Tattoos & Tequila. Vince Neil

Tattoos & Tequila - Vince Neil


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Haare wachsen ließen. Ich fand den Look einfach toll. Damals trugen alle Jeans und Muschelketten und so was. Ich glaube nicht, dass ich bewusst irgendeinem Trend folgen wollte. Es war einfach nur so, dass alle so etwas anhatten. So was kaufte deine Mutter dir einfach.

      Auf dem Weg zur Schule, in der siebten Klasse, fand ich eines Tages ein Porno-Taschenbuch, ein Sexhandbuch mit Fotos. Die abgebildeten Leute, Fotomodelle oder was weiß ich, sahen ziemlich normal aus. Sie waren alle nackt, und sie nahmen diese ganzen verschiedenen Stellungen ein – es sah aber eher so aus, als würden sie das zu rein demonstrativen Zwecken tun, sie guckten ziemlich finster dabei. Als sei das eben ein Job, und nicht, als ob sie Spaß dabei hätten. Es war ziemlich komisch. Natürlich wollte jeder in der Schule das Buch mal angucken, alle meine Freunde und die Jungen in meiner Klasse. Aber ich beschloss, es nicht aus der Hand zu geben. Stattdessen versteckte ich meinen kleinen Schatz unter einem Haufen Gerümpel im Schuppen unserer Nachbarn. Jeden Tag riss ich zehn Fotos heraus und verkaufte sie an der Schule für einen Vierteldollar. Nachdem ich so um die 70 Bildchen an den Mann gebracht hatte, sprach sich das herum. Ein paar Idioten hatten sich die Seiten, die sie von mir gekauft hatten, an die Türen ihrer Spinde in der Umkleidekabine geklebt. Der Sportlehrer flippte natürlich aus, und die Jungs knickten sofort ein und verpetzten mich. Es dauerte keine Stunde, und ich war von der Schule suspendiert. Auf dem Heimweg dachte ich mir einen Plan aus. Ich wollte mir den Rest des Buches holen und ein letztes Geschäft machen – die letzten Seiten wollte ich komplett für fünf Dollar verkaufen und dann aus dem Porno-Geschäft aussteigen. Ich hatte mir auch schon überlegt, wem ich die Bilder anbieten wollte. Aber als ich zum Schuppen kam … war das Buch verschwunden. Eines der großen Geheimnisse meiner Kindheit. Meine Tage als Pornograf waren vorbei – zumindest bis heute.

      Valerie Wharton Saucer

      Vince Neils Schwester

      Der Mädchenname meiner Großmutter lautete Ortiz, aber wir sind nicht mexikanischer Abstammung. Unsere Vorfahren waren Spanier. Meine Oma sprach Spanisch, allerdings nur mit ihrer Schwester. Vince sagte irgendwann einmal in einem Interview, dass er mexikanisches Blut habe, und meine Oma war richtig beleidigt: „Was erzählt Vince da? Ich bin keine Mexikanerin. Ich bin Spanierin!“ Ich glaube, Vince war der Unterschied nicht wirklich klar. Die Familie war vor langer Zeit aus Spanien eingewandert und schließlich in New Mexico gelandet. Wir stammten aber nicht aus Mexiko.

      Vince und ich kamen im Abstand von 16 Monaten zur Welt; die meisten Leute hielten mich für die Ältere. Was Unsinn ist, ich bin jünger als er. Meine Mutter hat früher auch immer erzählt, es wären 18 Monate, aber irgendwann fing ich an, mal nachzurechnen, und habe dann zu ihr gesagt: „Mom, weißt du, wir sind 16 Monate auseinander, keine 18.“ Und sie war ganz verblüfft: „Ehrlich?“ Bei uns nennt man Geschwister mit so engem Abstand irische Zwillinge. Aber deshalb sind wir natürlich auch keine Iren.

      Als wir noch klein waren, gab es in unserem Viertel noch keine Probleme, es war eine nette Gegend. Wir spielten draußen, fuhren Fahrrad oder spielten Hüpfkästchen, ganz normale Sachen halt. Später wurde es immer gefährlicher. Einmal wurde unser Haus beschossen. Wir duckten uns damals im Wohnzimmer auf den Boden. Ob eine Kugel wirklich ins Haus einschlug, weiß ich nicht mehr. Aber an die Geräusche erinnere ich mich. Meine Mutter war zu Hause, Dad war auf der Arbeit. Mom rief uns zu, wir sollten uns flach hinlegen, und wir warfen uns im Wohnzimmer auf den Boden. Als mein Vater später nach Hause kam und von der Sache hörte, sagte er: „Wir müssen hier raus.“ Das Problem war vor allem, dass in dem Mietshaus auf der anderen Straßenseite eine Gang ihr Hauptquartier hatte. Sie machte uns ständig das Leben schwer. Meine Mutter traute sich kaum nach draußen. Sie war blond, sie hatte richtig hellblondes Haar. Diese Typen riefen ihr ständig irgendwas hinterher, pfiffen ihr nach und taten so, als wollten sie sie anmachen. Sie hatte Angst.

      Meine Mutter arbeitete nachts. Wenn wir aus der Schule nach Hause kamen, fuhr sie los. Wir waren unter der Woche jeden Tag ein oder zwei Stunden allein. Meist stritten wir uns darüber, was wir im Fernsehen sehen wollten, solche Sachen eben. Nach draußen durften wir nicht. Wir mussten drinnen bleiben, bis mein Vater nach Hause kam. Also waren wir darauf angewiesen, dass wir miteinander spielten, und ich denke, wir waren uns schon recht nahe. Natürlich hatten wir Streit, aber ich glaube, das ist zwischen Bruder und Schwester immer so. Vor allem, wenn man fast im gleichen Alter ist – er versuchte immer, mich herumzukommandieren. Vince braucht immer Leute um sich herum, das ist bis heute so geblieben. Er ist nicht gern allein zu Hause. Keine Ahnung, woran das liegt. Vielleicht ist er einfach nur ein bisschen unsicher. Er braucht immer jemanden in seiner Nähe.

      Vince hat ein großes Herz. Als ich in der sechsten Klasse war und er in der siebten, wollte ich unbedingt zu dem Tanzball, den meine Klasse an der Sunflower Junior High veranstaltete. Meine Freundinnen sollten mich zu Hause abholen, und dann wollten wir zusammen hingehen. Sie ließen sich aber nicht sehen, und ich weinte richtig, weil ich unbedingt auf diesen Ball wollte. Schließlich sagte Vince: „Val, komm schon, ich bringe dich hin.“ Er hat mich begleitet und dort so lange gewartet, bis meine Freundinnen aufkreuzten. Er wusste, wie viel mir diese Veranstaltung bedeutete, und es tat ihm weh, dass ich so traurig war.

      Er traf sich später öfter mit ein paar Kumpels an einer Rollschuhbahn, wo sie laut Musik hörten und dazu die Sänger nachmachten. Ich kam oft dazu, meist fuhr ich heimlich mit dem Auto meiner Eltern dorthin. Einmal kam Vince nach Hause und fragte: „Sag mal, Val, warst du mit dem Auto unterwegs?“ Und ich antwortete: „Ja, aber sag’s bitte nicht Mom und Dad!“ Er grinste mich an und meinte: „Geh rein, Val.“ Ich glaube, seit dieser Zeit hielt mich Vince für cool. Vorher war ich halt die kleine Schwester, die nie etwas Unrechtes tat. Aber nun merkte er wohl, hey, Val ist gar nicht so verkehrt. Und bestimmt fand er es gut, dass er etwas gegen mich in der Hand hatte.

      Als es mit Rockandi losging, war Vince noch nicht der coole Rocker. Sie waren eine ganz normale Garagenband und haben tatsächlich bei uns in der Garage geprobt. Mein Dad hat Vince ein Mikrofon gekauft. Am Anfang haben die Leute eigentlich immer gesagt, der Typ nervt, seine Stimme ist nicht gut und so. Aber ich denke, dass die meisten Sänger so was am Anfang zu hören bekommen, und es gibt wohl niemanden, der wirklich allen gefällt. Ich fand ihn jedenfalls cool. Na ja, ein paar Songs waren schon eher peinlich. Zum ersten Mal hörte ich ihn auf einer dieser großen Party bei uns zu Hause singen. Und da fand ich ihn total schlecht und dachte: Mann, der kann echt nicht gut singen. Aber ich merkte auch: Hey, er hat seinen Spaß, genau wie wir alle. Das war wirklich so, Rockandi sorgten für eine Superstimmung, deswegen war es dann für mich okay. Aber mein erster Eindruck war tatsächlich: Scheiße, er singt nicht gut. Wahrscheinlich war ich besonders pingelig, weil er mein Bruder war. Von wegen: Was macht er denn jetzt, was soll das denn? Damals konnte ich mir wirklich nicht vorstellen, dass das irgendwohin führen, geschweige denn, dass er berühmt werden würde. Ganz bestimmt nicht. Nicht eine Sekunde.

      Seine Schwester zu sein, das ist … Nach und nach lernt man, dass man den Leuten besser nicht erzählt, wer man ist. Ich tue es jedenfalls nicht. Okay, in der Signatur meiner Geschäfts-E-Mail für mein Immobilienunternehmen steht „Häuser für Sie und Ihre Crüe“, aber ich weise nie direkt darauf hin und erkläre diese Zeile nur, wenn jemand fragt. Weil man nie weiß, ob die Leute einen wirklich mögen oder nur deshalb, weil man Vince Neils Schwester ist. Das habe ich ziemlich schnell erfahren müssen. Und jetzt halte ich den Mund. Ich sage niemandem was, schon seit Jahren nicht mehr.

      Vince hat mir einmal diesen tollen Ring geschenkt, mit einem Rubin drin. Total cool. Okay, er war nicht unbedingt mein Stil, aber er war trotzdem total schön. Und er hat mir auch mal eine tolle Sonnenbrille mitgebracht. Ein paar Mal, als ich Geld brauchte, bin ich auch zu ihm gegangen. Es ging nicht um große Summen, aber ich stand wirklich mit dem Rücken zur Wand, und er hat mir ausgeholfen. Ich bin nicht der Typ, der andere um etwas bittet. Ich brauche auch nichts – uns geht es hier in Utah sehr gut, und meine Eltern leben in der Nähe und kümmern sich auch mal um die Kinder. Ich bitte um nichts. Ich brauche nichts. Die Leute sagen manchmal: „Mann, ist doch Wahnsinn, wieso fragst du ihn nicht, ob er dir ein neues Auto kauft? Oder ein Haus?“ Weil ich doch schließlich Maklerin bin. Aber das mache ich nicht. Wenn Vince mir etwas schenken will, dann ist das schön, aber ich bitte nicht darum. Er hat meinen Eltern ein Auto geschenkt, das war cool. Er ist ein guter Mensch. Ein wirklich guter Mensch.

      Eine Geschichte muss


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