Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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haben.

      „Mann“, sagte Ben Brighton. „Fast wärt ihr draufgegangen, und wir hätten hier gemütlich ’rumgesessen und Daumen gedreht.“

      „Schwamm drüber“, antwortete Hasard. „Gewesen ist gewesen. Passen wir jetzt auf, daß die Piraten uns nicht von See her überrumpeln. Sie haben zwölf Schiffe – und in der Bucht sitzen wir praktisch in der Falle.“

      Bis zum Morgengrauen verweilten sie an ihrem Ankerplatz, ohne daß etwas geschah. Hasards düstere Ahnungen erwiesen sich als Irrtum.

      Im blaßroten Erwachen des Morgens traten Ben Brighton und Ferris Tucker auf dem Achterdeck zu ihrem Kapitän. Hasard stand ziemlich gedankenverloren an der Five-Rail.

      „Der Tiger von Malakka scheint es vorzuziehen, sich nicht mit uns anzulegen“, sagte Ben Brighton.

      „Wir können also getrost weitersegeln“, fügte Ferris hinzu.

      Hasard wiegte den Kopf. „Ganz so sehe ich das nicht. Sicher, wir könnten die Straße von Malakka durchsegeln, ohne uns weiter um den Tiger zu kümmern. Aber da ist noch etwas, das ich nicht gern auf mir sitzenlasse.“

      Ben nickte. „Ich weiß schon. Der Mann denkt, wir seien Spanier.“

      „Schlimmer“, sagte der rothaarige Schiffszimmermann. „Spione und Handlanger der Spanier.“

      „Nicht, daß ich übertrieben stolz bin“, erklärte der Seewolf. „Ihr kennt mich ja. Aber ich will diesem eigensinnigen Malaien gern beweisen, daß ich im Grunde sein Verbündeter bin. Ich habe irgendwie das Gefühl, wir sind es uns gegenseitig schuldig, klare Positionen zu beziehen.“

      „Es reizt dich, hinter sein Geheimnis zu gelangen“, entgegnete Ben.

      „Ja, da ist irgend etwas. Ich glaube einfach nicht, daß er ein Schnapphahn und Schlagetot der üblichen Sorte ist. Dazu ist er zu intelligent. Man müßte nur die Mauer des Mißtrauens durchbrechen, die ihn und seine Mitstreiter umgibt.“

      „Also?“ fragte Ferris.

      „Wir gehen ankerauf und suchen nach ihm.“

      In der nächsten Stunde tasteten sie die nähere Umgebung der Bucht ab und rundeten schließlich die ganze Insel. Sie hatten keinen Erfolg. Der Tiger von Malakka hatte das Eiland wie angekündigt mit den Eingeborenen verlassen und befand sich jetzt auf dem Weg zu seinem Versteck.

      Wo lag es?

      Dieser Gedanke faszinierte den Seewolf und beherrschte ihn. Er brach zu den Nachbarinseln auf und hatte sich in den Kopf gesetzt, notfalls den gesamten Kepulauan Riau abzutasten, um dem Freibeuter noch einmal zu begegnen.

      8.

      Rempang hieß die große, sich in fast rechteckiger Form von Nordwesten nach Südosten ausdehnende Insel, die die Seewölfe am Nachmittag dieses Tages erreichten.

      Bis hierher hatte sich überhaupt nichts mehr getan, ja, der gesamte Archipel lag plötzlich wie ausgestorben da. Kein einziges Auslegerboot, kein Praho hatte sich in der Nähe der Inseln gezeigt, die sie passiert hatten, nirgendwo waren sie auf eine Siedlung oder Spuren menschlichen Seins gestoßen. Der Tiger und seine Meute hatten sich schon gar nicht gezeigt, und auch mit anderen Freibeutern waren sie nicht zusammengetroffen, von Spaniern oder Portugiesen ganz zu schweigen.

      „Ich frage mich, geht das noch mit rechten Dingen zu?“ sagte der alte Donegal Daniel O’Flynn auf dem Quarterdeck zu seinem Sohn.

      „Hör doch auf.“

      „Was ist, wenn die Gegend verflucht ist?“

      „Verwunschen? Ich sehe schon Hexen und Meerungeheuer herankrauchen.“

      Sein Vater senkte die Stimme. „Und der Jonas, dem wir damals in der Karibik begegnet sind? Hast du den vergessen? Du mit deinem vorlauten Schnabel.“

      „Es gibt für alle Dinge logische Erklärungen.“

      „Es gibt Schiffe, die auf Nimmerwiedersehen verschwinden, Totenlichter, die übers Wasser tanzen, den Wassermann, der nachts an Bord steigt und seinen tödlichen Schabernack treibt“, zischte Old Donegal. „Hast du dafür auch vernunftsmäßige Erklärungen, du Schlauberger? Und wie reimt es sich zusammen, daß ein Albatros Unglück bringt?“

      „Ja, das würde ich auch gern wissen“, grollte eine Stimme hinter ihnen.

      Sie hatten nicht gemerkt, daß der Profos sich zu ihnen gesellt hatte. Wenn Ed wollte, konnte er auf leisen Sohlen schleichen wie ein Bär, der sich gegen den Wind an seine Beute heranpirscht.

      „Manches entzieht sich ganz einfach unserem Wissen“, sagte Dan O’Flynn. „Früher haben die Leute auch geglaubt, die Erde sei eine Scheibe, an deren Rändern man in den Abgrund stürzen müsse. Heute ist bekannt …“

      „… daß es Spuk und Dämonen wirklich gibt“, vollendete sein Erzeuger den Satz. „Und du sollst dich nicht versündigen, indem du das abstreitest, sonst ziehe ich dir mein Holzbein über die Rippen.“

      „Ich geb’s auf“, stöhnte Dan.

      „Donegal“, sagte der Profos jetzt heiser. „Du sollst nicht immer unken. Ich kann das nicht leiden.“

      „Ich unke nicht. Ich warne nur.“

      „Vor was?“

      „Du wirst die Zeit schon abwarten können, Mister Carberry.“

      „Hölle und Teufel“, sagte Carberry. „Eines Tages lasse ich dir dein eigenes Holzbein auf dem Rücken tanzen, O’Flynn. Wenn einer etwas nicht genau weiß, soll er die Klappe halten.“

      „So wie vor Formosa? Als wir in die Falle der Portugiesen gelaufen sind?“

      Carberry sagte darauf nichts. Er erinnerte sich genauso ungern an diese Episode wie alle anderen Männer der „Isabella“, aber er fand es nicht gerade fair von dem Alten, die Sache immer wieder herbeizuzitieren. Die Portugiesen hatten sich seinerzeit beispiellos heimtückisch verhalten, weil sie mit einem Trick an die Menschlichkeit der Seewölfe appelliert hatten. Als Opfer eines Überfalls hatten sie sich aufgeführt, und Hasard hätte sich als Schweinehund gefühlt, wenn er ihnen nicht Beistand geleistet hätte.

      Aber das gehörte der Vergangenheit an. Carberry blickte voraus zu der Insel Rempang, einem breiten Streifen am Horizont, dessen Vegetation sich – aus der Ferne betrachtet – wie ein einziger Moosteppich an die sanft geschwungenen Hänge zu schmiegen schien.

      Carberrys Gefühle waren gemischt. Ehrlich ausgedrückt schwante auch ihm nichts Gutes – wie bei der gesamten Crew die Stimmung nicht rosig war.

      Der Seewolf hatte angekündigt, er werde auf Rempang landen, um seine Nachforschungen zu betreiben.

      Schon begab er sich über Carberrys, O’Flynn seniors und O’Flynn juniors Köpfen an die Five-Rail.

      Er stützte sich mit den Händen auf und rief: „Wer meldet sich freiwillig zum Landgang? Ich schätze, wir stöbern auf der Insel Rempang mindestens eine Kaschemme auf, in der der Wirt das Beil unterm Tresen liegen hat und wo die käuflichen Ladys sich als schmachtende Kannibalinnen entpuppen. Na los, Männer, nun drängelt euch nicht so, es kommt jeder dran.“

      Er grinste.

      Carberry wischte sich mit dem Handrücken über Nase und Mund, schnaufte und sagte: „Ich bin dabei, Sir. Mich kann bekanntlich nichts umhauen. Und Sun Lo, der Mönch, hat ja auch gesagt, daß die Kopfjäger alle weiter östlich auf Borneo und so lauern.“

      „Ich wußte nicht, daß du eine ironische Ader hast, Ed.“

      „Die habe auch ich gerade erst entdeckt“, erwiderte der Profos grimmig. Dann fuhr er zur Kuhl herum. „Na, ihr Memmen und Hosenscheißer, braucht ihr eine Sondereinladung, oder habt ihr Angst, ihr trampelt euch gegenseitig tot, wenn ihr beim Sturm auf die Boote zu zahlreich vertreten seid?“

      „Achtung“, sagte


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