Trilogie des Mordens. Ulrich W. Gaertner

Trilogie des Mordens - Ulrich W. Gaertner


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Kirche seines Glaubens an der Wand. Überheblich grinsend drückt er den Knopf seiner Sprechanlage, die ihn mit dem Vorzimmer verbindet.

      „Verbinden Sie mich mit dem „CSO“, unserm Continental Security Office, Regine!“ Kurz und knapp ist der Befehl an die Mitarbeiterin im Vorzimmer. Kurz darauf meldet sich eine bekannte, metallisch klingende Männerstimme.

      „Sind Sie zufrieden mit unserer Arbeit, Captain?“

      „Ausgezeichnet. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Das hat den Geschäftsabschluss erfolgreich gemacht.“

      „Haben Sie zurzeit noch weitere Aufträge?“

      „Nein, danke. Das war alles. Ich komme wieder auf Sie zurück.“

      „Danke, Captain, Sie wissen, wir stehen immer Gewehr bei Fuß, wenn es darum geht, schnell etwas zu bereinigen.“

      Dann knackt es leise, und die Verbindung ist unterbrochen.

      Zufrieden steht der Field Director der weltweiten Glaubensgemeinde auf und tritt vor das wand hohe, aus teurem Tropenholz hergestellte Regal, das mit Büchern des von ihm verehrten Sektengründers gefüllt ist. Immer wieder faszinieren den gebildeten Mann die Visionen des längst Verstorbenen, die bis in die Gegenwart hinein nichts von ihrer Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit verloren haben. Aber es steht noch viel Arbeit bevor, um über die Spitzen des gesellschaftlichen Establishments hinaus Wirtschaft, Industrie, Politik und Bildung umzugestalten, so wie es der Große Religionsgründer in seinen Lehren und Schriften fordert. Bekannte Größen aus der Medien- und Filmbranche konnten als Zugpferde gewonnen werden.

      Der Captain blickt zuversichtlich über die geschäftige Großstadt zu seinen Füßen, als er wieder an seinen Glasschreibtisch, seine „Kommandozentrale“, tritt.

      Der Bildschirm seines Computers, der über die aktuellste Software verfügt, leuchtet. Nachdem er sich eingeloggt hat, gibt er ein weiteres Passwort ein. Jetzt erst öffnet sich das hausinterne und hervorragend gesicherte Insert-Programm. Wenige Bedienschritte auf der Tastatur geben das Terminfenster für eine Vorschau auf die nächsten 14 Tage frei; eine komfortable Errungenschaft des Providers aus den USA, extra für das globale Netzwerk mit den vielen Einheiten konzipiert und mit allen erdenklichen Sicherheitscodes versehen.

      Montag, 9.4., 10.00 Uhr. Konferenz in Raum 14. Einziger Tagesordnungspunkt: Erweiterung der Technologieanwendungen im Mittelständischen Spektrum. Der Mann blickt auf die teure Uhr mit dem Schweizer Label unter dem Seidenzwirnärmel seines Anzuges. Er hat sich im Sinne der Lehre wie immer ideologisch und fachlich gut aufgestellt, wobei er an diesem Tag nur die Moderation übernimmt. Seine untergeordneten Mitarbeiter mit Managerstatus tragen die Veranstaltung, die die expansive Zielsetzung hat, weitere externe Firmen vertraglich in das bestehende Netzwerk des „Weltinstitutes für Entwicklung und Forschung“, WfEF, einzubinden. Gedankenverloren lässt er den Mauspfeil weiter gleiten.

      Ah, nächste Woche, ab Dienstag, den 10.4., ist er wieder in seinem Büro des großen Pharmazie Unternehmens, seines Arbeitgebers, präsent. Dort muss er sich nach einem neuen Abteilungsleiter umsehen. Ein Nachfolger des so plötzlich Ausgeschiedenen schwebt ihm bereits vor Augen. Es wird jemand sein, der hinter den Lehren des großen Meisters steht.

      Das ebenmäßig geschnittene Gesicht des erfolgreichen Mannes mit den grauen Schläfen verzieht sich zynisch. Bisher hat er jeden, der ihm in die Quere gekommen ist, rechtzeitig und ohne persönlichen Schaden zu nehmen, „ausgegliedert.“ Manchmal auch mit Hilfe des perfekt arbeitenden Continental Security Office der Oberen Zentrale, von der Außenstehende nicht mal etwas ahnen. „Unternehmenssicherheit“, wie er es nennt, ist das A und O für das kommunikative Funktionieren der verschiedenen Einheiten. Dafür haben die „Gläubigen“ aus dem Bereich der Telekommunikation gesorgt. Drei seiner Leitungen, auch die zum „CSO“, sind absolut abhörsicher. Auf der vierten Leitung finden die „normalen Gespräche“ der alltäglichen Anfragen und Auskünfte statt. Der Captain weiß sehr wohl um den Argwohn der Hamburger Politiker und nimmt ihn nicht auf die leichte Schulter. Aber bisher hält sich der Schaden für die regionale Einheit in Grenzen, was ihm ein besonderes Lob seiner oberen Führungsetage beschert hat. Er rafft ein paar Schriftsätze zusammen – Entwürfe für Motivationsseminare – und geht ins Vorzimmer. Dort werden die Unterlagen von der Assistentin nochmals auf sprachliche Ausrutscher geprüft, ehe sie sie an die Druckerei weiterleitet. Ein guter Tag heute. Der verstorbene Meister, dessen Portrait an der Wand prangt, wäre mit seinem treuen Untergebenen zufrieden.

      Drei Stunden später, um die Mittagszeit, erreicht das Antwortfernschreiben aus Hann.Münden die Fernschreibstelle der PI Lüneburg. Sechs Minuten später liegt das amtliche Schriftstück, geschrieben von einem Kriminaloberkommissar Schwerdtfeger auf Kluges Schreibtisch. Er überfliegt den kurz gefassten Text, dann ruft er die vier Mitarbeiter zusammen.

      „Der Kollege Schwerdtfeger aus Hann.Münden teilt uns mit, dass es sich bei dem Toten aus dem ICE mit größter Wahrscheinlichkeit um den Pharmaziereferenten Hans-Georg Lindholm handelt, geboren 11.3.1953, also gerade 43 Jahre alt geworden. Es liegt dort eine Vermisstenanzeige vor.

      Kluge fährt fort.

      „Der Verstorbene war verheiratet, ein Kind; Junge, zehn Jahre alt. L. lebte in Hann.Münden, Breite Lade 12, in Werranähe.“

      Kluge blickt in die Runde.

      „Da einige von uns dort zur Ausbildung waren, erinnert ihr euch vielleicht an die Örtlichkeiten, wobei das aber für unseren Fall ohne Bedeutung ist.“

      „Ich war da nie“, fährt der besserwisserische Mike Gebert dazwischen. „Muss ich da nun extra hin fahren, um zu wissen, wo der Pharmazievertreter wohnte?“

      Kluge schüttelt verärgert seinen Kopf.

      „Vielleicht kannst du ja mal etwas ernster sein, Mike. Immer kann man zu deinen Geistesblitzen nicht applaudieren.“

      Das sitzt.

      „Nun weiter. Der Kollege teilt mit, dass die Ehefrau zurzeit vernehmungsunfähig ist. Sie hat bei der Benachrichtigung einen schweren Schock erlitten. Weitere Erkenntnisse erst am kommenden Montag. Ich möchte, dass wir das Fernschreiben weiter an das LKA 41 in Hamburg steuern. Dann können die sich direkt mit der Dienststelle in Münden kurzschließen.“

      „Und was ist mit der Identifizierung, Bernhard?“

      Die berechtigte Frage kommt von Jens Ehlers.

      „Wir werden Frau Lindholm für Dienstag einbestellen. Dann fährst du mit ihr in die Pathologie und ziehst die Identifizierung durch.“

      Zustimmendes Nicken von allen Anwesenden, die im Wesentlichen ihre Berichte und Vernehmungen zum Sachstand abgeschlossen haben. Nur Mike Gebert reagiert nicht.

      „Gut, dann sollten wir für heute Feierabend machen.“

      Kluge hebt seine Stimme.

      „Mike, du kümmerst dich bitte noch um die Steuerung des Fernschreibens aus HMü. und teilst dem Kollegen Schwerdtfeger mit, dass er den Termin zur Identifizierung der Leiche mit Frau Lindholm für kommenden Dienstag festmachen möchte.“

      Kluge erhebt sich und drückt dem verdutzten Oberkommissar das Eingangsfernschreiben in die Hand. Der zuckt mit keiner Miene.

      „Und bevor du ins Wochenende gehst, Mike, möchte ich beide Fernschreiben wieder auf meinem Tisch haben.“

      KOK Gebert hat die längst fällige Retourkutsche seines K-Leiters wortlos weggesteckt. Dass die anderen Kollegen zufrieden grinsen, ist er gewohnt. Am Ende wird der Sack zugemacht, denkt er bissig, bevor er aus dem Raum eilt. Stühle rücken, grinsende Gesichter, aber kein Nachtreten. Wer austeilt, muss auch einstecken können, lautet eine Devise in der Runde des speziellen Fachkommissariats.

      „Ich wünsche euch allen ein angenehmes Restwochenende, Kollegen. Bis Montag früh. Mein Bedarf an Leichen ist fürs Erste gedeckt. Aber nach dem Gesetz der Serie … Na, lieber nicht.“

      Kluge schüttelt seinen Leuten nacheinander die Hand, bevor sie sein Dienstzimmer verlassen. Noch eine kleine halbe Stunde, dann bin


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