Live dabei - Mein Leben mit den Rolling Stones, Grateful Dead und anderen verrückten Gestalten. Sam Cutler

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zubereiten konnte, doch als ich ihn zuerst kennenlernte, merkte ich schnell, was für ein guter Gitarrist er war. Wenn die Band an neuem Material arbeitete, rief er ihnen die Akkordwechsel zu.

      Ohne Zweifel war Syd der erste, wenn auch eher schüchterne und vorsichtige Star der Psychedelic-Szene Großbritanniens. Ihn umgab eine merkwürdige Fremdartigkeit. Oft beschäftige er sich mit den unbedeutendsten Dingen, starrte wie ein Besessener auf belanglose Gegenstände. „Der ist total durchgeknallt“, meinte meine damalige Freundin, und die musste es wissen, denn sie wohnte in Kingsley Hall und wurde von Ronnie Lang behandelt wurde, dem weltbekannten Psychiater und Experten auf dem Gebiet der psychischen Störungen und Krankheiten. Verrückt oder nicht, Syd konnte wenigstens seine Gitarre stimmen, obwohl er manchmal vergaß, das verdammte Ding zu spielen.

      Freunde erzählten mir die Geschichte von einer gemeinsamen Autofahrt aufs Land. Syd hielt plötzlich an und latschte einfach weg. Als meine Kumpels kapierten, was da vor sich ging, konnten sie Syd nicht mehr finden und mussten sich auch auf den Fußmarsch begeben, weil er die Autoschlüssel mitgenommen hatte. Als sie ihn das nächste Mal trafen, erinnerte er sich gar nicht mehr an die Fahrt.

      Niemand wollte Syd hart rannehmen und ihm gehörig die Meinung sagen, weil er überhaupt nicht wusste, was vor sich ging. Er war unschuldig wie ein Kind. Die Mädchen taten ihr Möglichstes, ihn zu umsorgen und zu beschützen, bis zum Zeitpunkt, an dem er sich völlig in sein Innerstes verkrochen hatte und ihm niemand mehr helfen konnte.

      Die anderen Musiker von Pink Floyd verhielten sich unter den gegebenen Umständen ungewöhnlich nett gegenüber ihrem Bandkollegen. Aus einem einstmals klaren und strahlenden Diamanten war eine stumpfe, durch Drogen vernebelte Persiflage des früheren Ich geworden. Jeder empfand das als zutiefst traurig und bewegend, doch niemandem gelang es, ihm zu helfen, obwohl viele es versuchten.

      Meine quirlige und wunderbare Freundin hatte mich auf die All Saints Hall gebracht. Ich liebte den Ort und lud meinen Freund Ron Geesin ein, damit er die Szene dort erleben konnte. Ron und ich trafen uns bei einem gemeinsamen Kumpel und freundeten uns sofort an, was wohl daran gelegen haben mag, dass ich seine Musik mochte, eine abgefahrene Art und Weise der Vertonung des „Theaters der Grausamkeit“. Er gehörte zu den angesagten Typen.

      Ron war ein geschickter, klassisch ausgebildeter Musiker, doch sein persönlicher Geschmack führte ihn zu höchst ungewöhnlichen Instrumenten und bizarren Klangeffekten, die er mit absurden Texten krönte und mit einem unverständlichen schottischen Akzent vortrug. Die Klangkaskaden wirkten auf die Zuhörer beängstigend und beunruhigend. Er spielte Klavier mit der Leidenschaft eines Wahnsinnigen Es war eine Erfahrung der ganz besonderen Art, seine Vision der Entfremdung vom Herkömmlichen zu erleben. Man erstarrte fast vor Furcht. Trotzdem war Ron einer der geselligsten Menschen, und nachdem ihn die Musiker von Pink Floyd näher kennengelernt hatten, mochten sie ihn wegen seiner außergewöhnlichen Exzentrik. Uns verband eine enge Freundschaft.

      Ron nahm keine Drogen, schlug sogar einen Joint aus, doch konnte sich trotzdem auf die Musik von Floyd einlassen. Schon bald schloss er Freundschaft mit dem Keyboarder Rick Wright und dem Bassisten Roger Waters. Ron spielte eine wichtige Rolle, denn er transzendierte und öffnete den musikalischen Ansatz der Band. Sein Einfluss kann auf der ersten LP The Piper At The Gates Of Dawn (1967) über Dark Side Of The Moon (1973), Animals (1977) bis hin zu The Wall (1979) wahrgenommen werden. The Wall wird zwar offiziell Roger Waters und Floyd zugeschrieben, doch die Atmosphäre der Vereinsamung und des von Angst ausgelösten Wahnsinns stammen sicherlich von den frühen surrealen Themen meines Freundes Ron.

      Nick Mason und Ron Geesin unterstützen mich bei einem eigenen Musikprojekt, wofür ich ihnen für alle Zeiten danke, da ihre Beiträge dem Experiment eine gewisse Schwere und Tiefgründigkeit gaben. Einige Freunde hatten sich entschlossen, eine Gruppe mit dem Namen Screw zu gründen, eine Punk-Band, mehr als ein Jahrzehnt vor Malcolm McLaren und den Sex Pistols und lange bevor einer wusste, was der Begriff Punk nun bedeutet. Ron und Nick fanden die Musik sowohl schrecklich als auch faszinierend. Wir hatten unseren Spaß, konnten alles rauslassen und frech sein, doch die Band verschwand schnell von der Bildfläche.

      Screw gehörte zu den wenigen Formationen, die ihre Zuhörer an die Wand spielten und sie verwirrt und betäubt zurückließen. Nachdem die Leute ein Konzert gehörte hatten, wussten sie nicht, was man davon halten, geschweige denn darüber sagen sollte. Screw verschlug ihnen die Sprache, und das war – wie wir damals dachten – eine nennenswerte Leistung.

      Sogar John Peel, der Kult-DJ, der in seiner BBC-Radio-Show die merkwürdigsten, abgefahrensten Sachen auflegte, bekam bei einem Gig von Srew kein Wort mehr über die Lippen. Ich lud ihn zu einem der Happenings ein. Während des Sets schlug Chris Turner, der Mundharmonika-Mann, ein wenig über die Stränge. Seine Lippen platzen auf, und das Blut spritze über die ganze Bühne. Der Sänger Pete Hossell eilte ihm zur Hilfe und besudelte sich die Hände und das Mikro mit Blut. Das wirkte alles schon ziemlich bedrohlich. Nach dem Konzert ging ein besorgter John Peel in den Backstage-Bereich, um seine Hilfe anzubieten. Er war wohl ziemlich schockiert, als er Pete Hossell dabei beobachtete, wie er Chris’ blutende Lippen mit einer seiner dreckigen Socken (in Bier getränkt) abwusch und dabei noch eine tiefen Schluck nahm, als sei nichts gewesen.

      Chris war ein erstaunlicher Typ. Er spielte mitreißende Soli auf seiner Blues-Harp und spuckte manchmal einen abgebrochenen Zahn aus, während ihm das Blut in kleinen Rinnsalen das Kinn hinablief. Damit schickte er das Publikum natürlich auf einen Horrortrip. Gelegentlich meinten die Leute, dass er auf der Bühne bei einem seiner emotionalen Ausbrüche verblute. Manchmal musste er auf der Bühne wiederbelebt werden, und einmal rief der Veranstalter bei einem Konzert sogar den Krankenwagen, im festen Glauben, dass der Harp-Mann nun wirklich zu viel Blut verloren habe. (Natürlich war das alles ein Show-Act, denn Chris zerbiss Filmblutkapseln und spuckte künstliche Zähne aus, doch Screw überzeugte das Publikum. Kaum jemand kannte die ganze Wahrheit!)

      Nick Mason half bei der Produktion einiger Srew-Songs, die am 13. Mai 1969 in den Lansdowne Studios in London aufgenommen wurden. Die Bänder verstaubten dann 30 Jahre lang in einem Lager für Audiobedarf. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich Nick zu dem ungewöhnlichen Projekt überredete, und nur die Götter wissen, warum Ron Geesin die Bänder überspielte und masterte. Doch Ron hatte stets eine Schwäche für das Ungewöhnliche und Schockierende. Er war der einzige Mann in der ganzen Stadt, der die Dagenham Girl Pipers mochte, weibliche Dudelsack-Spieler, die damals in London lebten.

      Aus heutiger Sicht engagierte sich Nick wahrscheinlich für Screw, weil sie ihm eine Pause von der Komplexität und dem cleveren Ansatz seiner eigenen Band ermöglichten. Die offensive und direkte Herangehensweise von Screw stellte für ihn ein heilsames Gegengift zu einem Roger Waters dar, der ihn ständig belehrte, was er denn nun spielen solle. Ich versuchte alles, damit die Screw beim Free Concert der Rolling Stones im Hyde Park auftreten konnten (mehr zu dem Thema später). Bei dem Konzert spielten sie vor 500.000 Zuschauern. Ich erinnern mich noch gerne an den Jazz/Blues-Musiker Alexis Korner, der sich die Show vom Bühnenrand aus ansah und ungläubig den Kopf schüttelte. Kurz darauf flog ich in die USA, und Screw mussten sich andere Vertreter suchen.

      Die Band war ihrer Zeit weit voraus, doch leider wurde nichts aus dem Projekt, das unter einem schlechten Stern stand. Ihr Co-Manager knallte völlig durch und gründete in Schottland eine Kommune, deren einziges Mitglied er schwängerte. Der Leadgitarrist Al Kinnear verstarb sehr früh, und der Drummer Nick Brotherwood verdiente sich seine Brötchen als Pfarrer! Pete Hossell ließ sich in São Paulo nieder, und Stan Scrivener, der Bassist, scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Die 1969 aufgenommene Platte wurde schließlich 2006 in einer auf 500 Exemplare limitierten Edition auf dem Spezialisten-Label Shagrat veröffentlicht. Die Musik klang immer noch so durchgeknallt wie damals. Ich kann mich gut an alle Songs erinnern.

      UFO war ein weiterer Londoner Club, der eine wichtige Rolle in der aufblühenden Musikkultur spielen sollte. Er öffnete kurz vor Weihnachten 1966 und lässt sich als finstere Höhle beschreiben, die unter einem Kino in der Tottenham Court Road lag. Unter anderem traten dort Pink Floyd und Soft Machine auf. Ich warf mich in mein psychedelisches Outfit und besuchte den Laden, wo ich Leuten begegnete, die aus allen Winkeln Großbritanniens kamen. Ein Kerl aus Deutschland etablierte sich als Haus-Dealer. Manchmal zog ich mir einige Joints durch oder warf


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