Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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Selva schimmerte ein Lichtfleck. Aus der Art, wie er sich immer weiter nach rechts verlagerte, folgerte der Teniente: „Das muß eine Fackel sein.“

      „Der Seewolf ist aufgebrochen, um den nackten Wilden die frohe Botschaft ihrer Rettung zu bringen“, murmelte der Feldscher. „Ich wette, daß es so ist.“

      „Warum folgen wir der Fackel nicht?“ fragte der Batak. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Wenn „El Lobo del Mar“ sie tatsächlich zu den Eingeborenen führen sollte, wenn sie auf Otonedju, den Stammesältesten, stießen — dann würde er, Siabu, sich fürchterlich rächen. Er spürte den Schmerz, den ihm die Schnittwunden bereiteten, immer noch. Dafür und für die Schmach, die er ihm zugefügt hatte, mußte Otonedju büßen, büßen …

      „Los“, sagte der Teniente. „Hinterher. Bemühen wir uns, so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen.“

      Eigenartig war die Insel des Riau-Archipels beschaffen. Oberhalb der steinigen Küste bildete ein weicher Untergrund den idealen Nährboden für alle Arten von tropischen Pflanzen. Mangrovenblätter schlugen den Seewölfen gegen Leib und Gesichter, es duftete herb nach unbekannten Blüten. Ein meilenbreiter Gürtel düsterer Erde – vielleicht vulkanischen Ursprungs – hatte sich um das ganze Eiland geschlossen. Nur in größerer Höhe öffnete er sich wieder zu ein paar bizarren Felsenformationen, die Zentrum und Gipfel der Insel bildeten.

      Hasard hatte dies am Spätnachmittag beim Anlaufen der Insel schon festgestellt. Jetzt steuerte er instinktiv zu den oberen Felsen hinauf. Wenn die Eingeborenen sich versteckt hatten, mußten sie seines Erachtens dort oben hocken.

      Fast zwei Stunden Arbeit kostete es die acht Männer, dann hatten sie eine kleine Lichtung oberhalb eines überwucherten Hanges erreicht. Hier verharrten sie und wischten sich den Schweiß aus den Gesichtern.

      „Hier sind sie auch nicht“, sagte der Profos. „Ich hab’s ja geahnt. Der Teufel soll die Scheißinsel holen und ihre Bewohner dazu.“

      „Ed, das ist nicht nett von dir“, sagte Sam Roskill.

      „Nie nett gewesen“, grollte Carberry. „Vielleicht sitzt das Volk auch im Gestrüpp und glotzt uns aus sicherem Versteck wie ein Rudel fremder Tiere an.“

      Hasard schritt über die Lichtung und leuchtete den jenseitigen Blättervorhang mit der Fackel ab. Er wollte sich gerade wieder zu seinen Männern umdrehen, da huschten zwei Gestalten auf ihn zu. Wie aus dem Nichts waren sie plötzlich da, zwei junge Männer, nach der Art der Malaien gekleidet, jedoch mit freien Oberkörpern. Der eine hatte einen Kris, der andere einen Parang.

      Der Seewolf schleuderte die Fackel zur Lichtungsmitte, ließ sich gleichzeitig fallen und riß die Beine hoch. Seine Füße trafen die Bauchpartien der Gegner – ein erstaunlicher Trick und zudem die einzige Art, zwei Widersacher im selben Moment abzufertigen. Auch diese Methode hatte Sun Lo, der Mönch von Formosa, dem Seewolf beigebracht. Und Hasard war ihm wieder einmal unendlich dankbar dafür.

      Die jungen Krieger stießen keuchende Laute aus und prallten zurück. Hasard schwang wieder hoch. Der Kris-Mann schleuderte seinen gewundenen Dolch, aber Hasard bot kein gut sichtbares Ziel mehr, weil er sich der Fackel entledigt hatte. Vielmehr fühlte sich der Gegner durch das zuckende Licht von links etwas geblendet. Der Kris huschte an Hasard vorbei und blieb in einem Baumstamm stecken.

      Carberry, Shane, Ferris und Blakky umrundeten die liegende Fackel links und rückten auf die Kämpfenden zu. Smoky, Sam und Dan schoben sich von der anderen Seite heran.

      Hasard flog plötzlich auf den nun waffenlosen Malaien zu, rammte ihn zu Boden und rollte sich über dessen Körper weg ab. So wirbelte er auf den zweiten Burschen zu. Der Parang beschrieb beängstigende Zukkungen in der Luft. Er war ein Zaubergerät in den Händen des Malaien. Zweimal versuchte er, den Seewolf zu treffen, doch beim dritten Ansatz kam Hasard ihm zuvor.

      Hasard prallte dem jungen Krieger gegen die Beine, fuhr gleichzeitig hoch und wuchtete ihm den ausgestreckten Arm unter den Ellenbogen. Der Bursche stieß einen Wehlaut aus. Sein Arm war paralysiert und gefühlslos, er mußte den Parang loslassen, ob er wollte oder nicht.

      Der Parang fiel und blieb im weichen Untergrund stecken.

      Hasard packte die Fußknöchel des jungen Burschen und brachte ihn zu Fall, bevor er ausreißen konnte.

      Carberry hatte sich den anderen geschnappt und trug ihn mühelos mit einer Hand zum Seewolf.

      „Du krummbeiniger Kakerlak“, sagte er dabei. „Ich könnte dich an meinem Arm verhungern lassen, weißt du das?“

      „Er versteht dich nicht, Ed“, sagte Ferris Tucker.

      „Aber er begreift, daß er verraten und verkauft ist.“

      „Laß ihn heil“, ermahnte Shane den Profos. „Wir sind die Freunde der Malaien, hast du das vergessen?“

      „Ich denke immerzu daran“, brummte der Profos. „Wir wissen, daß es so ist, aber wissen diese Knaben es auch?“ Er war stocksauer, und auch Sir John, der auf seiner Schulter hin und her trippelte und ihn am Ohr zupfte, konnte seine Laune nicht bessern.

      Hasard hatte den Parang in seinen Gurt geschoben. Den Gefangenen dirigierte er jetzt vor sich her.

      „Folgt mir“, sagte er. Zielbewußt steuerte er ins Dickicht, das die gegenüberliegende Begrenzung der kleinen Lichtung bildete.

      Dan O’Flynn nahm die Fackel auf. Shane hatte sich den Kris angeeignet, der im Baum steckengeblieben war.

      Was sie nicht erwartet hatten: Nicht weit von der Lichtung entfernt riß der Blättervorhang unvermittelt wieder auf, und sie sahen einen sanft aufstrebenden Hang im Mondlicht vor sich liegen, der zu Felsentürmen hinaufführte. Die beiden Malaien sträubten sich erheblich gegen Hasards und Carberrys Griff – und das war für den Seewolf das sicherste Zeichen, daß er auf der richtigen Spur war.

      Es nutzte den jungen Kriegern nichts, sie mußten mit den Seewölfen den Hang emporklimmen.

      Auf halber Strecke stieß Smoky plötzlich einen Warnlaut aus. „Achtung, Hasard – über dir!“

      Hasard schaute zu den wuchtigen Felsen auf und gewahrte die Gestalten, die sich jetzt überall hochschoben. Waffen wurden auf die kleine Gruppe gerichtet, Parangs, Dolche, Speere.

      Hasard blieb stehen und hob eine Hand. Die andere brauchte er, um den Krieger festzuhalten.

      „Wir sind Freunde“, sagte er zu den Eingeborenen hinauf. „Amigos. Versteht mich denn keiner?“ Er versuchte es noch einmal, aber die Feindschaft der Malaien war eine stumme Barriere, die sich entschlossen gegen sie richtete.

      Hasard ließ seinen Gefangenen los.

      „Ed, gib auch den anderen Jungen frei“, sagte er. „Nun sieh mich nicht so an. Das ist ein Befehl.“

      Ed Carberry befolgte die Anweisung und blickte den davonhetzenden jungen Kriegern nach. Sie hatten nichts Eiligeres zu tun, als zu ihren Stammesbrüdern zu laufen, sich neue Waffen aushändigen zu lassen und dann den Seewölfen zu drohen.

      Carberry verstand die Welt nicht mehr. Was war denn in den Seewolf gefahren?

      Hasard hob beide Hände über den Kopf. Er schritt mutig weiter, lächelte und hörte nicht auf, auf die Männer des abgebrannten Dorfes einzureden.

      Schließlich drehte er sich zu seinen Männern um und sagte: „Legt alle Waffen hin. Dan, halte die Fackel etwas höher. Sie sollen sehen, daß unsere Absichten nicht feindlich sind.“

      „Wenn das man gutgeht“, murmelte Sam Roskill, der jetzt auch skeptisch geworden war. Er gehorchte dem Befehl aber selbstverständlich auch. Acht Seewölfe bückten sich und richteten sich dann wieder von ihren Pistolen, Säbeln und Entermessern auf. Sie fühlten sich ziemlich nackt.

      „Wir sind Engländer“, versuchte Hasard den Eingeborenen auseinanderzusetzen. „Keine Spanier, wie ihr vielleicht denkt. Wir sind Feinde der Spanier, genau wie ihr. Aber ihr braucht vor den Dons keine Angst mehr zu haben, vorläufig jedenfalls


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