Seewölfe Paket 9. Roy Palmer

Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer


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      Sie standen auf, wenn auch recht mühsam mit den auf den Rücken „gefesselten“ Händen.

      Er sagte: „Setzen!“

      Sie setzten sich wieder.

      Er sagte: „Aufstehen!“

      Und Matt Davies sagte: „Leck mich doch am Arsch, du Idiot!“ Und für einen kurzen Moment überlegte er, den Admiral anzuspringen und als Geisel zu nehmen. Aber die beiden Posten hatten ihre Musketen schußklar, und das war zu riskant.

      „Das wirst du mir büßen, du ‚Isabella‘-Abschaum!“ zischte Drake. „Mit dem Leben!“

      „Bitte sehr“, sagte Matt Davies, „wie’s beliebt.“ Nach der Nacht mit den Haien, deren Angriffe er auf einer Planke liegend abgewehrt hatte und in der seine Haare grau geworden waren, konnte ihn kaum noch etwas erschüttern. Er war durch zu viele Höllen gegangen.

      Drake, der seine Gefangenen hatte demütigen wollen, begriff, daß alles an diesen Kerlen abprallte. Die waren nicht weichzukriegen. Selbst die Todesdrohung schreckte sie nicht. Furchtlos blickten sie zu ihm hoch, eisige Verachtung in den Gesichtern. Es war läppisch, sie aufstehen und hinsetzen zu lassen. Sie würden nicht mehr reagieren, auch wenn er sie durchpeitschen ließ.

      Vielleicht war alles zwecklos.

      Abrupt drehte sich der Admiral um und verließ das Vorschiff. Das Schott krachte wieder zu, wurde abgeriegelt und mit den Leckbalken gesichert.

      „Der hat eine wüste Sauerei vor“, sagte Stenmark.

      „Abwarten“, sagte Matt Davies.

      Vier Tage verstrichen, ohne daß seitens der „Revenge“ etwas passierte. Sie beobachteten nur, daß das Flaggschiff mehrere Male ankerauf ging, vor der Mill Bay je nach Wind hin und her kreuzte, daß an den Geschützen exerziert wurde und diverse Segelmanöver gefahren wurden, aber jeweils am Abend ankerte die „Revenge“ wieder vor der St.-Nicholas-Insel.

      Und die ganze Zeit grübelte Hasard über eine Lösung nach, wie er seine drei Männer befreien könne. Es gab keine Lösung, es sei denn die des direkten Angriffs. Er schied aber aus, weil er, wie auch ein Überfall, die drei Männer gefährden würde. Die „Revenge“ war unangreifbar für einen Mann, der Gewissensbisse hatte und das Leben seiner Männer nicht aufs Spiel setzen wollte. Aber irgendwann würde er den Stier doch bei den Hörnern packen müssen.

      Tag für Tag lauerte Hasard auf die Meldung des jeweiligen Ausgucks, daß sich ein Boot der „Revenge“ der „Isabella“ nähere. Dieses Boot, auch das war beobachtet worden, hatte der Admiral nach alter Piratenmanier einfach von einem auslaufenden Frachtsegler requiriert, nachdem er den mit ein paar Schüssen vor den Bug gestoppt hatte.

      Ja, dieses Boot erwartete Hasard, und es würde Drakes Forderung überbringen, er, Hasard, habe sich zu stellen, sonst würden zu einer bestimmten Frist seine drei Männer exekutiert oder an der Rahnock sichtbar aufgebaumelt.

      Diese Befürchtung hatte Hasard, aber er würde bereit sein, der Erpressung Drakes nachzugeben.

      Aber kein Boot erschien.

      Genoß Drake diesen Zustand? Wollte er Kapitän und Mannschaft der „Isabella“ in einem Nervenkrieg zermürben?

      Hasard bemerkte bereits, wie seine Männer immer gereizter wurden. Das konnte nicht ausbleiben. Eine Spannung legte sich über die „Isabella“, die nicht gut war.

      Da tauchten diese „Wenns“ auf.

      Wenn Blackys Fuß nicht gebrochen worden wäre …

      Wenn Smoky und die anderen Landgänger nicht in die „Bloody Mary“ gezogen wären …

      Wenn sie alle beieinander geblieben wären …

      Wenn ihr jetzt zappelig werdet, fuhr Hasard dazwischen, dann hat Drake das Spiel schon halb gewonnen. Nehmt euch zusammen, Kerls! Mir sitzt die Wut genauso in den Knochen wie euch, nichts täte ich lieber, als diese verdammte „Revenge“ mit Admiral und Mann und Maus in die Luft zu sprengen. Aber ich habe mich, verdammt noch mal, zusammenzureißen – und ihr auch!

      Am fünften Tage untersuchte Doc Freemont Blackys Fuß sehr lange und gründlich. Hasard, Ben Brighton und der Kutscher waren mit in der Kammer und mußten sich einmal mehr mit Geduld wappnen.

      Die fürchterliche Knöchelschwellung war zurückgegangen, nirgends zeigten sich gerötete Stellen, die auf eine Entzündung hindeuteten. Doc Freemont tastete den Fuß von allen Seiten ab, vor allem im Bereich des Knöchels. Er drückte da, er drückte dort. Blacky verzog keine Miene.

      „Tut nirgends was weh?“ fragte Doc Freemont.

      „Nirgends“, sagte Blacky. „Heiß ist mir auch nicht.“

      „Kein Pochen oder Klopfen irgendwo?“

      „Nein, nichts, Doc.“

      „Hm.“ Doc Freemont, der auf der Koje saß, drehte sich zu Hasard um. „Ich schätze, wir haben’s geschafft. Meines Erachtens besteht keine Gefahr mehr, daß sich etwas entzündet, weil ein Knochenteilchen herauseitert. Der Knöchel sieht, den Umständen entsprechend, gut aus. Ich packe Fuß und Unterschenkel jetzt in Lehm, damit der Fuß ruhig liegt und der Bruch zusammenwachsen kann.“

      Blacky riß die Augen auf. „Können Knochen denn noch wachsen, Doc?“

      Doc Freemont lächelte und wandte sich ihm wieder zu. „Das nicht, mein Junge, aber an Bruchstellen bildet sich eine knochenartige Masse und fügt den Bruch wieder zusammen. Das dauert so drei, vier Wochen. In dieser Zeit müssen Fuß und Unterschenkel einen rechten Winkel bilden. Das erreiche ich dadurch, daß ich dir diese Lehmpackung verpasse. Wenn sie hart geworden ist, hält sie deinen Fuß in der erforderlichen Winkelstellung. Ich empfehle dir, in der ersten Woche nicht zu versuchen, den Fuß zu bewegen, auch wenn du möchtest. Später kannst du die Zehen ein bißchen spielen lassen. In drei, vier Wochen kann der Kutscher den Lehm entfernen. Aber aufgetreten wird noch nicht, das habe ich dir ja bereits erklärt. Ein bißchen massieren ist gut, ebenso Kreisen des Fußes sowie Anziehen und Beugen. Alles das aber vorsichtig, verstanden?“

      „Verstanden, Doc.“ Blacky grinste von einem Ohr zum anderen.

      Er erhielt seine Lehmpackung, die den Fuß fixierte, und der Kutscher empfing Doc Freemonts Anweisungen für die Weiterbehandlung.

      Dann mußte auf Wunsch Blackys Bill geholt werden. Blacky flüsterte ihm was ins Ohr, Bill nickte und flitzte davon.

      „Moment noch, Doc“, sagte Blacky geheimnisvoll.

      Hasard, Ben Brighton und der Kutscher schauten sich verwundert an.

      Minuten später kehrte Bill zurück – mit einem kleinen, hölzernen Kasten, den er Blacky gab.

      Blacky nahm ihn entgegen und überreichte ihn Doc Freemont.

      „Für Sie, Doc“, sagte er. Jetzt war er fast verlegen. „Hoffentlich gefällt es Ihnen.“

      Doc Freemont zeigte sein feines Lächeln und klappte vorsichtig den Deckel auf. Hasard, Ben Brighton und der Kutscher reckten die Hälse.

      In dem Kasten ruhte ein kleines, naturgetreues, holzgeschnitztes Modell der „Isabella“, voll aufgeriggt, mit dem laufenden und stehenden Gut, winzigen Blöcken und Taljen, kleinen Culverinen, den Drehbassen, dem Ruderhaus, und da stand unverkennbar ein Männlein: Pete Ballie. Und neben ihm, ebenfalls unverkennbar, ein schwarzhaariger Mann – Philip Hasard Killigrew.

      „Ist das schön“, murmelte Doc Freemont andächtig.

      „Als Erinnerung“, sagte Blacky und hatte einen roten Kopf. „Und weil Sie mein Bein geflickt haben, Sir.“

      „Danke, mein Junge“, sagte Doc Freemont bewegt, „dieses Geschenk wiegt schwerer als ein Sack Gold. Es ist ein Kunstwerk – ein schöneres Kunstwerk als das Richten eines Knöchelbruchs.“

      „Es gefällt Ihnen wirklich, Sir?“

      „Die


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