Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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und der „San Juan“ wurde es lebendig. Auch an Land war der Schrei durch das Prasseln des Feuers hindurch vernommen worden. Der Batak Siabu, endlich verarztet, sprang auf und lief mit dem Feldscher der „Santa Barbara“ zu dem Teniente. Savero de Almenara selbst stand leicht vorgebeugt da und spähte zu den Schiffen. Es dämmerte ihm. Der fremde Segler hatte sich als Wolf im Schafspelz eingeschlichen!

      Der Bote im Boot feuerte als erster seine Pistole ab.

      Er hatte aber nicht sonderlich gut gezielt. Sam Roskill brauchte sich nur hinters Schanzkleid zu ducken, und die Kugel pfiff um zwei Handspannen über seinen Kopf weg.

      Dann zuckte Sam wieder hoch. Er schoß zuerst mit der Muskete, ließ die leere Waffe fallen und betätigte auch den Abzug seiner Pistole. Zwei Männer sanken im Boot zusammen, die anderen zuckten fluchend zurück.

      „Das war der Auftakt“, sagte Hasard. Er gab seinen Männern ein Zeichen, wandte sich dann dem Kommandanten zu und erklärte: „Tut mir aufrichtig leid, aber ihr habt es ja nicht anders gewollt.“

      Weiß vor Schreck starrte Escribano ihn an. Er glaubte allen Ernstes, Hasard würde seine Radschloßpistole abfeuern.

      Aber er kannte den Seewolf nicht. Der holte aus und schickte Escribano mit einem Jagdhieb gegen die Schläfe auf die Planken.

      4.

      Big Old Shane und Dan O’Flynn waren jetzt neben den Achterdecksleuten der „Santissima Madre“. Auch sie schlugen zu, bevor es den Spaniern einfiel, Widerstand zu leisten. Sie bedienten sich der effektvollen Tricks, die ihnen der Mönch von Formosa beigebracht hatte – und prompt fielen auch diese Männer der Allerheiligsten Mutter auf die Decksplanken.

      Auf der Kuhl war Blacky losgestürmt. Drei, vier Gegner konnte er mit den bloßen Fäusten umhauen, dann hatten die übrigen die Waffen in den Fäusten und glaubten, die Gelegenheit beim Schopf packen zu können.

      Blacky warf sich hin, überrollte sich vor der Kuhlgräting und richtete sich hinter der Deckung wieder halb auf. Soldaten und Decksleute feuerten auf ihn. Er zog den Kopf ein, schob die Pistole über den Rand der Gräting, spähte und schoß zurück.

      Ein Mann brach getroffen zusammen.

      „Verdammte Narrenbande“, sagte der Seewolf. Es hatte keinen Zweck, er mußte seinen ursprünglichen Plan, den Kommandanten als Geisel zu benutzen und die drei Schiffsbesatzungen zur unblutigen Aufgabe zu zwingen, aufgeben. Blacky war in Gefahr. Fünf, sechs Spanier pirschten auf ihn zu und wollten ihn aus seiner Deckung treiben.

      Hasard legte mit der Reiterpistole an. In rascher Folge feuerte er die beiden Läufe leer, und zwei Gegner blieben reglos auf der Kuhl liegen.

      Blacky schnellte aus der Deckung. Er hatte sein Entermesser gezückt und drang damit gegen die anderen Gegner vor. Sie hatten ihre Schußwaffen leergefeuert, keine anderen Pistolen oder Musketen zur Hand und konnten sie auch nicht so schnell von den Gefechtsstationen holen. Sie mußten sich mit Säbeln und Schiffshauern ihrer Haut wehren.

      Einer dieser Männer löste sich von der Gruppe und schlich auf Sam Roskills Rücken zu. Sam hatte in der Zwischenzeit noch zwei Musketen auf das Boot leergeschossen, und wieder war die Wirkung verheerend gewesen. Noch zwei Spanier hatte es erwischt, der fünfte Mann war verletzt und trachtete, sich hastig pullend zurückzuziehen. Sam ließ ihn reisen, sah ihm aber nach, um sicher zu sein, daß er sich nicht etwa um den Schiffsbug herumtastete. Er hätte ihnen von der anderen Seite her in den Rücken fallen können. Möglich war alles.

      Shane und Dan hatten den Bewußtlosen auf dem Achterdeck die Pistolen abgenommen. Shane war jetzt als erster am Steuerbordniedergang und sah, was sich hinter Sam Roskill tat. Seine Faust mit einer der Pistolen flog hoch. Dumpf brach der Schuß. Der Mündungsblitz war ein rotgelber Schlitz in der Dämmerung. Schreiend wälzte sich der Spanier plötzlich unter dem Bodenstück einer Culverine. Sam Roskill fuhr herum und wurde sich der Gefahr bewußt, in der er geschwebt hatte.

      „Heiliger Strohsack“, stieß er hervor.

      Shane und Dan feuerten gleichzeitig, und die letzten Gegner an Bord des Flaggschiffs brachen zusammen. Die „Santissima Madre“ gehörte den Seewölfen, wenn man so wollte, aber der Tanz ging jetzt erst richtig los.

      Die Kapitäne der „Santa Barbara“ und der „San Juan“ eröffneten das Feuer auf die „Isabella“. Auf ihr Flaggschiff hielten sie vorläufig nicht, denn sie wollten weder den Kommandanten Arturo Diaz Escribano noch die Offiziere und die Decksleute gefährden, die noch am Leben waren.

      Ben Brighton ging mit der „Isabella“ an den Wind und ließ die Steuerbordbreitseite gegen die beiden spanischen Kriegssegler los. Im Nu war der Teufel los. Schwer rollte der Geschützdonner über die Inselbucht und aufs offene Meer hinaus.

      Fast sah es so aus, als müsse die „Isabella“ im Gefecht unterliegen.

      War sie denn gepanzert und gegen Treffer geschützt, die Seewölfe unverwundbar? Noch standen alle Möglichkeiten offen, im Guten wie im Bösen.

      Hasard lief zu Shane und Dan. Gemeinsam stürzten sie auf die Kuhl, wo Blacky und Sam Roskill bereits damit beschäftigt waren, das Großsegel zu setzen. Zwei Batteriedecks mit jeweils einem Dutzend 17-Pfündern hatte die „Santissima Madre“, aber dem Seewolf standen nur vier Männer zur Verfügung, um das schwere Schiff zu manövrieren und gleichzeitig zu feuern.

      Trotzdem griff er in das Gefecht ein, ohne auch nur eine Sekunde Zeit zu verlieren.

      Dan O’Flynn stand am Kolderstock der Galeone. Blacky bediente das Großsegel. Mehr Zeug wurde auf Hasards Anweisung hin nicht gesetzt. Sam Roskill und Big Old Shane waren die Geschützführer an Oberdeck, während der Seewolf in das Dunkel des Schiffsleibes lief. Er gelangte ins untere Batteriedeck. Als er feststellte, daß auch hier die Kanonen zum Feuern bereit waren, atmete er unwillkürlich auf.

      Zum Laden wäre keine Zeit gewesen, er hätte sich mit den Geschützen der Kuhl begnügen müssen.

      So aber standen ihm zwei Dutzend bronzene 17-Pfünder-Culverinen zur Verfügung. Hasard kauerte sich neben das erste Geschütz an Steuerbord, schürte das verglimmende Holzkohlenfeuer im Becken, steckte das Luntenende hinein und blickte aus der offenen Stückpforte ins Freie.

      Die beiden spanischen Galeonen hatten sich im Dämmerlicht in feuerspukkende Schemen verwandelt. Die „Santa Barbara“ fiel soeben ab und präsentierte der „Isabella“ ihre Buggeschütze. Die „San Juan“ hatte ihre Steuerbordbreitseite auf den Gegner abgefeuert, ohne sichtbaren Erfolg allerdings – und jetzt luvte sie nach Südosten an, um eine enge Schleife zu fahren und die „Isabella“ von achtern anzugreifen.

      Hasard trat die Lunte auf den Planken aus. Er ließ die Zündschnur los, lief unter die Luke der Kuhl, die durch die Gräting verdeckt war, und schrie: „Blacky! Dan! Wir schieben uns zwischen die beiden Galeonen! Seht zu, daß ihr es schafft!“

      „Aye, Sir!“ rief Blacky zurück.

      „Shane, Sam – noch nicht feuern! Wartet auf mein Zeichen!“

      „Aye, aye“, ertönte das grollende Baßorgan des graubärtigen Riesen.

      Für das, was auf Hasards Befehl hin geschah, hätte nichts eine dramatischere Kulisse sein können als das glutrote Zackenbild des brennenden Dorfes im zunehmenden Dunkel des Abends. Der Teniente Savero de Almenara, der Sargento, der Batak Siabu, der Feldscher der „Santa Barbara“ und die Soldaten an Land verfolgten fassungslos, wie die „Santissima Madre“ jetzt hoch an den Wind ging und auf Steuerbordbug leicht beschleunigend auf die „San Juan“ und die „Santa Barbara“ zusteuerte.

      Es war eine seemännische Meisterleistung. Zwei Männer, Dan O’Flynn und Blacky, dirigierten die schwere Galeone so hart am Nordost durch die Bucht, daß der Rahsegler jeden Augenblick in den Wind zu laufen und das Großsegel zu killen drohte.

      Und doch geschah es nicht. Die „Allerheiligste Mutter“ schob sich mit kräuselnder Bugwelle und etwas schräg versetzt mitten zwischen die herumschwenkende „Santa


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