Seewölfe Paket 24. Roy Palmer

Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer


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Gefühl der Überlegenheit und Selbstherrlichkeit verlieh. Zudem hatte er ein Fläschchen Portwein entdeckt, von dem er jetzt ein Glas zu sich nahm.

      Er war kein Trinker, er verachtete eher Alkohol. Aber seinen Sieg mußte er jetzt feiern, für sich allein. Zum Wohl, dachte er, hob das Glas an den Mund und nahm einen Schluck von dem süffigen Wein.

      Vorzüglich, dachte er und grinste. Er spürte die Wirkung sofort. Die Schmerzen ließen noch mehr nach, das Hochgefühl wuchs. Fast war er versucht, ein Liedchen zu trällern, aber das erschien ihm denn doch etwas zu übertrieben.

      Hätte er geahnt, was sich an Oberdeck zusammenbraute, dann hätte er schleunigst die Kapitänskammer verlassen und persönlich die Leitung der Nachtwache übernommen. Aber nicht die Spur von einem Verdacht keimte in ihm. Alles friedlich, dachte er, eine ruhige Nacht.

      Mel Ferrow war es unterdessen gelungen, heimlich das Vordeck aufzusuchen. Daß die Deckswachen es nicht bemerkten, hing bereits mit dem Ablenkungsmanöver zusammen, das Hein Ropers und Hanno Harms vorn auf der Back begonnen hatten.

      Jean Ribault hatte sich vor einer halben Stunde mit ihnen abgestimmt – auf Deutsch. Es hatte nur weniger Worte bedurft. Sie hatten sofort begriffen und wußten, was sie zu tun hatten.

      Als Hein Ropers registrierte, daß Mel sich anschickte, die Kuhl zu verlassen, deutete er auf einen der Soldaten, die bei ihnen auf der Back standen und sie bewachten.

      „Sieh mal, Hanno“, sagte er. „Findest du nicht auch, daß er eine reichlich dicke Nase hat?“

      Hanno Harms, der Mann aus Hinterpommern, betrachtete den Spanier auf seine bedächtige Art. „Stimmt schon. Ich schätze, er hat eine feine Knollennase.“

      „Nee“, sagte Hein Ropers, „’ne Rübennase.“

      Der Soldat verstand zwar kein Wort, begriff aber natürlich, daß sie über ihn redeten. Seine Augen wurden schmal, und er senkte etwas seinen behelmten Kopf.

      „He“, brummte er. „Was ist los?“

      Hanno musterte ihn und schüttelte den Kopf. „Ob Knollen- oder Rübennase, ist doch egal. Ich finde, es ist eine Zumutung, mit so ’ner Nase durch die Gegend zu laufen.“

      „Ja, wirklich, ein starkes Stück“, pflichtete Hein Ropers ihm grinsend bei.

      „Verdammt“, sagte der Soldat und rückte ein Stück auf sie zu. „Was habt ihr da zu grinsen?“ Der Schein der Bordlaterne fiel jetzt direkt auf sein Gesicht.

      Hanno lachte. „O Mann, was für ein Zinken. So was sollte verboten werden, finde ich.“

      „Was reden die?“ fragte der Soldat einen seiner Kameraden.

      „Bin ich Hellseher?“ fragte ein anderer Soldat zurück. „Wer versteht das Kauderwelsch schon?“

      „Du da“, sagte der erste Soldat zu Hanno. „Red gefälligst Spanisch.“

      „Was sagt er?“ fragte Hanno Hein Ropers.

      „Du sollst Spanisch sprechen“, erwiderte Hein Ropers.

      „Kann doch kein Spanisch“, sagte Hanno. „Nicht ein einziges Wort. Mann, was für ’ne dicke, dicke Nase.“

      Der Soldat mit der großen Nase wurde wütend. Aber sein Kamerad trat zu ihm und hielt ihn am Arm fest.

      „Laß dich doch nicht verulken“, sagte er. „Merkst du nicht, daß die dich bloß herausfordern wollen?“

      „Ich laß mich nicht auslachen.“

      „Darauf legen sie es ja nur an.“

      „Wenn sie nicht aufhören, melde ich sie dem Teniente“, sagte der Soldat mit der großen Nase aufgebracht.

      Mel Ferrow war inzwischen in die Kombüse eingedrungen. Es war stockdunkel, aber er kannte sich gut genug aus. Oft besuchte er Eric Winlow, den Koch, und schaute aus reiner Neugier bei ihm in die Töpfe. Deshalb wußte Mel auch, wo die Messer waren.

      Im Handumdrehen hatte er sich zwei Fleischermesser zugesteckt, verließ die Kombüse wieder und kehrte auf die Kuhl zurück. Keiner der Spanier schien sein kurzes Verschwinden bemerkt zu haben. Die Soldaten richteten ihr Augenmerk auf die Back.

      „Ha“, sagte dort gerade Hanno Harms. „Wenn ich so eine Gurke im Gesicht hätte, würde ich mich verstecken.“

      „Er zieht mich wegen meiner Nase auf!“ stieß der Soldat erbost hervor.

      „Ach, hör auf“, sagte sein Kamerad beschwichtigend. „Das bildest du dir nur ein.“

      Jean Ribault war mit wenigen Schritten neben Mel Ferrow.

      „Hast du die Messer?“ fragte er gedämpft.

      „Ja, alles klar.“

      „Dann los. Setzt euch nach achtern ab.“

      Mel warf Jan Ranse einen Blick zu. Jan wich unmerklich weiter noch achtern zurück und näherte sich dem Backbordniedergang des Achterdecks. Mel bewegte sich auch – mehr wie zufällig – nach achtern.

      Jean Ribault verharrte auf seinem bisherigen Platz am Großmast und blickte wie die Spanier zur Back hoch, wo sich der schönste Streit zu entwickeln schien.

      „Hanno“, sagte Hein Ropers in diesem Moment. „Ich glaube, der Don will, daß du deine Klappe hältst.“

      Hanno grinste breit. „Wer so einen Mordszinken hat, hat gar nichts zu wollen.“

      Der Soldat traf Anstalten, sich auf ihn zu stürzen.

      „Don? Wer ist ein Don?“ schrie er. „Halt dein Maul, Kerl!“

      Inzwischen steuerte auch die Kriegskaravelle von achtern etwas näher heran und segelte zwischen der „Goldenen Henne“ und der Kriegsgaleone an Backbord auf.

      „Was ist da los?“ rief der Mann, der das Kommando über die Deckswache hatte.

      „Ach, nichts“, erwiderte einer der Wachtposten auf der Kriegsgaleone. „Die Deutschen quatschen nur blöd herum!“

      „Was sagen die?“ wollte Hanno von Ropers wissen.

      „Daß wir nur blödes Zeug quatschen.“

      Hanno tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. „Ihr seid ja selber blöd.“ Dabei sah er wieder provozierend den Soldaten mit der großen Nase an. Eigentlich hatte er nichts gegen ihn, aber jemand mußte ja das Ablenkungsmanöver durchführen.

      „Dir stopf ich das Maul!“ schrie der Soldat.

      „He“, sagte sein Kamerad. „Jetzt hör aber endlich auf.“

      Zwei andere rückten näher.

      „Deutscher, halt die Klappe, oder du fliegst zu den anderen in die Vorpiek“, sagte der eine.

      „Was heißt das jetzt wieder?“ fragte Hanno, obwohl er selbst genug Spanisch verstand.

      „Daß es gleich losgeht“, brummte Hein Ropers.

      Unmerklich warf er einen Blick nach achtern. Mel und Jan hatten das Achterdeck erreicht, aber auch auf dem Achterdeck waren vier Seesoldaten.

      Hanno beschloß, den Ablauf der Dinge zu beschleunigen.

      „Da“, sagte er und trat direkt vor den Soldaten mit der großen Nase hin. Sein Zeigefinger richtete sich auf die Nase und schien ein Loch hineinbohren zu wollen. „Hast du dich schon mal im Spiegel gesehen?“

      „Was sagt er?“ brüllte der Soldat Hein Ropers an.

      Der zuckte nur mit den Schultern. „Ach, ich verstehe ihn selber nicht recht. Er spricht Plattdeutsch.“

      Der Soldat war im Gesicht hochrot angelaufen. „Was für’n Ding?“

      „Es ist ’ne Steckrübennase“, brummte Hanno. Dann grinste er wieder derart frech, daß der Spanier nicht mehr länger an sich halten


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