Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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vom Besten, aber für meinen persönlichen Geschmack zu süß und zu schwer.“

      „Das läßt sich sehr einfach feststellen“, meinte der Profos. „Wir brauchen nur mal eine Buddel zu entkorken.“

      „Untersteh dich, Ed, dich am Wein des Don Alonso zu vergreifen! Das käme einem Frevel gleich.“

      „Er muß später sowieso ein paar Buddeln rausrücken“, sagte der Profos grinsend. „Dafür werde ich schon sorgen.“

      Inzwischen wurde alles zum Auslaufen vorbereitet. Hasard ließ die Weinkisten unter Deck bringen und in Old Donegals Kammer verfrachten, was der Profos lebhaft bedauerte.

      Dann warteten sie und warteten.

      Eine volle Stunde verging, eine weitere halbe, und von Old Donegal war immer noch nichts zu sehen.

      Der Seewolf wurde langsam ungeduldig. Bens Gesicht hatte sich umschattet. Er sah ernst aus.

      „Das gefällt mir ganz und gar nicht“, murmelte er. „Fast könnte ich jetzt das Mißtrauen von Ed teilen, Sir. Donegal kann sich doch nicht stundenlang mit dem Kerl unterhalten. Die werden doch wohl nicht einen zwitschern? Das kann sich der Befehlshaber einer Kriegsgaleone doch gar nicht leisten. Da steckt etwas anderes dahinter.“

      „Da steckt gar nichts dahinter“, sagte Hasard gelassen. „Eben war ich auch noch beunruhigt, aber Donegal kriegt es fertig und tischt dem ehrenwerten Señor faustdicke Lügen auf. Außerdem habe ich schon mehr als einen besoffenen Generalkapitän gesehen. Donegal wird ihm Schauermärchen erzählen, vermutlich von den Heldentaten seines angeblichen Vaters.“

      Inzwischen war es längst Nachmittag geworden. Sie hätten schon ein paar Meilen zwischen sich und die Kriegsflotte bringen können, aber Old O’Flynn mußte natürlich wieder mal aus der Reihe tanzen.

      Dann erschien er doch noch.

      „Der alte Zausel hat sich einen angekümmelt“, stellte der Profos neidvoll fest, „aber unsereins muß ja nüchtern bleiben.“

      Old O’Flynn wurde von einen Teniente, einem Corporal und zwei Seesoldaten eskortiert, obwohl eskortieren nicht der richtige Ausdruck war.

      Die vier Spanier stützten ihn unauffällig, damit Old O’Flynn nicht über die Stelling kippte. Auf der Stelling blieb er stehen und hob den linken Arm zum Gruß. Dieser Gruß galt Don Miguel, der sich jetzt auf dem Achterdeck seines Schiffes befand und am Schanzkleid lehnte. Auch er hatte wohl etwas zu tief ins Glas gesehen, aber er verbarg das sehr geschickt.

      Die beiden winkten sich zu und grinsten verschwörerisch.

      Dann wurde Old O’Flynn in die vor der Stelling stehende Sänfte geleitet und nahm Platz, indem er einfach hineinplumpste.

      „Auch das noch“, sagte Hasard ergeben. „Aber es sei ihm diesmal verziehen. Er hat schließlich viel für uns getan.“

      Die Sänfte wurde angehoben. Unter dem heimlichen Grinsen der Arwenacks ging es über die Pier. Dicht vor der Schebecke setzten die vier Spanier die Sänfte ab. Sie taten es sehr behutsam.

      Old O’Flynn rülpste leicht und schlug sich vor die Brust, als er etwas steifbeinig herauskletterte. Sein Schädel wackelte ein bißchen, als er die Träger mit einer gnädigen Handbewegung entließ.

      Ein paar Augenblicke stand er so da, sich ganz der Würde eines spanischen Granden bewußt. Er fummelte an seiner Halskrause herum, zupfte an seinem Wams und gab sich einen Ruck.

      „Bringt ihn an Bord“, sagte Hasard. „Schließlich verdient ein spanischer Edelmann ein Geleit.“

      Carberry und Smoky übernahmen das. Sie flankierten ihn von links und rechts und benahmen sich so, als sei er tatsächlich ein vornehmer Adliger.

      Old Donegal rülpste ein zweites Mal laut und ungeniert.

      „Mußt du hier unbedingt rumquaken wie ein alter Ochsenfrosch?“ begann der Profos zu motzen. „Vollsaufen und rumtönen, was, wie? Reiß dich zusammen, Herzöglein.“

      „Wenn du meine Rolle gespielt hättest, wären wir jetzt schon alle in der Hölle. Aber ich, Don Alonso, habe euch vor einem grausigen Schicksal bewahrt. Ich bin ein Held.“

      „Klar, das streitet ja auch keiner ab. Aber nun bewege dich mal an Bord, du Held.“

      Auf der Laufplanke blieb Old Donegal wieder stehen. Er spitzte die Lippen, führte zwei Finger an den Mund und warf Don Miguel Kußhändchen zu, die auch prompt erwidert wurden.

      „Mein Freund“, verkündete Old Donegal stolz. „Er hat mir Wein geschickt und ein Medaillon verehrt. Hier ist es.“

      Er holte das Medaillon hervor. Es war aus einem ovalen Goldrahmen und zeigte das Miniaturporträt des Generalkapitäns. Der Maler hatte sich redliche Mühe gegeben und aus dem roten groben Gesicht des Don Miguel alles das herausgelassen, was ihn wie einen Eisenfresser aussehen ließ. Selbst das Boshafte in seinen Augen hatte er durch einen freundlichen Blick kaschiert. Daher hatte das Bild nur noch sehr geringe Ähnlichkeit mit dem ehrenwerten Don Miguel de Salamanca.

      „Sehr schön“, sagte Carberry, „ich nehme an, du wirst es dir über die Koje nageln, damit dir der freundliche Señor morgens beim Erwachen immer zulächelt.“

      „Er ist wirklich sehr freundlich“, murmelte der Alte.

      „Gebt Ihr auch einen aus, Edler von Toledo?“ erkundigte sich Carberry. „Du hast doch jede Menge zu saufen abgesahnt.“

      „Aber sicher doch. Doch erst müssen wir hier einmal verschwinden. Das alles ist mir selbst sogar unheimlich geworden. Ich werde euch später von Don Miguel erzählen.“

      Als Old O’Flynn an Bord war, ließ Hasard noch ein paar Minuten verstreichen, damit die Abreise nicht so überhastet wirkte.

      Dann wurden die Leinen gelöst und die Segel gesetzt.

      Niemand behelligte sie. Nur ein paar behelmte Seesoldaten sahen neugierig herüber – und Don Miguel, der auf dem Achterkastell seines Schiffes wie festgenagelt an der Balustrade lehnte.

      Als die Segel gesetzt waren, grüßte er ein letztes Mal.

      Die Schebecke glitt langsam aus dem Hafen.

      Die Arwenacks atmeten erleichtert auf, als sich das Gluckern des Wassers an den Bordwänden verstärkte, als der Wind die Segel immer praller füllte und die Schebecke rasch an Fahrt gewann.

      Die Dons sahen ihnen nach. Keiner ahnte, daß Spaniens größter Feind grinsend aus dem Hafen von Gibraltar segelte.

      Sie hatten ihre Chance verpaßt, eine einmalige Chance vielleicht, denn es wäre den Dons wahrhaftig nicht schwergefallen, den Seewolf und seine Mannschaft zu fangen.

      Als sie den Hafen verlassen hatten, begann bei den Arwenacks erst einmal das große Grinsen.

       3.

      Hasard kehrte in Gedanken noch einmal zu den Ereignissen der zurückliegenden Tage zurück.

      Alles hatte so harmlos mit dem Proviantboot begonnen. Dort hatte jemand Don Juan de Alcazar erkannt und diese Neuigkeit sofort dem Generalkapitän überbracht, um sich die zehntausend Reales Kopfgeld zu verdienen.

      Die Spanier hatten unglaublich schnell reagiert. Für sie war die Gelegenheit äußerst günstig gewesen, weil sie über viele Schiffe in diesem Seegebiet verfügten.

      Eine Falle war aufgebaut worden – und in die waren die Arwenacks auch prompt und ahnungslos hineingelaufen.

      Die Spanier hatten Don Juan erkannt und verhaftet. Sie würden ihn aburteilen und durch die Garotte hinrichten – wie es der ehrenwerte Don Miguel gehässig angekündigt hatte.

      Ein Witz ist das, überlegte Hasard. Ausgerechnet Don Juan mußten sie schnappen. Dabei hatte er selbst fest damit gerechnet, daß sie es nur auf ihn abgesehen hatten. Mitten in der Höhle des Löwen waren sie


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