxine machten den Vorschlag, den Briten Palm Springs zu zeigen, und die Jungs waren von der Vorstellung begeistert, einen Ausflug in den luxuriösen, zwei Autostunden östlich von Los Angeles gelegenen Wüstenort zu machen. Elton hatte jedoch keine Lust auf die Fahrt und blieb allein im Hotel. Es dauerte nicht lange, und seine Lustlosigkeit schlug in Langeweile und schließlich in Frust um.

      Als seine Kumpels am Abend ins Hyatt House zurückkehrten, hatte Elton einen seiner ersten echten Tobsuchtsanfälle. Ray Williams begriff sofort, dass Eltons „dunkle Seite“ zum Vorschein kam, als Reggie wütend brüllte, dass er von diesem Quatsch genug hatte, den Gig im Troubadour absagen und nach London zurückfahren würde. Williams versuchte sein Bestes, Elton, der sich wie eine gereizte, zickige Diva benahm, zur Vernunft zu bringen, und es wunderte den Manager sehr, dass sich sein Schützling, der noch immer kein Star war, sich plötzlich wie ein verwöhntes Kind aufführte.

      „Du musst den Auftritt machen, du kannst dieses ganze Geld nicht für nichts und wieder nichts verschwenden!“, versuchte Ray ihm klar zu machen.

      „Das ist mir scheißegal, ich fahre nach Hause!“, schrie Elton. Es war der erste von Reggies zahlreichen „kleinen Augenblicken“.

      Als Elton nachts deprimiert allein in seinem Zimmer war, rief er bei Dick James in London an, um über die anderen herzuziehen und zu jammern. James versuchte, ihn zu beruhigen und ihm ebenfalls begreiflich zu machen, dass er sich


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