Seewölfe Paket 15. Roy Palmer
jetzt“, sagte er zu Carberry, Blacky, Finnegan, Rogers, Al, Gary und den anderen, die nur darauf warteten, die Geschütze zu enttarnen und auszurennen. „Ich bin sicher, der Franzose zieht gleich alle Register. Er will uns versenken, nicht entern.“
Alles schien darauf hinzudeuten. Die „Louise“ schob sich noch näher heran, dann drehte sie bei und bot den Männern der „Hornet“ den Anblick ihrer Steuerbordbatterie dar. Grammonts Plan war klar: Er wollte die „Hornet“ zusammenschießen und dann auch die „Fidelity“ angreifen, die nach wie vor in der Bucht lag.
Keine Vorwarnung, keine Aufforderung zur Kapitulation: Grammont schrie: „Feuer!“, und die volle Breitseite fuhr donnernd aus den sieben Rohren.
Batuti, der eben noch eifrig signalisiert hatte, duckte sich im Vormars und griff zu Pfeil und Bogen. Verfluchte Dreckskerle, dachte er, gemeiner ging’s wohl nicht.
Hasards Männer gingen auf dem Oberdeck in Deckung, aber gleichzeitig rissen sie die gewachsten Tücher von den Kanonen.
Heulend flogen die Siebzehnpfünder Kugeln des Gegners heran, doch die Piraten hatten bei dem starken Seegang nicht gut genug zielen können. Drei Kugeln schlugen noch vor der „Hornet“ ins Wasser, zwei rasten hinter dem Heck vorbei, und die beiden anderen orgelten hoch genug über die Kuhl weg. Sie richteten keinen Schaden an.
Jetzt war jedoch auch die „Petite Fleur“ heran und legte sich im Kielwasser der „Louise“ quer zum Wind. Ihre Kanonen sprachen, Feuer und Rauch quollen aus den Rohren, sechs Kugeln stießen gegen die „Hornet“ vor.
Diesmal hatten die Franzosen mehr Glück. Die eine Kugel knickte der „Hornet“ glatt den Bugspriet weg, eine andere krachte ihr oberhalb der Wasserlinie ins Achterschiff und blieb in einem der Räume in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kapitänskammer liegen. Die übrigen vier Kugeln verfehlten ihr Ziel.
Die „Louise“ schickte sich zum Überstaggehen an, doch jetzt gab Hasard seinen Männern einen Wink, und sie gingen ihrerseits zur Aktion über. Auf der „Hornet“ fielen die letzten gewachsten Tücher, die die Kanonen bedeckten, und die getarnten Stückpforten wurden schleunigst hochgezogen.
„Arwenack!“ schrien die Seewölfe, dann rollten die Kanonen vor und streckten ihre langen eisernen Rohre auf die See hinaus. Die Lunten glommen auf, das Zündkraut begann zu knistern, und brüllend fegte gleich die zehnfache Antwort auf Grammonts Attacke zur „Louise“ und zur „Petite Fleur“ hinüber.
Easton Terry befolgte den Befehl, den Hasard ihm vor dem Auslaufen gegeben hatte. Jetzt, da er die Kanonen der „Hornet“ wummern hörte, ließ auch er die Segel setzen, und die „Fidelity“ verließ ebenfalls die Bucht. Platt lag sie vor dem Südwind und hatte die günstige Luvposition inne. Sofort griff Terry in das Gefecht ein.
Die Fetzen flogen, massiver Widerstand prallte den Piratenschiffen entgegen. Damit hatte Yves Grammont weiß Gott nicht gerechnet, und in seinem Zorn verfluchte er Vangard, der sich in seinen Beobachtungen doch geirrt hatte.
Es war aber zu spät, die Taktik zu ändern, er mußte sich dem Gegner voll stellen. Natürlich gab sich Grammont nicht geschlagen – zornig warf er sich mit seinem kompletten Viererverband in den Kampf, und jetzt brüllten und donnerten die Kanonen, daß es bis nach Brest hin zu hören war.
Die „Petite Fleur“ war durch zwei Kugeln getroffen und versuchte, sich dem erneuten Feuer der „Hornet“ durch ein geschicktes Manöver zu entziehen. Hasard folgte ihr jedoch und entging um Haaresbreite der nächsten Breitseite, die die „Louise“ auf sein Schiff losschickte.
Die „Antoine“ und die „Coquille“ nahmen die „Fidelity“ in Empfang, aber Easton Terry ließ sich nicht beeindrucken. Von Anfang an bewies er Kaltblütigkeit. Längst war auch sein Schiff klar zum Gefecht, und jetzt brachte er der „Antoine“ gleich im ersten Anlauf ein paar empfindliche Treffer bei.
Ferris Tucker zündete auf dem Achterdeck der „Hornet“ eine seiner Flaschenbomben und schleuderte die kompakte Ladung zur „Petite Fleur“ hinüber. Ehe man dort erkannt hatte, daß es sich um eine Wurfgranate handelte, ging sie hoch und riß ein Loch in das Vorschiff.
Jean Bauduc, der sich gerade auf der Kuhl seines Schiffes befand, konnte sich gerade noch rechtzeitig in Deckung bringen. Dann sprang er wieder auf und fluchte mit seinen Männern zusammen über die Bescherung, die sich ihren Augen bot, als sich der Rauch der Explosion verzog.
Batuti und Shane sandten Brandpfeile gegen die Feindschiffe aus, und da es gerade wieder nicht regnete, fing die Takelage der „Petite Fleur“ als erste Feuer. Wenig später brannten auch die Segel der „Antoine“.
Bisher hatte der Kampf ohne merkliche Veränderung hin und her getobt, jetzt aber zeichnete sich eine Wende ab. Die „Hornet“ und die „Fidelity“ gewannen die Oberhand. Easton Terry erwies sich als ein harter Kämpfer, Hasard gestand ihm dies neidlos zu. Im Gefecht ergänzten sie sich ausgezeichnet, als hätten sie schon früher Seite an Seite gekämpft.
Die „Louise“ glitt ein Stück außer Reichweite und versuchte dann, an die „Fidelity“ heranzusegeln, doch Terry war auf der Hut und empfing Grammont mit Drehbassenfeuer vom Achterkastell.
Die „Coquille“ hatte gewendet und hielt jetzt auf die „Hornet“ zu, um der in Bedrängnis geratenen „Petite Fleur“ zu Hilfe zu eilen. Auf der „Antoine“ hatte man alle Hände damit zu tun, den Brand zu löschen.
Hasard ließ das Feuer auf die „Coquille“ eröffnen und schlug sie zurück, dann wandte er sich erneut der „Petite Fleur“ zu. Wieder krachten die Kanonen, wieder flog eine Wurfgranate, und diesmal war das Schicksal von Jean Bauducs Schiff besiegelt. Ihre Lecks klafften bis über die Wasserlinie hinaus. Sie zog Wasser und begann zu sinken.
Bauduc und seine Kerle versuchten zu retten, was zu retten war, doch bald mußten sie einsehen, daß es sinnlos war. Sie mußten die „Petite Fleur“ aufgeben und von Bord gehen,
Terry wehrte die „Louise“ ab, dann ging er an die „Antoine“ heran, ehe die „Coquille“ sich ihm zuwenden konnte. Er feuerte die vorderen Drehbassen ab, luvte an und ließ auch die Culverinen sprechen, und jetzt war die „Antoine“ genauso schwer angeschlagen wie die „Petite Fleur“, die ihr Heck ins Wasser senkte und den Bug fast senkrecht hochhob, während ihre Mannschaft auf die Felsen an der Bucht zuschwamm und ihre liebe Not hatte, nicht elendig zu ersaufen.
Auch die „Antoine“ sank, und Pierre Servan und seine Leute mußten ebenfalls von Bord gehen, sie hatten keine andere Wahl.
Grammont und Saint-Jacques nahmen mit der „Louise“ und der „Coquille“ erbost Kurs auf die Engländer.
Die Männer der „Antoine“ konnten ein Beiboot abfieren, doch dieses kenterte im Sturm, als sie gerade hineingeklettert waren. Servan und seine Männer mußten schwimmen wie Bauduc und dessen Crew, und die „Louise“ und die „Coquille“ konnten die Schiffbrüchigen nicht übernehmen, weil die „Hornet“ und die „Fidelity“ sie immer wieder abdrängten.
Schließlich mußte Yves Grammont die Flucht antreten.
Obwohl es ganz und gar nicht seinem Wesen entsprach, mußte er kapitulieren, vorläufig jedenfalls, denn auch die „Louise“ war schwer angeschlagen. Die „Coquille“ allein konnte sich gegen die „Hornet“ und die „Fidelity“ nicht behaupten, und so verzog sich auch Saint-Jacques im zunehmenden Sturm nach Westen. Er folgte Grammont, der wutentbrannt nach einer Möglichkeit Ausschau hielt, zu verholen und die schlimmsten Lecks abzudichten.
Wieder begann es zu regnen. So erloschen wenigstens die Feuer in der Takelage. Doch nichts konnte Grammonts Zorn abkühlen.
Er schwor bittere Rache – und das Gesicht jenes schwarzhaarigen Teufels, den er auf dem Achterdeck der „Hornet“ hatte stehen sehen, hatte er sich ganz genau gemerkt. Immer wieder fragte er sich, wer dieser Himmelhund, dieser Bastard und Satansbraten, wie er ihn nannte, wohl sein mochte. Ganz bestimmt kein harmloser Handelsfahrer. Diesen Irrglauben hatte Grammont teuer bezahlen müssen, und jetzt stand er vor einem Rätsel.
Warum