Operation Mörderischer Auftrag: 7 Action Thriller in einem Band. Alfred Bekker
Sie mich doch einfach Charly. Das tun alle meine Freunde."
"Wer sagt, dass ich mit Ihnen befreundet sein will, Charly?", fragte Leila. Ihre Stimme klang wie Eis.
"Warum so reserviert, Leila - oder wie immer Sie auch in Wirklichkeit heißen mögen? Wir sitzen doch im selben Boot."
"Das hoffe ich."
"Sie können sich auf mich verlassen."
Leila nahm die Sonnenbrille ab. Der Blick ihrer dunklen Augen ließ Charly unwillkürlich schlucken. "Das hoffe ich für Sie", versetzte Leila dann. "Sollte es nämlich anders sein, werden Sie es bereuen. Bitter bereuen..."
Charly runzelte die Stirn.
"Ich kann mir die Sache auch noch anders überlegen!"
"Wenn Sie handeln wollen, ist das der denkbar schlechteste Augenblick dafür", erklärte Leila. "Der Mann, der das zuletzt versucht hat, ist jetzt tot, Charly. Ich hoffe nicht, dass Sie der nächste sein wollen."
Charlys Gesicht wurde noch blasser, als es ohnehin schon war.
"Die SILVER QUEEN liegt zur vereinbarten Zeit im Hafen. Es läuft alles nach Plan. Die Papiere sind okay und es wird keinerlei Schwierigkeiten geben."
"Gut", sagte Leila. "Aber es gibt eine winzige Änderung an unserem Plan."
"Sie machen mir Spass."
"Hören Sie mir genau zu, Charly. Ich möchte mich ungern wiederholen. Und vor allem: Halten Sie jedes Detail genauestens sein. Davon hängt das Gelingen des ganzen Unternehmens ab. Die Summe, die ich mit Mr. Hamid abgemacht habe, wird um zwanzig Prozent erhöht. Ich hoffe, dass Mr. Hamid Ihnen davon etwas abgibt, Charly. Aber das ist ihr Problem."
Charly kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Sein Gesichtsausdruck zeigte nun deutliche Skepsis.
"Für mich klingt das danach, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gibt."
"Keine, für die es nicht eine Lösung gäbe", erwiderte Leila.
"Ach, wirklich?"
"Machen Sie einfach Ihren Job, Charly, und tun Sie genau, was ich Ihnen jetzt sage..."
*
Unsere Leute saßen in einem präparierten Lieferwagen vor CARLO'S EXPRESS und werteten sämtliche telefonisch eingehenden Bestellungen aus. Milo und ich brauchten uns allerdings nicht die Nacht um die Ohren zu schlagen.
Schließlich wusste ja keiner von uns, ob Leila heute oder erst in einer Woche wieder Hunger auf eine Pizza hatte. Die Anrufer wurden unter verschiedenen Gesichtspunkten aussortiert. Alle Männerstimmen fielen durch das Raster. Von den Frauenstimmen wiederum alle diejenigen, die Pizzen bestellten in denen Schweinefleisch enthalten war. Wenn genug Indizien dafür sprachen, dass es sich bei der Anruferin um Leila handelte, sollten wir per Handy angerufen werden. Man würde uns dann die Aufnahme vorspielen. Letzte Sicherheit gab es, sobald die Pizza ausgeliefert war.
Wir kehrten in die Zentrale zurück. Unsere Kollegen aus dem Innendienst versuchten inzwischen alle Schiffsverbindungen unter die Lupe zu nehmen, bei der die Reederei HAMID GLOBAL
TRANSPORTS irgendeine Rolle spielte.
"Die meisten Schiffe dieser Reederei fahren unter sogenannten Billigflaggen", erläuterte Mr. McKee in seinem Büro. "Panama oder Liberia. Die Besatzungen sind aus aller Herren Länder zusammengewürfelt und oft sind nur noch der Kapitän und einige Offiziere Amerikaner..."
"Man müsste alle Schiffe dieser Reederei überprüfen, die im Moment in irgendeinem amerikanischen Hafen liegen", meinte Milo.
"Wissen Sie, wie viele das sind, Milo? Und wer sagt uns, dass das Schiff, das die Druckplatten abholen soll, nicht noch draußen auf hoher See ist und erst in einigen Tagen eintrifft. Wenn wir dann auch nur den kleinen Finger gerührt haben, dreht es einfach wieder ab. Im übrigen liegt uns bis jetzt nichts weiter als ein vager Hinweis vor, dass diese Leila einmal mit William Hamid telefoniert hat. Was, wenn es zwischen den beiden gar nicht zu einem Deal gekommen ist und die Druckplatten auf anderem Weg außer Landes geschafft werden?"
Mr. McKee hatte natürlich recht.
Die Situation war ziemlich verfahren. Ein Wettlauf mit der Zeit und unsere Gegner hatten bei diesem Pokerspiel alle Asse in der Hand.
Mr. McKee fuhr fort: "Die Zollbehörden sind angewiesen worden, bei allen Schiffen mit dem Zielhafen Akaba, Jordanien, besonders genaue Kontrollen durchzuführen. Schließlich ist bekannt, dass weit über neunzig Prozent der illegal in den Irak gelieferten Güter diesen Weg nehmen."
"Ich glaube kaum, dass Leila uns den Gefallen tun wird, diesen Weg zu benutzen", meinte ich.
"Das ist wahr. Wie auch immer, William Hamid wird in Washington beschattet, sein Telefon abgehört. Und für seinen Neffen, der hier in New York City als sein Stadthalter auftritt, gilt dasselbe."
Mr. McKee nippte an seinem Kaffeebecher.
Dann fuhr er fort: "Eine andere Möglichkeit, die Druckplatten außer Landes zu schaffen wäre das diplomatische Gepäck von unter Immunität stehenden irakischen Gesandten, etwa bei den Vereinten Nationen. Die Kollegen der CIA und das Außenministerium halten diese Möglichkeit allerdings für wenig wahrscheinlich."
"Weshalb?", fragte ich.
"Weil der Irak seit langem auf diplomatischem Weg eine Lockerung des UNO-Embargos zu erreichen versucht. Dazu braucht er Verbündete im UNO-Sicherheitsrat. Wenn aber durch irgendwelche Umstände beispielsweise ein UNO-Diplomat des Irak mit einem brutalen Raubüberfall in Verbindung gebracht werden würde, wären alle politischen Bemühungen umsonst gewesen. Trotzdem stehen alle in Frage kommenden Personen unter Beobachtung. Es ist nahezu unmöglich, dass diese Leila - oder wer immer die Druckplatten im Moment auch haben mag - sie einer dieser Personen übergeben könnte."
*
In dieser Nacht schien Leila keinen Appetit auf Pizza zu haben. Aber die Falle würden wir aufrecht erhalten. Vielleicht hatten wir ja doch noch Glück und sie schnappte zu.
Am nächsten Tag erreichte das FBI-Hauptquartier an der Federal Plaza der Anruf eines Anwalt namens Clark Breckham.
Er war der Pflichtverteidiger des falschen State Police Officers, dessen Führerschein auf den Namen Robert Brown ausgestellt war. Breckham teilte mit, dass sein Mandant jetzt doch bereit sei, gegenüber dem FBI auszusagen.
Milo und ich begaben uns auf die New Yorker Gefängnis-Insel Riker's Island, wo Brown inzwischen als Untersuchungshäftling einsaß.
In einem kahlen, schmucklosen Raum saßen wir dem Mann, der sich Brown nannte, schließlich gegenüber. Breckham, sein Anwalt, war auch anwesend. Er hielt sich allerdings stark zurück.
"Sie wollen also reden", stellte ich fest. "Wer sind Sie?"
"Robert Brown."
"Aber das ist nicht Ihr wirklicher Name."
"Er ist so gut wie jeder andere."
"Er kommt in den USA sicher einige tausend Mal vor."
"Da mögen Sie recht haben", murmelte er. Dann sah er mich geradewegs an. "Sie sind doch an den Druckplatten interessiert, nicht wahr?"
"Sicher."
"Ich könnte Ihnen sagen, auf welchem Weg die Druckplatten die Vereinigten Staaten verlassen sollen."
"Ich höre..."
Brown lächelte. Die Narbe, die er am Kinn hatte zog sich dabei etwas in die Länge. "Alles im Leben hat seinen Preis, G-man. Das wissen Sie doch."
"Und wie sieht der Preis aus, den Sie verlangen?"
"Ich