Die Tränen der Rocky Mountain Eiche. Charles M. Shawin

Die Tränen der Rocky Mountain Eiche - Charles M. Shawin


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Cuthbert und Dave dann in die Stadt zurückliefen, fragte Dave: „Wie viel bezahlt Upton uns?”

      Cuthbert grinste überlegen.„Vierhundert Dollar”, rief er mit sichtlichem Stolz. „Hab ich endlich mal einen großen Fisch an Land gezogen, was, Dave?”

      Dave pfiff anerkennend durch die Zähne. Selbst wenn Cuthbert einen Teil verschwieg, um ihn für sich einzuheimsen, waren vierhundert Dollar noch eine Menge Geld. Abzüglich Bennrys Lohn blieb noch genügend übrig, um den Winter zu sichern. Die großzügige Vergütung sagte Dave aber auch, dass der Pelzhandel ein sehr lukratives Geschäft war.

      Doch Cuthbert setzte noch eins obendrauf. „Weißt du, was das Beste ist? Upton zahlt im Voraus. Sobald die Arbeit in Angriff genommen ist, überreicht er mir das Geld.” Er grinste wieder. „Je reicher die Leute werden, desto verrückter werden sie.” Mit leuchtenden Augen fügte er hinzu: „Aber eine hübsche Frau hat er. Verdammt hübsch!”

      In der Stadt trennten sie sich. Cuthbert wollte gleich zur Sägemühle, um das notwendige Holz zu bestellen, und anschließend zu Bennrys Farm reiten. Sie lag einen Tagesritt nördlich von St. Louis. ‚Wenn er Geld riecht, ist er ein ganz passabler Geschäftsmann‘, dachte Dave.

      Hastings Blackmore atmete erleichtert auf, als er von dem Auftrag und den in Aussicht stehenden vierhundert Dollar erfuhr.

      „Ich hab ihn weiß Gott oft verteufelt”, sagte er in einem Anflug von Reue. „Vielleicht hab ich ihm Unrecht getan, und Cuthbert ist doch nicht so schlecht.”

      Dave hoffte, dass der alte Blackmore Recht behalten sollte.

      Das Wetter änderte sich nicht. Zwar stieg die Temperatur etwas, dies hatte aber nur zur Folge, dass statt Graupel Regen fiel. Wenn man im Freien arbeitete, war das Eine so unangenehm wie das Andere. Wohl oder übel musste sich Dave den Regenumhang überziehen und einen breitkrempigen Hut aufsetzen, obwohl er beide nicht mochte, weil sie ihn bei der Arbeit behinderten.

      Die Zusammenarbeit mit der Sägemühle klappte prompt. Noch am Sonntagnachmittag hatte Marcell, der Besitzer, einen Teil des Holzes für Cuthbert geschnitten. Dave nahm es auf dem Ladewagen mit, als er am Montag früh zu Uptons Haus fuhr. Für den Pier würde es allemal reichen.

      Das Ehepaar schlief noch, jedenfalls hatte es den Anschein. Das Pferd stand im Stall, der Tilbury in der Scheune, und die Fensterläden des Hauses waren verschlossen. Dave fuhr also zum Fluss, lud dort das Holz und das Werkzeug ab und brachte Bessie in den Stall, um sie nicht weiter dem Regen auszusetzen. Das Holz bedeckte er mit einer Plane.

      Die Uferböschung war vom Regen aufgeweicht – sie war eine einzige Rutschbahn. Dave musste deshalb zuallererst für eine Treppe sorgen. Er nahm den Zollstock, maß die Böschung und sägte zwei Vierkanthölzer auf die entsprechende Länge. Nun ermittelte er die Anzahl der Stufen und schnitt auch hierfür Bretter zurecht. Das Ufergefälle zu berechnen war mit Hilfe der Gehrungsschmiege nicht schwierig: Aufgrund des Winkels sägte er Einkerbungen in die zwei Kanthölzer.

      Er wollte eben damit beginnen, die einzelnen Teile zusammenzubauen, als sich die Läden am Haus öffneten und kurz darauf Granville Upton zum Fluss kam. Er lobte Daves Arbeit, verschwand dann aber wegen des Regens schnell wieder im Haus.

      Um die Mittagszeit stand die Treppe. Als er nun auf ihr hinunter und wieder hinauf ging, sank sie nur geringfügig am unteren Ende in den Matsch. Dave konnte sich aber vorstellen, dass sie noch viel tiefer einsank, wenn erst mehrere Männer, noch dazu beladen mit schweren Pelzbündeln, auf ihr liefen. Ein Fundament war darum unbedingt notwendig. Damit aber wollte er erst später beginnen. Trotz des Wetters war er rasch vorangekommen, und er gestand sich eine kleine Pause ein.

      Im Stall war es warm und trocken. Dave setzte sich auf eine Garbe saubere Streu, packte eine dicke Scheibe Brot, den Anschnitt einer gepökelten Wurst und einen Krug Wasser aus und begann hungrig zu essen.

      Er saß noch nicht lange, als sich die Tür öffnete und Clarissa Upton eintrat. Sie trug dasselbe Kleid wie gestern, doch hatte sie heute auf die Schute und die Handschuhe verzichtet. Auch schien es Dave, als habe ihr Gesicht etwas Farbe angenommen.

      Er hatte nicht erwartet, die feine Dame im Stall zu sehen, und fragte sich, was sie bewogen haben mochte, ihre teuren Schuhe dem Matsch und ihr gepflegtes Haar dem Regen auszusetzen.

      „Wie ich sehe, sorgen Sie für sich selbst”, begann sie. Sie sprach leise und gewählt. In ihrer Stimme lag etwas angenehm Weiches, Harmonisches. Sie lächelte aufmunternd. „Warum kommen Sie nicht ins Haus? Das Essen reicht auch für drei.” Und weil Dave sie überrascht ansah, fügte sie leicht gekränkt hinzu: „Sie dachten wohl, eine feine Dame wie ich kann nicht kochen?”

      Da Dave schon fast satt war, lehnte er das Angebot dankend ab, um sie aber nicht zu kränken, versicherte er, morgen zum Essen ins Haus zu kommen, wenn es dann immer noch recht sei.

      Es sei sehr recht, sagte sie. Sie setzte sich neben Dave und begann, von sich zu erzählen. Sie tat es mit sichtlicher Freude; ihre Augen strahlten dabei, und manchmal lachte sie herzhaft.

      Ihr Vater war der Baron von Kaltenberg, der wegen politischer Diskrepanz vor dreißig Jahren Deutschland verlassen und in Baltimore eine neue Heimat gefunden hatte. Schon bald verstand er sich auf den Export von Tabak, eignete sich mehrere Schiffe an und gehörte jetzt zweifellos zur High Society. Sie selbst sei im Luxus aufgewachsen und habe deshalb auch Granville geheiratet, weil der ihr das gewohnte Leben weiterhin bieten konnte. Dass sie jetzt allerdings in die Provinz verschlagen wurde, habe sie nicht geahnt. Und Granville habe leider sehr wenig Zeit für sie. Jetzt gerade sitze er wieder am Tisch und schreibe Briefe an wichtige Persönlichkeiten. Er sei eben durch und durch Geschäftsmann. Sie aber sehne sich danach, wieder in den Osten zurückzukehren. Sie sah Dave unverhohlen an, so wie man ein Pferd ansah, um seinen Wert zu taxieren.

      „Ich bin mir sicher”, sagte sie, ohne den Blick von dem jungen Zimmermann zu wenden, „Sie werden aus dieser Hütte ein wunderschönes Haus zaubern. Über die Einzelheiten werden wir beide noch zu reden haben.”

      Sie zwinkerte vergnügt. Dann stand sie auf und eilte hinaus in den Regen.

      Dave schüttelte verständnislos den Kopf. Wenn er in vielem mit Cuthbert uneins war, so musste er ihm jetzt gleich zweimal zustimmen. Erstens: Je reicher die Leute wurden, desto verrückter wurden sie. Und zweitens, dabei grinste er verträumt: Upton hatte eine verdammt hübsche Frau.

      Das Fundament auszuheben, war eine langwierige und anstrengende Arbeit. Der Boden war glitschig und schwer und blieb dauernd an der Schaufel kleben. Dave fluchte, als er eine zwei Fuß tiefe und vier Fuß lange Grube ausgehoben hatte und dann die regennasse Erde nachrutschte und das Loch verschüttete. Wieder musste er von vorne beginnen. Diesmal schlug er Pflöckchen in die Erde, um ein Nachrutschen zu verhindern, und als er schließlich auf der gewünschten Tiefe war, dämmerte es. Aber Dave wollte noch immer nicht aufhören, obwohl er todmüde war. Er hatte sich vorgenommen, die Treppe heute fertigzumachen, und er würde es tun, so lange es auch dauerte.

      Er schlug zwei starke Pfähle so weit in das Loch, dass sie mit der Oberfläche gleich waren. Den restlichen Raum füllte er mit Steinen, die er mühsam im Halbdunkel zusammensuchte, und stampfte sie fest. Die Pfähle waren somit fest verankert. Am oberen Rand der Böschung beschränkte er sich darauf, zwei Pfosten in die Erde zu rammen, über die er ein Kantholz nagelte. Als er jetzt die Treppe darauf befestigte, fand sie oben wie unten festen Halt. Nun würde sie auch die Belastung mehrerer Männer gleichzeitig und mehrerer Pelzbündel standhalten.

      Zufrieden besah er das Ergebnis seiner Tagesarbeit. Er sammelte das Werkzeug zusammen und lud es auf den Wagen, als plötzlich Upton hinter ihm stand.

      Am Vormittag, als er nach Dave gesehen hatte, war die Treppe schon fast fertig gewesen, und jetzt erkannte er in der Dunkelheit nichts weiter als die Treppe.

      „Was haben Sie eigentlich den ganzen Tag gemacht?“, fragte er barsch.

      Dave war etwas verwundert über diesen Ton. Höflich führte er

      Upton die Treppe hinnter, zeigte ihm das


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