Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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Hut ab und fuhr sich durchs graue Haar. Sein markantes Gesicht mit dem energischen Kinn drückte Ärger aus.

      „Die Idioten haben sich von dem Kerl überrumpeln lassen“, sagte er mit Verachtung in der Stimme. „Sie sind alle drei tot, und von dem Kerl war nirgends etwas zu sehen.“

      Gustave Le Testu zuckte mit den Schultern.

      „Er wird sich im Wald versteckt haben“, sagte er. „Er allein kann uns nicht gefährlich werden. Laß vorsichtshalber eine Nachhut zurück, falls er wagen sollte, uns zu folgen.“

      Montbars nickte. Er teilte vier Männer ein und schärfte ihnen ein, vorsichtig zu sein. Dann ging er zu den Wagen hinüber, die abfahrbereit waren. Man hatte sie auf dem schmalen Weg bereits gewendet.

      Von Saint Brieuc würden sie ihre Beute nach Dinard bringen, dort in Boote umladen und über die Bucht in ihr Versteck verfrachten, in dem sie schon eine ganze Menge Waffen gehortet hatten.

      Le Testu gab das Zeichen, und die Wagen setzten sich in Bewegung. Die meisten Straßenräuber gingen zu Fuß neben den Wagen her, nur wenige hatten wie Le Testu und Montbars Pferde.

      Als sie die Hauptstraße von Brest nach Rennes überquert hatten, lenkten die Fahrer die Wagen auf unwirtliche Wege, die hinauf zur Küste führten. Dorthin wagten sich nur selten die Soldaten Heinrich von Bourbons.

      Die Nacht wich langsam einer milchigen Morgendämmerung, und Müdigkeit hatte fast alle Wegelagerer übermannt. Selbst die Fahrer kämpften dagegen an.

      „Noch eine Stunde, Männer!“ rief Le Testu. „Dann legen wir eine Pause ein, und ihr könnt den Tag über schlafen!“

      Er hatte noch nicht ausgesprochen, als er das dumpfe Dröhnen vernahm, das den Boden unter den Hufen seines Pferdes zu erschüttern schien. Er drehte sich fragend zu Montbars um.

      „Reiter!“ preßte der Korse zwischen den Lippen hervor. „Verdammt, das können nur Soldaten sein!“

      Sie befanden sich mit den drei Wagen gerade auf einer freien Strecke zwischen zwei Waldstücken. Nirgends gab es eine Möglichkeit, sich zu verbergen oder Deckung zu suchen.

      Gustave Le Testu trieb sein Pferd an, um es vor den ersten Wagen zu bringen. Dann weiteten sich seihe dunklen Augen.

      Fast zwei Dutzend Soldaten tauchten mit Geschrei auf galoppierenden Pferden vor ihnen auf, Pistolen und Säbel in den erhobenen Fäusten. Sie schälten sich aus der milchigen Dämmerung wie Geister, die der Erde entsprungen waren.

      „Fahrt die Wagen zu einem Kreis!“ brüllte Le Testu. „Holt euch Waffen von den Wagen, und dann schießt sie über den Haufen!“

      Er wollte sein Pferd herumreißen, doch in diesem Moment fiel der erste Schuß. Das Tier bäumte sich unter ihm auf, wieherte gequält und brach in der Hinterhand zusammen.

      Le Testu war mit einem Satz aus dem Sattel. Nur mit Mühe entging er den schlegelnden Hufen seines Pferdes, das auf die Seite gefallen war und im Todeskampf noch um sich schlug.

      Geduckt rannte Le Testu zu den Wagen hinüber. Seine Männer hatten schnell reagiert, doch die Sechsergespanne waren von dem nun hereinbrechenden Bleigewitter verrückt geworden und zerrten einen der Wagen wieder aus dem Ring, ohne daß die Straßenräuber etwas dagegen unternehmen konnten.

      Le Testu sah, wie seine Leute die Planen von den Wagen fetzten und sich Musketen und Pistolen holten. Er verfluchte seine Nachlässigkeit, nicht mit einem Kampf gerechnet zu haben. Er wußte, daß dieser Fehler wahrscheinlich tödlich war, und während seine Männer bereit waren, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen, sah er sich nach einer Fluchtmöglichkeit um.

      Im Augenblick war es unmöglich, denn die Soldaten waren ausgeschwärmt und umzingelten die drei Wagen. Der dritte hatte sich in den ersten verkeilt, und die in Panik geratenen Percherons, von denen einer schon von einer Kugel niedergestreckt worden war, brachten die Männer hinter den Wagen in Gefahr.

      Erst jetzt wurden die Schüsse der Soldaten erwidert. Eine Wolke von Pulverdampf erhob sich bei den Wagen und vermischte sich mit der milchigen Dämmerung.

      Le Testu konnte nur noch Schemen erkennen, die an den Wagen vorbeijagten. Er schoß einen der Soldaten aus dem Sattel, aber der Mann erhob sich wieder und humpelte davon.

      Plötzlich war Montbars, der Korse, neben ihm.

      „Wir sind verloren!“ brüllte der Mann mit den jettschwarzen Augen. „Wir müssen versuchen, durch ihre Reihen durchzubrechen!“

      Le Testu griff nach der Hand des Korsen, die dieser ihm entgegenstreckte, und saß mit einem Ruck hinter ihm auf dem Rücken des Apfelschimmels.

      Der Pulverdampf hüllte das Kampfgetümmel immer mehr ein. Die Männer bei den Wagen schossen wie verrückt und schafften es, die Soldaten von den Wagen fernzuhalten.

      Einzig Le Testu und Montbars schienen die wirkliche Gefahr erkannt zu haben. Le Testu duckte sich tief hinter dem Korsen, als dieser seinem Pferd die Hacken in die Seiten stieß und den Grauschimmel mit wilden Schreien antrieb.

      Einem Soldaten, der plötzlich an ihrer Seite auftauchte, warf Le Testu die leergeschossene Pistole an den Kopf. Er sah, wie der Uniformierte aus dem Sattel fiel, dann waren zwei andere vor ihnen, und Montbars mußte den Grauschimmel herumreißen.

      Wir schaffen es nicht! schrie es in Le Testu. Er hatte mit der rechten Hand ein armlanges Messer aus der Scheide am Gürtel gezogen und hieb damit auf einen Soldaten ein, der versuchte, Montbars mit seinem Säbel aus dem Sattel zu fegen.

      In diesem Augenblick brach die Hölle los. Le Testu fühlte sich wie von einer Riesenfaust angehoben und in die Luft geschleudert. Er versuchte noch, sich an Montbars festzuklammern, aber die Gewalten, die an ihm zerrten, waren zu stark.

      Ein ohrenbetäubendes Krachen war in der Luft, das sich zu einem Höllenlärm steigerte. Der Soldat mit dem Säbel war plötzlich verschwunden. Der Himmel hatte sich grellrot gefärbt, und als Le Testu von einer neuen Druckwelle um die eigene Achse gewirbelt wurde, sah er, wie aus allen drei Wagen immer wieder Lichtblitze hervorzuckten, begleitet von donnerndem Krachen.

      Er rappelte sich auf. Ein wiehernder Schweißfuchs wollte an ihm vorbei. Instinktiv griff Le Testu nach den hängenden Zügeln und hängte sich daran.

      Er wurde einige Schritte mitgeschleift, bevor das Tier schnaubend stehenblieb und Le Testu sich in den Sattel schwingen konnte.

      „Montbars!“ brüllte er durch den Lärm.

      Eine hochgewachsene Gestalt tauchte neben ihm auf, das dunkle Gesicht rauchgeschwärzt. Zuerst erkannte er den Mann nicht und wollte schon mit dem langen Messer nach ihm stechen, doch dann entblößte der Korse sein Gebiß, und an den blitzenden weißen Zähnen und dem verwegenen Grinsen erkannte Le Testu den Kumpan. Er zerrte Montbars in den Sattel und trieb den Schweißfuchs an, der sofort in Galopp fiel und froh zu sein schien, dem Inferno zu entgehen.

      Le Testu beugte sich weit über die Mähne des Fuchses. Erst als er die Laubbäume des kleinen Waldstückes erreicht hatte, wagte er, sich umzudrehen.

      Eine dichte, undurchdringliche Rauchwolke, aus der immer noch Blitze schossen, hüllte die drei Wagen ein. Gestalten taumelten aus dem Qualm hervor, wurden aber von den Soldaten, die sich außerhalb des Qualms zurückgezogen hatten, mit Kugeln und Säbelhieben empfangen. Le Testu sah keinen von seinen Leuten, der es geschafft hätte, den tödlichen Ring zu durchbrechen.

      Dann sah er, daß man auch sie entdeckt hatte. Doch nur wenige Soldaten waren noch zu Pferde. Die höllische Explosion der Pulverfässer auf den Wagen hatte die meisten Tiere das Weite suchen lassen, nachdem sie ihre Reiter abgeworfen hatten.

      Zwei Soldaten wendeten auf den Befehl eines Offiziers ihre Pferde und preschten hinter dem Schweißfuchs her, auf dem Le Testu und Montbars saßen.

      Le Testu ließ dem Schweißfuchs die Zügel frei. Er merkte sofort, daß er ein ausgezeichnetes Tier erwischt hatte, das trotz der doppelten Last, die es zu tragen hatte, ein starkes Tempo vorlegte. Sie jagten den Weg entlang, der durch das Waldstück führte. Als


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