Vernehmungen. Heiko Artkämper

Vernehmungen - Heiko Artkämper


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173.

      54Nicola Hahn, Kriminalistisch Vernehmen in Theorie und Praxis. Das eigenständige Vernehmungsprotokoll für Augenzeugen.

      55Siehe Rn. 246 und Rn. 256.

      56Der Kriminalist 11/2017, 26 ff.

      57Vernehmungen, 83.

      58Quelle: Nicola Hahn, Kriminalistisch Vernehmen in Theorie und Praxis. Das eigenständige Vernehmungsprotokoll für Augenzeugen, 6.

      59Vgl. dazu Artkämper/Herrmann/Jakobs/Kruse, a.a.O., Rn. 320 ff.

      60Hanseatisches Oberlandesgericht, 2. Strafsenat, Beschl. vom 17.7.2009, StRR 2009, 465 f.

       3Ziele und Aufgaben einer Vernehmung

      274Polizeibeamte, ob in Zivil oder Uniform, haben naturgemäß das Bestreben, eine Wahrheit zu erfahren. Gleiches gilt für Juristen, aber auch für andere Hoheitsträger (im materiellen Sinne). So haben Eltern im Erziehungsverhältnis ein Interesse daran, was mit ihren Kindern geschieht und was sie machen – besser gesagt: gemacht haben. Jeder Trainer im Sport, jeder Übungsleiter oder Schiedsrichter, jeder Psychologe, Berater oder Betreuer hat Interesse an einer gewissen Wahrheit. All diese Gruppen entwickeln mehr oder weniger strukturierte Instrumente, wie sie dabei vorgehen.

Praxistipp:
275 Es gibt unterschiedliche Wahrheiten, die durchaus auch vom Standpunkt des Betrachters abhängig sein können.

       3.1Ziele einer Vernehmung

      276Die Ziele einer Vernehmung sind vor dem Hintergrund einer Wahrheitserforschung mannigfaltig; eine abschließende Aufzählung ist daher kaum möglich. Allerdings lassen sich die wesentlichen und immer wiederkehrenden Vorgaben wie folgt zusammenfassen:

      •Feststellungen zur Beteiligung (Täterschaft oder Teilnahme) einer Person bzw. zu deren Ausschluss und den daran anschließenden Zeugenstatus.

      •Versuch, die „objektive Wahrheit“ herauszufinden in Bezug auf Sachverhalt und Tathergang; ggf. Tatrekonstruktionen durchführen.

      •Wahrheitsfindung unter Einhaltung der prozessualen Spielregeln.

      •Erforschung des subjektiven Tatbestandes, der Einstellung und Motivation der Beteiligten.

      •Ermöglichung einer Erklärung der Beteiligten für ihr Verhalten in der Vortatphase, der unmittelbaren Tatausführung und dem Nachtatverhalten.

      •Entlastung der Beteiligten sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (z. B. Eingreifen von Rechtfertigungsgründen), vgl. §§ 136 Abs. 2, 160 Abs. 2 StPO.

      •Erfassung und Dokumentation relevanter Informationen, wobei auch die spätere Verwertbarkeit im Rahmen einer strafrechtlichen Hauptverhandlung berücksichtigt werden muss.

       Übersicht: Ziele einer Vernehmung

       3.2Strukturen

      277Der Polizeibeamte lernt bereits in einer frühen Phase seiner Ausbildung, zwischen Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu unterscheiden. Am Anfang aller rechtlichen Betrachtungen steht die Überlegung, mit welcher Zielrichtung eine polizeiliche Maßnahme getroffen werden soll. Hierbei lehnen sich Tätigkeiten mit dem Ziel der Strafverfolgung schon in einer frühen Phase an die Erfordernisse des Strafprozesses an.

       3.2.1Objektiver und subjektiver Befund

      278Regelmäßig wird eine frühe Zuständigkeit der Kriminalpolizei angenommen, die in Anlehnung der Unterscheidung zwischen Personal- und Sachbeweis1 den subjektiven und den objektiven Befund getrennt voneinander betrachtet.

      Der Tatort ist regelmäßig Bestandteil des objektiven Befundes, in dem nicht veränderbare, feststehende Umstände erfasst werden. Sie lassen sich auf verschiedene Arten dokumentieren (strukturierter Bericht, Fotografie, Skizze, Rasteraufnahmen, Vermessungen pp.) und dienen als feste, unveränderbare Grundlage.

      Zunächst unabhängig davon wird der subjektive Befund aufgenommen. In der Erstaufnahme ist das die „Anhörung“ (= Vernehmung) der Personen, die Angaben zur Sache machen können.

       3.2.2Personen

      279Möglichst früh sollten Menschen, die Angaben zum Geschehen machen können, in ihre prozessuale Rolle eingeordnet werden. Zunächst muss erkannt werden, ob überhaupt der Verdacht einer Straftat besteht. Wenn ja, muss ebenfalls frühzeitig der Status der Auskunftsperson geklärt werden.

      280Die wichtigste Unterscheidung ist, ob gegen die jeweilige Person ein Tatverdacht bestehen kann oder nicht. Daran orientiert sich die frühzeitige Belehrung, wobei es sich im Zweifel anbietet, eher den Beschuldigtenstatus anzunehmen. Bereits daraus lässt sich ableiten, dass jede Person einzeln und unabhängig von anderen vernommen werden muss.

      281Ferner kommt es auf die Dokumentation dessen an, was die Person selbst wahrgenommen hat. Dabei ist ein möglichst direkter Bezug zum Geschehen von wesentlichem Vorteil. Gehörtes – von Dritten oder gar Vierten – wird immer mehr verfälscht sein.

Praxistipp:
282 Jeder Sachverhalt sollte bereits bei der Erfassung/Aufnahme in objektive und subjektive Feststellungen unterteilt werden. Personen, die Angaben zum Sachverhalt machen können, sind einzeln und getrennt von anderen zu befragen bzw. zu vernehmen. Eine frühzeitige, detailreiche Vernehmung kann für spätere Ermittlungen und für das Strafverfahren wichtige (und oft nicht nachholbare) Grundlage sein. Dem vorgeschaltet muss die Festlegung des Status im Strafprozess – damit einhergehend die Belehrung – sein.

       3.3Wahrheitsfindung

      283Auf diese Art werden die ersten Grundlagen geschaffen, anhand derer die Ermittlungen fortgeführt werden, die aber auch für den späteren Prozess von elementarer Bedeutung sind. Durch den späteren inhaltlichen Vergleich zwischen den objektiven Umständen und dem jeweilig Wahrgenommenen kann das tatsächliche Geschehen (= Wahrheit) ermittelt werden. Fällt der objektive Bereich weg (wie bei vielen Beziehungsdelikten), kommt es umso mehr darauf an, inhaltlich ausgefeilte Details zur Verfügung zu haben, die in Vernehmungsprotokollen erfasst sind.

       3.4Inhalte

      Folgerichtig müssen Inhalte dokumentiert werden.

       Beispiel:

      284Die Frage „Was haben Sie gesehen/gehört/wahrgenommen?“ muss dominieren und insbesondere dem „Warum“ vorgeschaltet sein. Ebenso vorrangig sind Definitionsfragewörter:


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