Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker

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      „Lass ihn von allein sterben, Hrolf!“, befahl er. „Es bringt Unglück, einen Mann Gottes zu töten. Und wir wollen das Schicksal doch nicht unnötig herausfordern, oder?“

      Der Angesprochene ließ die Klinge sinken und steckte das Schwert dann ein. Dabei murmelte er etwas Unverständliches vor sich hin. Was er genau sagte, konnte Arnulf nicht verstehen, aber es waren wohl alles andere als ein paar freundliche Worte.

      ––––––––

      Sie brauchten bis zum Abend, um das Lager zu erreichen, an dem die Nordmänner zur Zeit kampierten. Im Lager waren allerdings nicht nur Thorkilds Männer aus dem Norden, sondern auch eine größere Anzahl von Kameltreibern mit ihren Tieren. Offenbar standen sie im Dienst des Eisenbringers – oder wurden dazu gezwungen. Sie wirkten sehr eingeschüchtert, sprachen nur mit gedämpfter, leiser Stimme und wann immer Arnulf einen von ihnen direkt ansah, wurde der Blick abgewandt.

      Von dem, was sie untereinander sprachen, konnte Arnulf nicht ein einziges Wort verstehen. Dazu hätte er die Sprachen des Ostens beherrschen müssen, so wie Fra Branaguorno, dessen Schicksal vollkommen ungewiss war.

      Hilfe konnte Arnulf jedenfalls im Augenblick wohl von niemandem erwarten. Ich hätte auf die Worte der Papiermacherin hören sollen!, ging es ihm durch den Kopf, während er gegen einen Baum gelehnt dasaß. Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gebunden, allerdings so, dass sie den Baum dabei umfassten.

      Eine ziemlich unbequeme Sitzhaltung war das – und ganz gewiss keine, bei der man leicht Schlaf finden konnte. Aber das war wohl auch alles andere als die Absicht der Männer, in deren Händen er jetzt war.

      Die Nordmänner waren recht ausgelassener Stimmung, was wohl auch daran lag, dass es ihr Anführer erlaubt hatte, ein Fass mit Met zu öffnen.

      Thorkild gesellte sich zu ihm, während seine Männer bereits feierten.

      „Ich will von dir alles darüber wissen, wer dich hier her schickt und aus welchem Grund dies geschehen ist“, verlangte er.

      „Ich dachte, dass wüsstest du schon alles“, erwiderte Arnulf düster. „Oder reimst du dir vielleicht nur etwas zusammen und erschlägst lediglich zum Spaß vorbeiziehende Reisende?“

      „Es hat keinen Sinn, wenn du versuchst als harmloser Reisender zu erscheinen. Das bist du nicht, Arnulf – und wir beide wissen das. Und davon abgesehen, sind die Quellen, aus denen mein Wissen stammt, für gewöhnlich zuverlässig.“

      „Dann brauchst du mich ja nicht mehr zu befragen! Frag diesen Schreiber in Samarkand...“ An der Falte, die sich plötzlich auf der Stirn des Nordmannes bildete, erkannte Arnulf die Verwirrung seines Gegenübers darüber, dass Arnulf offensichtlich über seine besondere Verbindung zu Kentikian Bescheid wusste.

      Thorkild grinste schief. „Ich kann dich foltern, um Antworten zu bekommen! Also rede besser, sonst ergeht es dir schlecht! Es hat keinen Sinn, irgendetwas verbergen zu wollen... Und abgesehen davon knurrt dir wahrscheinlich schon der Magen, oder? Also sei vernünftig! Dein Kaiser wird dir hier nicht helfen...“

      „Das weiß ich.“

      „Du bist wegen dem unzerbrechlichen Stahl hier, nicht wahr? Du suchst einen Weg, den Stahl an mir vorbei zu leiten, sodass ihn die Schmiede von Saxland zu einem günstigeren Preis bekommen und in meinem Beutel das Silber nicht mehr klimpert!“

      „Du bist doch nicht der Einzige, der die unzerbrechlichen Klingen unerschwinglich macht“, gab Arnulf zurück. „Mein Kaiser wird gewiss weitere Männer aussenden, die den Ursprungsort des unzerbrechlichen Stahls finden sollen.“

      „Du siehst an deinem eigenen Beispiel, dass ich das zu verhindern vermag, Sachse! Ich werde mir überlegen, was ich mit dir mache. Gute Krieger kann ich im übrigen immer gebrauchen. Wenn du für mich das Schwert ziehst, sollte das dein Schaden nicht sein.“

      „So etwas wie Ehre scheinst du nicht zu kennen!“, versetzte Arnulf.

      Thorkild schüttelte den Kopf und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Trinkhorn. „Das kann ich mir nicht leiste. Aber ich hätte wirklich gedacht, dass du klüger wärst, Sachse. Wirklich!“

      ––––––––

      Der Eisenbringer begab sich wieder zu den anderen ans Feuer. Die ganze Zeit schon hatte Arnulf damit begonnen, seine Fesseln gegen die Baumrinde zu scheuern - bislang hatten sie sich als unüberwindlich erwiesen, aber das musste ja nicht bis in alle Ewigkeit so sein. Er musste hier schnellstens fort, denn Thorkild war vollkommen unberechenbar, wie es ihm erschien.

      Nach und nach wurde es im Lager ruhiger. Irgendwann weit nach Mitternacht war auch die letzte angeberisch klingende Stimme verstummt. Schließlich war es vollkommen ruhig und das Feuer brannte langsam nieder. Unermüdlich scheuerte Arnulf an dem Seil. Irgendwann kurz vor dem Morgengrauen löste sich die Fessel. Vorsichtig erhob Arnulf sich. Thorkild hatte Wachen eingeteilt, aber die waren nicht besonders aufmerksam. Manche waren selbst eingenickt. Andere patrouillierten gähnend durch das Lager und hatten am Abend wohl selber zu sehr dem Met zugesprochen, um sich nicht auch danach zu sehnen, die Augen zu schließen.

      Beinahe lautlos schlich Arnulf in der Dunkelheit davon. Die meisten Wachen waren bei den Tieren und so war es wohl unmöglich, sich ein Pferd zu nehmen, zumal ein einziges lautes Wiehern wohl das ganze Lager aufgeweckt hätte.

      Einen der wenigen Wächter auf der anderen Seite des Lagers überraschte er und schlug ihn mit einem harten Faustschlag nieder, ehe er den Ritter so richtig bemerkt hatte. Arnulf duckte sich und hoffte, dass er sich im Schatten befand. Ganz leise waren zwei Stimmen zu hören, die den Wächtern bei den Pferden gehörten. Arnulf nahm unterdessen die Waffen des Bewusstlosen an sich - einen Dolch und ein Schwert, das vermutlich mit genau jenem unzerbrechlichen Stahl gefertigt worden war, wie er in diesem Land bevorzugt wurde.

      Was geschah, wenn es hat auf hart ging, hatte er ja bei seiner eigenen Klinge erlebt. Das Metall, das die Schmiede in Tukharistan schmiedeten, war offenbar einfach sehr viel bruchfester und jedem anderen Stahl überlegen.

      Arnulf kauerte einige Augenblicke bei dem Bewusstlosen. Dann schlich er davon und wenig später hatte ihn die Finsternis der Nacht in sich aufgenommen.

      Ein ungewisser Weg lag vor ihm.

      Elftes Kapitel: Ein weiter Weg nach Westen


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