Big Ideas. Das Film-Buch. John Farndon

Big Ideas. Das Film-Buch - John  Farndon


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alt="image"/> Ben Hur (1959)

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      ICH MUSS CALIGARI WERDEN!

      DAS CABINET DES DR. CALIGARI / 1920

       IM KONTEXT

      GENRE

       Horrorfilm

      REGIE

       Robert Wiene

      DREHBUCH

       Hans Janowitz, Carl Mayer

      STARS

       Werner Krauß, Conrad Veidt, Friedrich Fehér, Hans Heinrich von Twardowski, Lil Dagover

      FRÜHER

      1913 Die Waffen der Jugend ist Wienes erster Film (verloren).

      SPÄTER

      1924 Orlacs Hände, ein weiterer expressionistischer Film Wienes, erlebt zwei Remakes und inspiriert viele Horrorfilme.

      1925 Wiene dreht einen Stummfilm nach Richard Strauss’ Oper Der Rosenkavalier. Strauss dirigiert bei der Premiere ein Orchester. Eine US-Tournee wird mit Einführung des Tonfilms abgesagt.

      »Ich habe seither nie wieder der autoritären Macht eines verrückt gewordenen, unmenschlichen Staates vertrauen können.«

       Hans Janowitz

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      Der Somnambule Cesare, der, wie dem Besucher erzählt wird, seit 23 Jahren in Trance in einem Sarg schläft, wird von Caligari geweckt und im Sitzen gefüttert.

      Das Cabinet des Dr. Caligari gilt als erster Horror-Spielfilm und sein Nachhall im modernen Kino ist beträchtlich, wenn auch nicht immer aus offensichtlichen Gründen. Das raffinierte Bühnenbild – mit seiner irrealen, theatralischen Szenerie nach wie vor avantgardistisch – ist sein auffälligstes Merkmal. Doch sind es subtilere Elemente von Robert Wienes bahnbrechendem psychologischem Thriller, die zum festen Inventar des filmischen Erzählens wurden.

      Der »unzuverlässige Erzähler« war lange, seit dem antiken griechischen Dramatiker Aristophanes, ein literarisches Merkmal – sein Einzug ins Kino war neu. Caligari nutzt diese Technik erstmals in der Figur des Franzis (Friedrich Fehér). Die Geschichte, die Franzis erzählt, beginnt ganz unschuldig mit einer Dreieckskonstellation: Zwei Freunde umwerben dieselbe Frau – aber nicht alles ist, wie es scheint.

      Erst beabsichtigten die Drehbuchautoren Hans Janowitz und Carl Mayer mit dem Film die deutsche Regierung während des Ersten Weltkriegs anzuklagen, indem sie Böse wicht Caligari vorführten, der einen Unschuldigen dazu veranlasste, schlafwandelnd zu morden. Je näher die Produktion des Films rückte, desto komplexer wurde er. Auch führte er eine weitere Neuerung ein: die unerwartete Wendung am Ende.

       Blick ins Cabinet

      Janowitz und Mayer ließen sich von einer Geschichte aus dem 11. Jh. über einen hochstaplerischen Mönch inspirieren, der einen Mann in seiner Obhut manipulierte. Im Drehbuch wurde der Mönch zu einem Arzt, dem Franzis und sein Freund Alan (Hans Heinrich von Twardowski) auf einem Jahrmarkt begegnen.

      Dr. Caligari (Werner Krauß) erscheint zunächst als Schausteller, der sein »Cabinet« – einen Sarg – öffnet, um seinem Publikum den darin liegenden geisterhaften Somnambulen Cesare (Conrad Veidt) zu präsentieren. Caligari, Cesares »Meister«, behauptet, sein Schützling kenne »alle Geheimnisse«, und fordert die Besucher auf, ihm eine Frage zu stellen. Der sichtbar aufgewühlte Alan erkundigt sich, wie lange er leben werde, worauf Cesare erwidert: »Bis zum Morgengrauen!« – ein weiteres aus unzähligen Geschichten übernommenes Element des Horrorfilms: der Naive, der das Schicksal herausfordert. Der unglückliche Alan wird am nächsten Morgen tot aufgefunden.

       Expressionistischer Stil

      Der Stil des Films war vom legendären Leiter des Deutschen Theaters in Berlin, Max Reinhardt, geprägt. Der Anti-Realismus, beeinflusst von der expressionistischen Kunst Anfang des 20. Jh., umfasste auch die Künstlichkeit des Bühnenbilds und modellierte mehr das Dunkel als das Licht, um mit waberndem Chiaroscuro eine geheimnisvolle, unheimliche Atmosphäre zu schaffen.

      Wiene setzte das Licht sorgfältig ein, um den Eindruck zu erzeugen, dass es sich hier einfach um ein absonderliches Melodram handelt – auch die häufigen bedrohlich wirkenden Nahaufnahmen, zumeist des wohl geisteskranken Caligari, machen das Publikum glauben, es sehe eine einfache Helden-Schurken-Geschichte. Indem sich allerdings zeigt, dass die Perspektive keiner Figur wörtlich genommen werden darf, ergeben die verzerrten Winkel und Kulissen des Szenenbilds auf einmal Sinn. Sie sind Bestandteil der Erzählung und nicht nur verstörendes Stilelement. Das Bühnenbild von Walter Reimann, Walter Röhrig und Hermann Warm symbolisiert eine Welt, die aus den Fugen ist.

      Das Cabinet des Dr. Caligari hat die Zeiten überdauert, weil er, lange vor Alfred Hitchcocks Psycho, als erster Film das Publikum in das Innere eines Geisteskranken führt. Sein nachhallender Horror wurzelt in unserer Angst vor der Maske des gesunden Verstands, die selbst die Gestörtesten anlegen können, um ihre Umwelt zu täuschen. image

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      Cesare verschleppt Franzis’ Geliebte durch eine Landschaft, die die Verwüstungen des Ersten Weltkriegs heraufbeschwört, dessen Ende erst zwei Jahre zurückliegt.

      Robert Wiene Regisseur

      Robert Wiene kam 1873 in Breslau zur Welt. 1913 schuf er nach eigenem Drehbuch den Kurzfilm Die Waffen der Jugend, den ersten seiner etwa 20 Spiel- und Kurzfilme der Stummfilmära. Nach einer erfolgreichen Filmkarriere in Deutschland floh Wiene Anfang der 1930er-Jahre vor den Nationalsozialisten nach Frankreich. Seinen letzten Film, Ultimatum (1938), vollendete nach seinem Krebstod der emigrierte Robert Siodmak (nicht im Abspann genannt).

       Wichtige Filme

      1913 Die Waffen der Jugend

      1920 Das Cabinet des Dr. Caligari

      1923 Raskolnikow

      1924 Orlacs Hände

      Ebenfalls sehenswert: Nosferatu (1922) image Der letzte Mann (1924) image Geheimnisse einer Seele (1926) image Metropolis (1927) image Dracula (1931) image Ich kämpfe um dich (1945) image Der dritte Mann (1949) image Das weiße Band (2009, S. 323)

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