Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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      Old Donegal sah Don Miguel in die Augen. Er hüstelte dezent, nahm das Tüchlein aus seinem Wams und tupfte sich dann über den Mund.

      „Die Unstimmigkeiten dürften wohl bei diesem – äh – Staatsfeind gelegen haben“, meinte er. „Dieser Mann hat sich unter einem falschen Namen eingeschlichen und uns alle getäuscht. Er war nicht der, für den er sich ausgegeben hat. Wir nahmen ihn in Frankreich an Bord.“

      „Er hat aber behauptet …“

      „Er lügt, um seine Haut zu retten“, unterbrach Old Donegal knapp. „Daß er die Unwahrheit spricht, liegt auf der Hand. Er gab seinen richtigen Namen auch erst dann preis, als er keinen Ausweg mehr wußte.“

      „Sehr richtig, er hat sich bereits etliche Male in Widersprüche verwickelt.“

      Old Donegal lehnte sich etwas zurück und legte die ringgeschmückten Hände auf den Tisch.

      „Ich überlege ernsthaft, ob wir diesen Kerl nicht einfach mitnehmen sollten, um ihn dem Gericht zu überstellen“, sagte er nachdenklich. „Natürlich können Sie ihn in Eisen legen, Capitán Senona.“

      So dämlich kann Don Miguel nicht sein, dachte Hasard. Das wäre der, Gipfel der Unverschämtheit und der Dummheit.

      Don Miguel lächelte gequält. Er war von dieser Überlegung keinesfalls begeistert, denn die Lorbeeren gedachte er allein einzuheimsen.

      „Dieser Mann ist zu gefährlich“, sagte er. „Ich möchte Ihnen diese Verantwortung keinesfalls aufbürden. Außerdem haben wir de Alcazar bereits in Eisen schließen lassen. Hier kann ihn niemand mehr befreien, das ist ausgeschlossen. Wir werden ihn an den spanischen Hof bringen.“

      „Doch nicht jetzt etwa?“ fragte Old Donegal entsetzt. „Das wäre der unpassendste Augenblick, Don Miguel.“

      „Ich verstehe Sie nicht, Don Alonso.“

      „Ja, wissen Sie denn nicht, daß Seine Allerkatholischste Majestät schwer erkrankt ist? Der König hat von seinen Beratern gerade erfahren, daß die Krone eine Staatsverschuldung in Höhe von fast hundert Millionen Dukaten hat. Diese Nachricht hat Seine Majestät sehr erregt und seine Krankheit noch verschlimmert, fast beschleunigt.“

      „Das wußte ich nicht“, sagte Don Miguel betroffen. „Der Gesundheitszustand Seiner Majestät ist nicht der Beste, das erfuhr ich, aber daß es so schlimm steht …“

      „Und dann wird ihm dieser Staatsfeind präsentiert“, sagte Old Donegal. „Ein angeblicher oder wirklicher Kollaborateur, Renegat, Hochverräter. Das alles wird Seine Majestät erfahren, und es wird ganz sicher nicht zu seiner Gesundheit beitragen.“

      „Aber ich muß ihn ausliefern, Don Alonso.“

      „Mein seliger Vater hätte ihn vor ein Inquisitionsgericht gestellt und abgeurteilt“, sagte Old Donegal, und seine Augen funkelten dabei. „Aber vorher hätte er ihn noch in einem Verlies schmachten lassen, damit Kerle wie er über ihr ruchloses Leben nachdenken können. Sie sollten sich das gründlich überlegen, Don Miguel.“

      Don Miguel nickte gedankenschwer. Er nahm einen Schluck Rotwein, spitzte die Lippen und schluckte ihn herunter.

      „Es steht in meiner Macht, wohin ich ihn bringe“, sagte er schließlich. „Ich kann ihn nach Madrid ausliefern, ich kann ihn aber auch nach Sevilla oder Cádiz überstellen. Aber erst muß ich ihm noch ein paar Fragen stellen. Wenn Sie seine Anwesenheit nicht stört, können Sie gern dabei sein. Ich werde ihn vorführen lassen.“

      „Es stört uns nicht“, sagte Old Donegal. „Schließlich haben wir mit dem Mann sozusagen zusammengelebt. Er hat sich uns gegenüber immer sehr anständig benommen, nicht wahr, Capitán Senona?“

      „In der Tat“, sagte Hasard. „Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen.“

      Der Generalkapitän rief nach der Ordonnanz.

       2.

      Kurze Zeit später wurde Don Juan de Alcazar hereingeführt. Ketten umschlossen seine Beine und Handgelenke.

      Er grüßte bei seinem Eintritt kühl und war auch keinesfalls irritiert, daß sich Old Donegal und der Generalkapitän so gut verstanden. In seinem Gesicht war keine Regung zu erkennen.

      Der Generalkapitän grinste boshaft.

      „Ah, mein lieber Don Juan“, sagte er gehässig. „Ich wollte Ihnen noch ein paar Fragen stellen. In welchem Land sind Sie eigentlich an Bord der Schebecke gegangen?“

      „In Italien“, sagte der Spanier ausdruckslos.

      „Sind Sie sicher?“

      Don Juan gab keine Antwort.

      „Die Schebecke hatte Capitán Senona in Italien aber noch nicht“, sagte Don Miguel gehässig. „Das beweist mir einwandfrei, daß Sie lügen. Ich glaube Ihnen kein Wort. Mir wurde berichtet, Sie seien in Frankreich zugestiegen, unter falschem Namen.“

      „Warum fragen Sie denn, wenn Sie alles schon wissen?“

      „Ich will nur Ihre Unglaubwürdigkeit untermauern. Was haben Sie in Frankreich getan? Sie hatten doch von der Krone und der Casa de la Contratación einen ganz anderen Auftrag, und aufgrund dieses Auftrages sollten Sie sich im karibischen Raum aufhalten, wo man Sie auf diesen Killigrew angesetzt hatte.“

      „Ich glaube nicht, daß Sie über meinen Auftrag genau informiert sind“, sagte Don Juan kühl.

      „O doch, mein Lieber, sehr genau sogar. Sie haben sich mit diesem Mann verbündet, um der Krone Schaden zuzufügen. Warum haben Sie das getan? Der Grund würde mich interessieren, denn es ist doch recht ungewöhnlich, daß sich ein Mann in Ihrer Position mit einem Todfeind der spanischen Krone verbündet.“

      „Sie haben mich doch und werden mich der Gerichtsbarkeit überstellen“, sagte Don Juan mit einem kleinen Lächeln. „Dann warten Sie doch das Ergebnis der Untersuchung ab, bei der Sie alles erfahren werden.“

      Don Miguel schnaufte ärgerlich.

      „Sie haben mir Rede und Antwort zu stehen“, sagte er.

      „Sie erscheinen mir dafür nicht kompetent“, erwiderte der große, schlanke Mann kühl.

      Don Miguel schluckte seinen Ärger herunter, obwohl ihm das schwerfiel.

      „Nun gut“, knurrte er. „Ich werde Sie diesmal zur Abwechslung in die Vorpiek bringen lassen. Dort können Sie überlegen und über Ihre verwerflichen Schandtaten nachdenken.“

      Don Miguel wandte sich an Old O’Flynn, der zurückgelehnt gerade einen kleinen Schluck des Rotweins genoß und im übrigen so tat, als ginge ihn das alles nichts an.

      „Wo würden Sie diesen Kerl aburteilen lassen, Don Alonso?“

      Old Donegal stellte das Glas auf den Tisch zurück. Einen kurzen Augenblick musterte er Don Juan, der in Ketten ganz in seiner Nähe stand.

      „Madrid halte ich nicht für sinnvoll, Don Miguel. Die Gründe dafür nannte ich Ihnen bereits. In Sevilla verfährt man bekanntlicherweise etwas großzügiger, denn da gibt es ein paar Richter, die … Na, Sie wissen schon, was ich meine.“

      „Bestechung?“ fragte der Generalkapitän leise.

      „Korruption“, flüsterte Old Donegal geheimnisvoll. „Mir ist da einiges zu Ohren gekommen. Lassen Sie ihn nach Cádiz schaffen. Dieser Kerl bringt es sicherlich fertig, die Richter in Sevilla zu beeindrucken. In Cádiz kenne ich einige der ehrenwerten Señores persönlich. Die werden dafür sorgen, daß er seiner gerechten Strafe zugeführt wird.“

      Der Generalkapitän nickte nachdenklich.

      „Ein guter Vorschlag, Don Alonso“, sagte er und rieb sich die Hände. „Sie sind also zu keinen weiteren Aussagen bereit, de Alcazar?“ wandte er sich dann an Don Juan.

      „Nicht


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