Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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echten Tigers. Und ich persönlich hege keinen Haß gegen den vierbeinigen Killer. Wenn er sein Revier um jeden Preis verteidigen will, dann bin ich der letzte, der seine Kreise stört.“

      „Deck!“ rief unvermittelt Bill aus dem Großmars. „Schiff im Nordwesten! Es hat das Nordufer der Insel gerundet und hält auf uns zu!“

      Hasard bewaffnete sich sofort mit dem Spektiv, hastete auf die Back der „Isabella“ und nahm das Schiff im Augenschein.

      „Ein Zweimaster!“ rief der Schiffsjunge.

      Ben Brighton, Ferris Tucker, Smoky, Shane und die beiden O’Flynns trafen inzwischen auch auf dem Vordeck ein. Carberry überprüfte unterdessen die Gefechtsstationen. Nach dem Zwischenfall auf Rempang hatte Ben Brighton zum Kampf rüsten lassen. Es gab nichts zu bemängeln, die „Isabella“ konnte es sofort mit einem Gegner aufnehmen.

      Hasard mußte zwar auch ein Erscheinen der Spanier in sein Kalkül einbeziehen, aber er rechnete noch nicht wieder mit ihnen. Ganz instinktiv dachte er eher an ein Aufkreuzen der malaiischen Piraten.

      Und er wurde nicht enttäuscht.

      „Der Zweimaster ist ein außergewöhnlich großer Praho“, sagte er zu den Männern. „Ich wette eins zu tausend, daß er zu dem Verband des Tigers gehört.“

      „Na, dann wollen wir mal“, entgegnete Ferris grimmig.

      „Ich nehme nicht an, daß er mit uns kämpfen will“, meinte Hasard jedoch. „Er signalisiert aus den Toppen.“

      „Spanische Signalzeichen, Sir“, meldete Bill im Tonfall höchster Erregung. „Er erscheint als Unterhändler.“

      „Akzeptieren wir das?“ fragte Ben.

      Hasard ließ das Spektiv sinken und warf seinem Bootsmann einen Seitenblick zu. „Ja. Wir verhandeln. Gebt ihm zu verstehen, daß wir zu Verhandlungen bereit sind. Ich will wissen, was er von uns will.“

      Kurze Zeit später wußte er es.

      „Eine Unterredung zwischen beiden Kapitänen“, las der Seewolf aus den Signalflaggen, die in den Toppen des eigentümlichen Zweimasters flatterten. „Der Tiger will mich sehen, befindet sich aber an anderer Stelle.“

      „Wir begleiten dich“, sagte Ben Brighton.

      Hasard schüttelte den Kopf. „Der Tiger erwartet mich allein, ohne Schutzengel. Den Gefallen tue ich ihm.“

      „Hasard!“ rief Dan O’Flynn. „Du gehst freiwillig in Teufels Küche. Der Malaie wird sich freuen, dir den Hals umdrehen zu können.“

      „Das tut er nicht.“

      „Wer garantiert dafür?“

      „Keiner, aber ich halte ihn für fair.“

      „Was, zum Teufel, will der Kerl von dir?“ fragte Big Old Shane.

      „Das erfahren wir bald“, sagte Hasard lächelnd. „Männer, fiert ein Boot ab, ich setze zu dem Praho über. Und noch etwas. Ihr wartet hier, bis ich zurück bin. Ihr rührt euch nicht vom Fleck, es sei denn, ihr hört Schüsse fallen. Mister Brighton, das ist ein Befehl.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Ben widerwillig.

      Nördlich der Insel Rempang fand das denkwürdige Treffen statt. Hasard durfte sich an Bord des zweimastigen Prahos frei bewegen. Er stand auf dem Vordeck und hielt die Arme vor der Brust verschränkt, als sie hoch am Wind auf den Verband des Tigers von Malakka zurauschten.

      Die „Isabella VIII.“ und auch das Beiboot, auf dem Hasard übergesetzt hatte, waren ein paar Meilen achteraus zurückgeblieben. Jetzt schob sich die Inselküste zwischen beide Parteien, so daß der Seewolf sein Schiff nicht mehr sehen konnte.

      Elf Schiffe warteten. Nur drei waren kleiner als der Zweimaster, auf dem Hasard fuhr, und sie führten nur jeweils einen Mast. Die anderen überragten das Schiff der Unterhändler um einiges. Der größte Segler schließlich hob sich hervor wie ein Schwan in einer Entenkolonie. Er war ein Dreimaster, dessen Segelfläche der Seewolf angesichts der langen Gaffelruten als sehr groß einschätzte, obwohl die Segel aufgegeit waren.

      Der Dreimaster führte keine Ausleger, und ihm fehlte auch die einfache Hütte mittschiffs, die die Malaien Attap zu nennen pflegten. Statt dessen hatte er eine niedrige Poop und ein Vorkastell wie die Galeonen und Karavellen.

      Der Zweimaster ging bei dem Dreimaster längsseits, und wenig später konnte der Seewolf auf das größere Schiff überentern. Auf der Kuhl erkannte er einige der Malaien, Bataks und Atjehs wieder, die zu der Begleiterschar des Tigers zählten. Auch die Gesichter der einfacher, weniger bunt und abenteuerlich gekleideten Männer und Frauen vor der Back waren ihm nicht neu – Eingeborene des von den Spaniern überfallenen Dorfes.

      Auf dem Achterdeck schließlich erwarteten der Tiger, Otonedju und die Tochter des Stammesältesten den Seewolf. Beim Voranschreiten fragte Hasard sich unwillkürlich, wie Otonedju eine so junge Tochter haben konnte. Aber dann führte er sich vor Augen, daß bei manchen Inselvölkern die Polygamie vorherrschte und daß der alte Mann durchaus eine viel jüngere Frau geehelicht haben konnte.

      Hasard betrat das Achterdeck.

      Der Tiger, das sah er sofort, hatte noch immer seine doppelläufige sächsische Reiterpistole im Leibgurt stecken.

      „Ich grüße dich, Seewolf“, sagte der Tiger.

      Hasard blieb stehen und lächelte knapp. „So treffen wir also doch noch zusammen. Wo liegt dein Versteck? Auf einer der nördlichen Nachbarinseln von Rempang? Du brauchst es mir nicht zu verraten. Ich nehme aber an, deine Späher haben meine Galeone entdeckt, und daraufhin hast du beschlossen, dich, wenn schon, auf offener See mit mir zu treffen.“

      Wider Erwarten blieb der Tiger gelassen.

      „Das ist im Prinzip richtig“, erwiderte er in seinem nahezu akzentfreien Spanisch. „Natürlich kann ich dich nicht in meinem Schlupfwinkel empfangen, damit hätte ich dir meinen geheimen Aufenthaltsort verraten, bevor ich dich genau geprüft habe.“

      „Ah! Und was gibt mir die Ehre, von dir empfangen zu werden?“

      „Du hast uns gesucht.“

      „Ja, denn ich will nicht auf mir sitzen lassen, was du mir vorwirfst. Der Überfall der vier Spanier auf der Insel war nicht fingiert. Sie waren die letzten Versprengten ihres Haufens, und wir haben zäh mit ihnen ringen und fechten müssen, bis …“

      „Das Mädchen Yaira hat gesehen, wie zwei dieser Kerle gefallen sind“, erwiderte der Tiger. Er legte der Häuptlingstochter die Hand auf die Schulter, und Yaira wurde sichtlich verlegen. „Sie hat es mir gesagt, als wir schon auf den Schiffen waren. Ich habe daraufhin über dich nachgedacht, Seewolf – und gewartet. Ich wußte, daß du auftauchen würdest.“

      „Gib mir meine Waffe zurück.“

      „Erst wenn ich völlig von deiner Ehrlichkeit überzeugt bin.“

      „Was muß ich denn noch tun, um dein Vertrauen zu gewinnen?“

      „Ich werte es hoch, daß du allein erschienen bist“, sagte der Tiger von Malakka. „Aber versuche, mich zu verstehen. Ich bin oft hintergangen worden. Meine eigenen Landsleute haben mich verraten, verkauft, geschlagen, den Spaniern überantwortet. Siabu, der Batak, war einer von ihnen. Er gab dem Kommandanten des Verbandes den Hinweis, ich könnte auf Otonedjus Insel Zuflucht gesucht haben.“

      Hasard beobachtete ihn unentwegt, keine Regung im Gesicht des Piratenführers entging ihm. „Das begreife ich durchaus. Mir ist es in meiner Heimat ähnlich ergangen – England übrigens, nicht Spanien.“

      „Ich hasse die Spanier, was ich von den Engländern halten soll, weiß ich nicht.“

      „Wie kann ich dir die Gelegenheit dazu geben, mehr über unsere Zielsetzung zu erfahren?“ fragte Hasard.

      Die Züge des Tigers verhärteten sich. „Du gibst vor, unser Freund zu sein. Das mußt du unter Beweis stellen.


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