Nina und die Sphinxwelt. Sarah Nicola Heidner

Nina und die Sphinxwelt - Sarah Nicola Heidner


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erwartet.“

      Nach vierzig Minuten langweiliger Busfahrt, die die Mädchen damit zubrachten, sich gegenseitig zu fotografieren, kamen sie endlich am Hafen an und mussten sich in eine lange Menschenschlange einreihen, wo sie auf die Fähre warteten. Tobias war nicht mitgekommen, der Leiter der Jugendherberge hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, ihn mit in sein Büro zu nehmen und ein bisschen mit ihm zu spielen.

      „Guckt mal, ich sehe die Fähre!“ Maria hüpfte hoch und holte ihren Fotoapparat aus dem Rucksack, um ein paar Fotos zu machen.

      Das Einschiffen ging endlos langsam voran und Nina begnügte sich damit, mit Jana über ihre Sommerferienpläne zu sprechen.

      „Wir fahren nach Italien“, sagte Jana, während sie sich Schokolade in den Mund schob. „Ganze drei Wochen! Meine Eltern wollen sich Museen anschauen – mh, die Schokolade ist wirklich lecker, Luftschokolade, musst du auch mal probieren! –, doch ich habe darauf keine Lust und bleibe lieber am Strand. Das gibt bestimmt wieder Streit.“

      „Und wir“, Nina nickte und nahm ein Stück Schokolade, „fliegen nach Spanien. Meine Eltern haben Verständnis dafür, dass ich keine Lust habe, in den Ferien ins Museum zu gehen. Zum Glück. Und ich glaube, Tobias würde es auch nicht sonderlich gefallen.“ Sie kicherte.

      Frau Barinkson gab dem Mann an der Kasse die vorab gebuchten Tickets und die gesamte Klasse durfte die Fähre betreten.

      „Wenn die Fähre nachher anlegt, treffen wir uns draußen, dort, wo Herr Pikk und ich warten!“, rief Frau Barinkson. Dann zog der Mathelehrer sie weg.

      „Wer als Erstes an Deck ist, bekommt eine Tüte Gummibärchen!“, rief Mia, und sie rannten alle los, die Treppe nach oben.

      „Erster!“, keuchte Nina und nahm die versprochene Tüte entgegen. Sie setzten sich auf die Plastikbänke und schauten auf das Meer, das sich weit und schön vor ihnen ausbreitete.

      Doch plötzlich …

      „Nina!“

      Das Mädchen, das ganz in Gedanken versunken war, schreckte hoch. Verständnislos schaute Nina die anderen an, die fassungslos auf sie zeigten.

      „Du brennst regelrecht!“, sagte Maria kopfschüttelnd.

      Nina saß an sich herunter – es stimmte. Aber das Feuer wurde schwächer und erlosch schließlich gänzlich.

      „Was geht hier vor?“, kreischte Mia hysterisch. „Das geht doch alles nicht mit rechten Dingen zu! Ich halte das nicht mehr aus! Was hast du mit der Sache zu tun?!“ Sie fuchtelte mit ihren Armen vor Ninas Nase herum.

      Auch die Mitschüler starrten gebannt auf das Mädchen.

      „Ich weiß es doch nicht!“, brüllte Nina zurück. „Was kann ich denn dafür? Hier passieren unnormale Dinge, klar! Aber ich weiß genauso wenig wie du!“

      Herr Malan, der gerade in der Nähe stand, ging dazwischen. „Das war bestimmt Einbildung“, erklärte er sachlich. „Sonnenstrahlen werden gebrochen und wirken dann so, als würden Gegenstände in der Nähe brennen, was sie aber nicht tun.“

      Ninas Freundinnen schienen sich mit der Theorie zufriedenzugeben, vor allem weil sie von einem Lehrer stammte, dem sie wegen seines umfassenden Wissens nur zu gern glauben wollten. Aber all die merkwürdigen Ereignisse – nein, da stimmte etwas nicht. Das war zumindest Nina klar. Und dass Sonnenstrahlen, wenn sie gebrochen wurden, Gegenstände oder Menschen aussehen ließen, als würden sie brennen, davon hatte sie noch nie etwas gehört. Ihre Freundinnen redeten unbefangen weiter, während Nina schweigend auf das brodelnde Wasser unter dem Kiel der Fähre schaute.

      Als die Fähre anlegte und die Klasse sich zusammengefunden hatte, marschierten sie auf eine quietschbunte und lustige Bahn zu. Darin war es proppenvoll und sie mussten sich auf ihren Stehplätzen gut festhalten, damit sie nicht umfielen, als die Bahn losfuhr. Doch die Fahrt dauerte nur etwa zehn Minuten, dann fuhren sie in den Hauptbahnhof ein.

      Frau Barinkson verkündete: „Jeder kann jetzt für drei Stunden machen, was er möchte. Um halb fünf treffen wir uns wieder hier.“

      „Kommt, ab zum Strand“, kam Pia Nina zuvor und sie rannten hinter einigen Pferdekutschen entlang Richtung Meer.

      „Los!“, sagte Maria, und auch sie, Jana, Mia und Nina liefen los.

      Nach etwa fünf Minuten kamen sie an einen sandigen Weg, der einen Hügel hinaufführte. Rechts und links des Sandweges befanden sich weitere Hügel, die mit Gras und Sträuchern bewachsen waren. In dieser für die Gegend so typischen Dünenlandschaft machte der Weg eine Kurve, und jetzt sahen sie das Meer. Staunend verharrten die Mädchen ein paar Sekunden, doch dann machten sie sich auf und gingen in Richtung der bunten Strandkörbe. Sie zogen sich in einem Strandkorb um und liefen dann an die Wasserkante, um zu schwimmen und Muscheln zu sammeln.

      „Kalt!“, sagte Nina und nahm ihren Fuß aus dem Wasser.

      „Es geht“, meinte Maria, die ihren Zeh ins Wasser hielt.

      „Das ist doch voll warm!“, freute sich Jana, die Wasserratte, und sprang mit einem lauten Platsch in die Nordsee.

      „Iiihh!“, kreischten Mia, Pia und Nina, als das Wasser auf sie spritzte.

      „Na warte!“ Schon war Maria ebenfalls im Wasser und kraulte hinter Jana her.

      Die übrigen drei Mädchen einigten sich darauf, trotz dieses heißen Tages nur Muscheln zu sammeln. Sie schlenderten zehn Minuten lang am Strand entlang, und als Jana und Maria wieder aus dem Wasser kamen, setzten sich alle fünf in die Strandkörbe und aßen das, was sie mitgenommen hatten. Ihre Vorräte bestanden aus aufgeweichter Schokolade, Gummibärchen, Kaugummis, Chips, Flips und – echt klasse! – einem Apfel. Die drei Stunden am Strand vergingen ziemlich schnell, und als sie nach der Rückfahrt mit Fähre und Bus wieder in der Jugendherberge angekommen waren, aßen sie zu Abend und verbrachten den Rest des Tages in ihrem Zimmer mit Kniffel, Monopoly und anderen Spielen, die sie von zuhause mitgebracht hatten.

      Am nächsten Morgen war Nina zu aufgeregt, um bis zu ihrem Termin um zehn Uhr zu warten. Entweder dachte sie an Herrn Malan oder an ihren Geburtstag am nächsten Tag, und deshalb fragte sie Frau Barinkson, die sie beim Frühstück traf, ob ihr Lehrer überhaupt wieder aufgetaucht war. Doch die schüttelte nur den Kopf und sagte etwas Ähnliches wie: er sei ein Narr und würde jedes Mal verschwinden.

      Mia, Pia, Maria und Jana trafen sich wegen Ninas Geburtstag dieses Mal in der Stadt, während Nina um Punkt zehn Uhr an die Tür des Raumes anklopfte, an dem sie am ersten Abend gelauscht hatte. Doch niemand antwortete ihr, und so ging das verstimmte Mädchen wieder in sein Zimmer und kümmerte sich um Tobias, den der Herbergsvater gestern lachend wieder abgeliefert und dabei gemeint hatte, Nina hätte einen „ustigen“ Bruder.

      Und was sollte sie jetzt tun? Tobias lag in Ninas Bett, hatte einen neuen Schnuller – diesen hatten sie gestern nach dem Strandbesuch auf der Insel gekauft – im Mund und schlief seit etwa dreißig Sekunden. Und sie selbst saß immer noch neben ihm und überlegte, wie sie ihn wieder nach Hause bekam. Als sie Frau Barinkson gefragt hatte, wie sie das bewerkstelligen solle, hatte die Lehrerin nur „Nicht jetzt!“ gemurmelt und sich wieder in ihr Buch über das Wattenmeer vertieft. Also war heute ein Tag zum Langweilen. Das Wetter war auch nicht gerade super. Dunkle Wolken waren aufgezogen und im Radio hatten sie Regen angekündigt. Hoffentlich wurde das Wetter bis morgen noch besser! Nina hatte wirklich keine Lust, ihren Geburtstag im Regen zu feiern!

      Draußen kam ein kräftiger Wind auf und einige der tiefgrünen Blätter der Eiche wirbelten durch die Luft. Nina stand ein paar Minuten vor dem Fenster und starrte missmutig hinaus, dann legte sie sich auf ihr Bett und fing an zu lesen. Nach kurzer Zeit begann es zu donnern und zu blitzen, Regentropfen fielen erst langsam, dann immer schneller vom Himmel und klatschten lautstark gegen die Fensterscheibe. Schemenhaft konnte sie draußen vier Gestalten auf dem Weg zum Bungalow erkennen. Zehn Minuten später waren Mia, Pia, Maria und Jana geduscht, hatten ihre Geschenke versteckt und saßen auf ihren Betten.

      Mia und Jana stritten sich mal wieder – sie hatten


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