Big Ideas. Das Film-Buch. John Farndon
Langs und von Harbous düsterer Thriller M – Eine Stadt sucht einen Mörder entsteht.
Langs Vision von der Stadt der Zukunft war stark beeinflusst von den Wolkenkratzern, die zu jener Zeit in New York in die Höhe wuchsen.
Viele Filme reisen in die Zukunft und sind von Fritz Langs Metropolis inspiriert. Die Geschichte einer Stadt, 1927 in Deutschland entstanden, blickt 100 Jahre in die Zukunft.
Spiegelbild
Metropolis spielt im Jahr 2026, doch tatsächlich ist eine verzerrte Reflexion der Entstehungszeit des Films zu sehen. Seine eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bilder, die vom deutschen Expressionismus beeinflusst sind, bilden die Albträume einer Welt im Wandel ab. Die mechanisierten Schrecken des Ersten Weltkriegs waren noch frisch in Erinnerung und bald sollten die Nationalsozialisten an die Macht kommen, die Deutschlands Probleme durch totalitäre Lösungen beheben wollten. Lang sagte, die Idee zu Metropolis sei ihm bei einem Besuch in New York im Jahr 1924 gekommen. Eindeutig inspirierte die amerikanische Metropole mit ihren Wolkenkratzern und ameisenkleinen Bewohnern die erste Science-Fiction-Stadt der Leinwand. Zusammen mit Spezialeffekte-Pionier Eugen Schüfftan erschuf Lang eine extreme Version Manhattans, mit Einschienenbahnen, schimmernden Häuserspitzen und riesigen Uhrwerken, in der die Menschen an den Maschinen kaum größer als Zahnräder sind. In Metropolis reflektiert die Architektur der Stadt die rigide Struktur ihrer Gesellschaft, deren herrschende Klasse, angeführt von Fredersen (Alfred Abel), in Luxustürmen lebt, während die Arbeiter, repräsentiert durch Maria (Brigitte Helm), in die düsteren Slums auf und unter der Erde verbannt sind. Die zwei Gruppen – die Oberen und die Unteren – wissen wenig voneinander, denn in der glatt funktionierenden Maschinenstadt kreuzen sich ihre Wege nie. Erst als Fredersens privilegierter Sohn sich in die Arbeiterin Maria verliebt, gerät die Maschine aus dem Takt, als das Herz die zwei Gruppen – »Kopf« und »Hände« – vereint.
»Soll ich jetzt sagen, dass ich Metropolis mag, weil etwas, das ich in meiner Vorstellung gesehen habe, wahr wird, obwohl ich ihn verabscheut habe, als er fertig war?«
Fritz Lang
Technologie und Terror
Langs Film schwelgt zwar in allerneuesten Spezialeffekten, doch im Hinblick auf die Zukunft des Menschen traut er der Technologie nicht. Die Stadt des 21. Jh. wird als böswilliges Ungeheuer, als lebende und atmende Maschine gezeichnet, unfähig zu Mitgefühl. Maria erscheint als Maschinenmensch dupliziert, dessen unheilige Geburt Hollywood in Frankenstein (1931) imitiert. Mechanisierung dient dem Täuschen, der Entmenschlichung und Versklavung.
Metropolis wird oft die erste Leinwand-Dystopie genannt und seine geteilte deutsche Gesellschaft wirkt düster vorausahnend. Im Kern bleibt Langs Film allerdings optimistisch, denn das menschliche Herz kann selbst dann noch triumphieren, wenn sich Träume in drückende Albträume verwandeln, und trotz allem ist die Welt von morgen von erschreckender Schönheit.
In einer Art-déco-Vision der Hölle wird die Maschine, die die Stadt in Gang hält, als Opfertempel für Moloch gesehen, der seine Arbeiter vernichtet.
Alfred Abel Schauspieler
Alfred Abel, 1897 in Leipzig geboren, begann eine Forst-, dann eine Gärtnerlehre, erhielt eine kaufmännische Ausbildung und studierte Kunst, bevor er Schauspieler wurde. In Berlin gab ihm Theaterregisseur Max Reinhardt 1913 seine erste Rolle. Er trat in über 100 Stummfilmen auf, dessen berühmtester Metropolis war. Seine elegante, zurückhaltende Gestik blieb auch im Zeitalter des Tonfilms gefragt. Ein Ausflug in die Regie wurde kein Erfolg. Er starb 1937, zwei Jahre, nachdem das NS-Regime seiner Tochter Bühnenverbot erteilt hatte.
Wichtige Filme
1922 Dr. Mabuse, der Spieler
1927 Metropolis
Ebenfalls sehenswert: Das Cabinet des Dr. Caligari (1920)
WENN DU SAGST, WAS DU DENKST, ERDROSSELE ICH DICH
WASSER HAT BALKEN / 1928
IM KONTEXT
GENRE
Komödie
REGIE
Charles Reisner
DREHBUCH
Carl Harbaugh
STARS
Buster Keaton, Tom McGuire, Ernest Torrence, Marion Byron
FRÜHER
1924 Keaton bricht sich bei einem Stunt für Buster Keaton – Sherlock Junior das Genick an.
1926 Keatons Der General, heute ein Klassiker, floppt an der Kinokasse.
SPÄTER
1928 Wasser hat Balken inspiriert Walt Disney zu Steamboat Willie, den ersten Micky-Maus-Zeichentrickfilm.
1929 Keatons letzter Stummfilm Die unvollkommene Ehe erzählt von einer Berühmtheit, die sich von ihrem Mann trennt.
Buster Keaton war ein Meister des todernsten Slapsticks. Er wurde in eine Varieté-Familie hineingeboren und war von Kindheit an mit den Anforderungen des Slapsticks vertraut, den er von der Bühne auf die Leinwand übertrug. Auch wenn er sich nicht immer als Regisseur angab, war er stets der Kopf hinter den Späßen. Heute beeindrucken an seinen Filmen am meisten die Präzision der Komik und die Kunst, das Publikum in die Irre zu führen. Wasser hat Balken ist typisch dafür, wie Keaton mit Erwartungen spielt.
Direkt zur Komik
Der Film steigt sofort ins Thema ein: Der in die Jahre gekommene Kapitän eines heruntergekommenen Raddampfers bekommt Konkurrenz durch ein schickes neues Schiff, am selben Tag, als sein verlorener Sohn (Keaton) wieder auftaucht – und schon beginnt die Komik.
Noch bevor er selbst auftritt, zeigt Keaton jede Menge Gags. Als er schließlich als exzentrischer Bohemien mit Büchertasche, winziger Ukulele und Baskenmütze erscheint, stellt auch seine Figur jede Menge Dummheiten an, bevor ein Sturm für Tempo sorgt und ihn auf einem Krankenhausbett