Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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und er sich fast auf den Rücken legen mußte, um das Dreckzeug abzukratzen.

      Wenn er ein Stückchen sauber hatte und die Länge des Schiffes sah, verließ ihn fast der Mut. Die Hitze besorgte den Rest, man wurde träge, schlapp und müde, und nach einer Stunde taten ihm alle Knochen weh, und dabei hatte er erst eine geradezu lächerlich kleine Fläche geschafft. Dann sah er neidvoll zu, wie der große Shane oder Tucker, der Seewolf, Brighton und die anderen wühlten, als wollten sie das Schiff auseinanderreißen.

      Tucker hatte ein riesiges Feld freigelegt, und jetzt untersuchte er es genauer.

      „Hier“, sagte er zu Hasard, „da ist er, der Holzbohrer. Löcher so klein, daß man sie kaum sieht, das sind seine Gänge, und wenn wir den nicht ausräuchern, frißt er uns auf.“

      Mit einer dünnen scharfen Nadel versuchte er in den Gang zu pieken, doch die dünne Nadel erwies sich als zu dick.

      „Wie tief sitzt er?“ fragte Hasard.

      „Nur ein paar Inches, einige hängen noch halb draußen, aber je salziger das Wasser wird, desto wohler fühlt er sich, und um so schneller bohrt er sich hinein.“

      Grey und Bowie ließen sich das heimtückische Biest auch zeigen, dann arbeiteten sie verbissen weiter und beneideten insgeheim die Männer, die an Land waren.

      Das Holz der „Isabella“ erwies sich als außerordentlich widerstandsfähig und stabil. Zum Glück hatte Tukker damals darauf bestanden, daß keine dünnen Kupferbleche unter den Rumpf genagelt wurden, wie es bei den Spaniern üblich war. Da nämlich hatte der Holzbohrer leichtes Spiel, und die alten Galeonen verfaulten zehn mal schneller mit ihren verdammten Kupferblechen, die das Schiff schützen sollten, es in Wirklichkeit aber schneller altern ließen.

      Der Schiffszimmermann war pingelig, und wenn er arbeitete, dann nahm er alles so genau und pedantisch, daß es ihm keiner recht tun konnte. Aber seine Pedanterie hatte sich schon oft ausgezahlt, und daran mußte jetzt auch Hasard denken, als sie die „Isabella“ damals gekauft hatten und Tucker wie ein unruhiger Geist durch das Schiff geschlichen war und dieses und jenes bemängelt hatte, obwohl die „Isabella VIII.“ das modernste Schiff war, das die Werft jemals hervorgebracht hatte.

      Als die erste große Fläche abgekratzt und geschmirgelt war, strich der Schiffszimmermann heißes Pech darauf, griff in das Faß mit dem Schießpulver und klebte es auf den dünnen Überzug aus Pech.

      In diesem Augenblick hielt die drei Angler nichts mehr. Sie pullten heran, Pete Ballie getrieben von Neugier, was jetzt geschah und wie der Wurm ausgerottet wurde, oder der Bohrer, wie Ferris ihn nannte.

      Sie hatten eine Menge Fische gefangen, und als das Boot auf den Sand lief, sprangen die Männer heraus.

      „Schießpulver?“ fragte Pete entsetzt und bewegte seine großen Pranken besorgniserregend hin und her. „Wozu soll das denn wieder gut sein?“

      Old O’Flynn wußte es, aber er enthielt sich der Stimme, und auch der alte Will Thorne schwieg.

      Tucker erklärte es ihm.

      „Die Höhlen des Holzbohrers werden gesprengt, mit Schießpulver“, sagte er ernst. „Dann fliegt der Holzbohrer in die Luft.“

      „Waaas?“ schrie Pete. „Ich denke, das geht mit der Nadel!“

      Ferris verneinte. „Er sitzt zu tief, verstehst du? Wir müssen sprengen, geh aus dem Weg!“

      Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, blies er auf die Glut der Lunte und hielt sie an die klebrige Masse.

      „Sir, das kannst du nicht zulassen!“ rief Pete dem Seewolf zu, doch dann merkte er, daß Tucker ihn wieder einmal genarrt hatte.

      Eine Stichflamme zuckte an den Rumpfplanken hoch, setzte für ganz kurze Zeit das Pech in Brand und überzog alles mit einer lohenden Feuersäule. Es sah aus, als würde die „Isabella“ jeden Augenblick in Flammen aufgehen.

      Das glutheiße Pech drang in die Ritzen ein, verklebte sie und erstickte die Holzbohrer, einerseits durch die sengende Hitze, andererseits dadurch, daß es die winzigen Gänge hermetisch abschloß.

      „Als ich die ersten Holzbohrer ausrottete“, sagte Ferris, „da hast du gerade in den Windeln schwimmen gelernt, Pete, so lange ist das schon her.“

      „Donnerwetter“, sagte Ballie, „du bist doch ein rothaariger Satansbraten, der sein Handwerk versteht.“

      „Nun, man lernt immer noch dazu“, sagte Tucker bescheiden.

      Sobald eine Fläche abgekratzt war, rückte der Zimmermann dem unsichtbaren Biest zu Leibe, brannte, räucherte und sengte es aus, bis der Rumpf teilweise schwarz glänzte und aussah, als wäre er mit frischem Lack überzogen.

      Die anderen halfen mit, unermüdlich, keuchend, schwitzend und verhalten fluchend. Sie hatten noch eine Menge Arbeit vor sich, und nicht mehr lange, dann stieg das Wasser wieder.

      Deshalb schufteten sie wie besessen weiter.

      6.

      Unterdessen hatte der Trupp mit Carberry, Dan, Stenmark und Al Conroy fast zwei Meilen in südlicher Richtung zurückgelegt.

      Die Sorge mit dem Wasser waren sie los, denn der Regenschauer hatte sie bis auf die Haut durchnäßt und bei den Männern Freudenstürme ausgelöst.

      Al Conroy, der Waffen- und Stückmeister, hatte ein Tier erlegt, das einem Wasserschwein verblüffend ähnlich sah und das beachtliche Gewicht von annähernd etwas mehr als zwei Zentnern aufwies.

      „Dann ist es etwas leichter als der Profos“, hatte Dan lachend gesagt und dafür von Carberry einen vernichtenden Blick geerntet.

      Sie hatten es aufgebrochen und an einen Baum gehängt, um es auf dem Rückweg mitzunehmen.

      „Wir müssen noch mehr finden“, sagte Conroy, „zwei Zentner Fleisch vertilgt der Profos zum Frühstück, und die anderen wollen ja auch etwas essen.“

      Aber sie fanden keins der Tiere mehr.

      Dafür entdeckten sie etwas anderes, und das drehte ihnen fast den Magen um.

      Mit den Schiffshauern bahnten sie sich einen Weg durch den dumpfen heißen Dschungel, umschwirrt von Myriaden kleiner Stechmücken, die sich selbstmörderisch auf die Männer stürzten und ihr Blut saugten. Winzige Käfer fielen sie an, bohrten sich blitzschnell und schmerzhaft in die Haut und legten ihre Eier ab, damit für den fleischfressenden Nachwuchs gesorgt war.

      Dan O’Flynn erreichte eine Lichtung, einen freien Platz, und von hier aus hatten sie einen Ausblick auf eine weitere Bucht.

      Da blieb der junge O’Flynn wie gelähmt stehen.

      Die Lichtung war künstlich angelegt worden. Unbekannte hatten Büsche, Mangroven und kleine Sträucher gerodet. Auf der Lichtung standen nur ein paar abgestorbene dünne Pfähle.

      Das war es aber nicht, was Dan zusammenzucken ließ. Er blickte auf einen Schädel, der an einem der Pfähle hing, und dieser Schädel sah verdammt danach aus, als hätte er kurz zuvor noch einen spanischen Körper geziert.

      Es war eine Tsanta, ein Schrumpfkopf, wie ihn auch die kleinen Buschmänner in der versunkenen Stadt in der Nähe des Amazonas angefertigt hatten. Man hatte der Tsanta die Lippen zugenäht, den Schädel mit heißem Sand gefüllt und ließ ihn nun trocknen.

      Dan kannte die Prozedur. Kühlte der Sand ab, dann wurde neuer heißer Sand hineingefüllt, bis der Schädel nach Wochen restlos austrocknete, auf Faustgröße zusammenschrumpfte und so für alle Ewigkeit erhalten blieb.

      Carberry, Stenmark und Conroy blieben stehen, als seien sie gegen eine unsichtbare Mauer geprallt.

      „Verdammt“, sagte der Profos leise und blickte sich nach allen Seiten um. „Da sind wir ja mal wieder in die allerbeste Gesellschaft geraten, und der Teufel soll mich holen, wenn das keine Spanier sind.“

      Vierzehn


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