Live dabei - Mein Leben mit den Rolling Stones, Grateful Dead und anderen verrückten Gestalten. Sam Cutler

Live dabei - Mein Leben mit den Rolling Stones, Grateful Dead und anderen verrückten Gestalten - Sam Cutler


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Park. Vom Backstage-Bereich aus konnte man einen Blick über das Wasser werfen; vor der Bühne bildete der Boden eine lange Mulde, so dass jeder optimale Sicht hatte.

      Ich entwarf eine Bühne, die nach heutigen Ansprüchen primitiv, aber funktional war, damals jedoch zu einer der größten Bühnen für ein Open-Air-Konzert zählte. Sie ragte fast zwei Meter in die Höhe und war mit einer festen Plane überzogen – die Zuschauer konnten alles verfolgen, doch nicht hochklettern, um an die Band heranzugelangen. Man hätte eigentlich auf eine Security verzichten können.

      WEM war zu der Zeit der größte Verleih für Beschallungsanlagen in Großbritannien und wurde von einem umgänglichen Gentleman namens Charlie Watkins betrieben. Er war deutlich älter als die meisten Leute, die für die Organisation des Konzerts arbeiteten, stand aber auf die Stones. Für ihn stellte es eine große Herausforderung dar, die Hunderttausende von Fans, die man im Park erwartete, professionell zu beschallen. Eine weitere Schwierigkeit bestand im Mitschnitt des Soundtracks des Films. Letztendlich sang Mick in zwei Mikros, die man nur mit Klebeband aneinander befestigte. Schräg, aber es funktionierte.

      Bisher hatte es noch kein Konzert mit solch einem Schallvolumen gegeben. Um die Vielzahl von Lautsprecherboxen unterzubringen, stellten wir Gerüste auf. Ich berechnete mit Charlie Watkins die Belastung der Bühne, damit die Tagfähigkeit gewährleistet war.

      Kurz darauf rief mich mein enger Freund Chesley Millikin an, der ehemalige Geschäftsführer von Epic Records Europa. Er lud mich ein, ihn nach Heathrow zu begleiten, wo er einen amerikanischen Bekannten abholen und mir vorstellen wollte. Obwohl ich bis zum Hals in der Arbeit steckte, ließ Chesley ein Nein nicht als Antwort gelten. Er holte mich in seinem tollen alten Bentley ab; wir tuckerten stilvoll zum Flughafen und pafften dabei einen dicken Joint.

      Auf der Fahrt unterhielten wir uns über Brian Jones, der einige Charakterzüge mit Syd Barrett teilte. Er konnte seine Gier nicht zügeln, hatte einfach zu wenig Selbstkontrolle. Nicht alle können mit Drogen klug umgehen und ihren Konsum steuern, und Brian gehörte eindeutig zu diesen Leuten. Er warf sich das Zeug mit einer unglaublichen Zügellosigkeit ein, und als sich seine Sucht steigerte, zerstörten die Drogen sein Talent und verwandelten ihn in einen heruntergekommenen und widerlichen Menschen.

      Ich begegnete ihm nur ein einziges Mal. Er saß im Studio, wirkte wie ein katatonischer Patient in der Psychiatrie und wurde von den anderen bewusst ignoriert. Ständig belästigte ihn die Polizei, Razzien standen auf der Tagesordnung. Brian Jones zu sein – das machte bestimmt wenig Spaß.

      Während wir uns dem Flughafen näherten, erzählte mir Chesley, dass wir eigentlich zur Feltham Police Station fuhren, was mich erstaunte. Doch ich dachte mir nicht viel dabei, und so setzen wir unsere – wie sich später zeigte – Rettungsmission fort. Es habe da so eine kleine Unannehmlichkeit gegeben, erzählte mir Chesley mit seinem niedlichen irischen Akzent. Der Zoll hatte seinen Freund mit 30 LSD-Trips erwischt, aber wen kümmerte das schon? Ich musste ständig an die anstehende Show im Park denken, war allerdings überrascht, dass die Polizei ihn überhaupt einreisen ließ.

      Auf der Wache schnappten wir uns Chesleys Freund. Wie sich herausstellte, war dieser Typ Rock Scully, der Manager von Grateful Dead aus San Francisco. Das beeindrucke mich. Rock war ein gut aussehender Mann, von oben bis unten in Jeans gekleidet, und trug teuer wirkende Cowboystiefel. Als der diensthabende Beamte Rock seine Habseligkeiten zurückgab, las er eine lange Liste vor und sagte: „Eine Adlerfeder.“ Wow! Er überreichte Rock die geheiligte Feder, die an einer exquisit gestalteten indianischen Kette hing. Auf dem Rückweg nach London freundeten wir uns schnell an. Beim Abendessen erzählte Rock von den jüngsten Ereignissen in San Francisco und berichtete über die amerikanische Musikszene, was mich regelrecht verzauberte. Geschichten von „Acid Tests“ und den Grateful Dead, heißen kalifornischen Mädchen und anderen Attraktionen flossen in unser Gespräch ein. Als wir auf On the Road zu sprechen kamen, beschrieb Rock Neal Cassady und seine Beziehung zu den Dead und den Pranksters mit Worten, die in meinen Ohren wie magische Formeln klangen. Erneut wurde ich in der Absicht bestärkt, die USA zu erkunden. Rock wirkte wie der geborene Romantiker und lebte den kalifornischen Traum. Mühelos verfolgte ich seinen lebhaften Wortschwall.

      Er schilderte die Free Concerts im Golden Gate Park, nahe dem Herzen der alternative Szene im Haight-Ashbury-Bezirk der Stadt. Viele kostenlose Konzerte hatten dort stattgefunden, doch es gab niemals Probleme.

      Er war doch alles so einfach: Die Bands traten auf, und die Leute hatten ihren Spaß. Die Hells Angels hielten sich bei den Generatoren auf und wurden von den Leuten gemieden. Somit war eine reibungslose Stromzufuhr garantiert. Peace and Love! Falls es mal Probleme gab, waren es höchstens schlechte LSD-Trips. Diese Leute wurden von drogenerfahrenen Spezialisten behandelt, die sie sicher aus den Horrorvisionen herausführten.

      Das klang unglaublich aufregend.

      Rock streunte später durch London. Ich sah ihn nicht sehr oft, doch er traf sich mit Keith Richards, den er durch Chesley kennenlernte. Während des Meetings, in Keiths Haus in Cheyne Walk, kam zum ersten Mal die Idee eines Free Concert der Stones in Kalifornien auf den Tisch. Soweit ich es beurteilen konnte, schien das niemanden so richtig zu begeistern, doch die Idee sollte wieder aufgegriffen werden – und die Stones auf immer und ewig verfolgen.

      Einige Tage später traf ich mich mit Chesley und Jo Bergman, die das Büro der Stones leitete. Chesley arbeitete damals als persönlicher Manager für Terry Reid, den viele trotz seiner jungen Jahre für einen der besten Sänger Großbritanniens hielten. Chesley diskutierte die Möglichkeit, Terry als Support bei der US-Tour der Stones auftreten zu lassen. Mick und seine Band wurden von der Plattenfirma massiv unter Druck gesetzt, endlich den großen Teich zu überqueren.

      Ich mochte Jo Bergman. Sie sah bezaubernd aus und trug lange Röcke, die bis zu den Knöcheln reichten. Sie war klein, hatte ein süßes, markantes Gesicht und wuselige Haare, die in alle Himmelsrichtungen abstanden, vergleichbar mit einem abgefahrenen Afro. Die Frau war hochintelligent und hatte eine eiserne Disziplin. Wir mussten alle lachen, als ich Jo beiläufig fragte, ob sie Micks rechte Hand sei, was durch meinen Tonfall ein wenig anzüglich klang. „Na klar“, erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich erzählte ihr noch von meiner Freundschaft mit Alexis Korner, und der Abend nahm einen angenehmen Verlauf.

      7. Die Stones im Park

      Am 2. Juli, drei Tage vor dem Hyde-Park-Konzert, verstarb Brian Jones unter mysteriösen Umständen. Angeblich ertrank er in seinem Swimmingpool. Die Polizei vermasselte die Untersuchung im großen Stil, und der Ermittlungsleiter urteilte, dass ein Unfall die Todesursache gewesen war. Bei so einer Definition könnte man schlussfolgern, dass alle unnatürlichen Tode auf einem Unfall beruhen!

      Viele älteren Menschen mochten Brian nicht, für sie war er ein drogenabhängiger Rockstar, der seinen Tod selbst zu verantworten hatte. Sie neideten ihm den Reichtum und den Lebensstil und fanden den ihrer Ansicht nach ungezügelten Hedonismus skandalös. Briten können in ihrer ruhigen und nichtssagenden Art oft grausam und brutal sein. Ich würde sie am liebsten als die Japaner Europas bezeichnen, doch das trifft nur in einigen Punkten zu.

      Einen Tag nach Brians Tod fuhr eine gewisse Person zur Cotchford Farm und ließ alle Wertgegenstände mitgehen. Seit diesem Tag ist nichts davon wieder aufgetaucht. Wertvolle Gitarren, Kleidung, Möbel – alles wie vom Erdboden verschluckt. Während des schweren Diebstahls wurden alle finanziellen Unterlagen im Garten in einem großen Feuer verbrannt. Das geschah an einem Ort, an dem weniger als 24 Stunden vorher ein Mann unter höchst verdächtigen Umständen ums Leben gekommen war! Die Polizei hatte es wohl nicht für nötig gehalten, das Gebäude und den Garten abzusperren.

      Die Person, die Brians Habseligkeiten mitgehen ließ, war ein enger Freund von Frank Thorogood, dem Bauarbeiter, den viele für Brians Mörder halten, da er sich zu der Zeit dort aufhielt. Thorogood soll kurz vor seinem Tod ein Geständnis abgelegt haben, doch nur in Anwesenheit eines einzigen Zeugen. Diejenigen, die den Zeugen kennen und über seine langjährige Beziehung zu den Stones Bescheid wissen, kann dieses Geständnis nicht überzeugen. Eindeutig lässt sich Folgendes belegen: Einige Personen, die sich in der Nacht von Brians Tod auf seinem Anwesen aufhielten, wurden in der Folgezeit bedroht und zum Verlassen des Landes gedrängt.


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